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Auf den ersten Blick

Auf den ersten Blick

Titel: Auf den ersten Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Wallace
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weiter. Greifbares fördert die Heilung, denke ich mir.
    Für mich waren es die Fotos, die ich in meiner Tasche nach Fitzrovia mitgenommen hatte. Ich war mir nicht sicher, ob ich es tun würde oder nicht, und während ich mich zu entscheiden versuchte, musste ich mich wieder in dieses Café setzen und ungefähr dreihundert Mal an diesem quietschgelben Fotoladen vorbeilaufen.
    Falls ich genügend Kraft aufbrachte, wollte ich sie entwickeln lassen.
    Falls ich noch mehr Kraft aufbrachte, nicht.
    Jetzt jedoch kann ich es nicht mehr, und ich fühle mich der Möglichkeit beraubt, über die Beziehung hinwegzukommen. Mir diese Momente noch mal anzusehen, mir die Geschichte immer wieder zu erzählen, zu entscheiden, wie und wann ich ein neues Leben beginnen wollte. Vielleicht geht es allein darum.
    Da draußen muss es Tausende von solchen Blogs geben, und ich entschuldige mich in aller Form. So viele Mädchen, so viele Jungs, die tatsächlich glauben, die Welt interessiere sich für ihre Geschichten. Ich würde ja meinen Freunden davon erzählen, aber die sitzen gemütlich zu Hause, und außerdem: Ich bin mir nicht sicher, ob ich eigentlich möchte, dass sie es erfahren. Hier bin ich, in London, traurig und allein, und lebe meinen Traum.
    Ich werde jetzt mal aufhören, denn Das perfekte Dinner läuft, und das geht vor. Also wünsche ich Euch sechs an dieser Stelle einfach einen schönen Abend.
    Sx
    PS: Es gibt da so einen Standardspruch, den ich oft in Fernsehserien und Bars höre, wenn ich Leute belausche.
    Einer sieht den anderen an und sagt ganz ernst: »Das Leben ändert sich. Menschen ändern sich.«
    Sie betonen »Menschen«, damit wir wissen, dass sie von »Menschen« sprechen, und dann machen sie eine Pause, nachdem sie es gesagt haben, damit man merkt, wie ernst es ihnen ist.
    Ich glaube, das Leben ändert sich tatsächlich – logischerweise. Doch meiner Erfahrung nach ändert sich das Leben oft genug, weil die Menschen es nicht tun.

acht
    Oder: › › Getaway Car ‹ ‹
    »Hey, Matt«, sagte Dev und drehte das Radio leiser. »Nur damit du Bescheid weißt: Jasons Exfreundin ist verlobt und schwanger.«
    Pause.
    Ich warf Dev einen bösen Blick zu, um mich zu bedanken.
    »Glückwunsch«, sagte Matt. »Oder … was man da so sagt.«
    Wir waren irgendwo hinter Barnet auf der A 1 . Das muss man nicht wissen.
    »Und meine …«, sagte Dev, »ist mit irgendeinem Kerl in einem Vauxhall durchgebrannt.«
    Langsam wurde es peinlich.
    »Deshalb dieser Ausflug. Wir wollen für die Männer dieser Welt eine Lanze brechen.«
    »Wir wollen für niemanden eine Lanze brechen«, sagte ich. »Und ich bezweifle, dass die Frauen dieser Welt überhaupt davon wissen.«
    »Unterbewusst tun sie es bestimmt«, sagte Dev. »Unterbewusst fühlen sie sich schlecht damit. Oder wie siehst du das, Matt? Gibt es irgendwas, das du den Frauen dieser Welt mitteilen möchtest?«
    »Was ist an Whitby eigentlich so toll?«, fragte Matt und stierte aus dem Fenster. »Gute Clubs, oder was?«
    Etwas in mir sträubte sich.
    Nicht, Dev. Lass es sein.
    »Jason wollte hin, stimmt’s nicht, Jason?«
    »Mmmh«, sagte ich und sah woandershin. »Whitby.«
    »Weißt du, Jason kennt jemanden, der mal in Whitby war.«
    »Aha«, sagte Matt. Als Anlass für eine fünfstündige Autofahrt war das wenig überzeugend.
    »Ein Mädchen«, sagte Dev und genoss den Augenblick.
    »Ich kenne das Mädchen eigentlich gar nicht«, sagte ich in der Hoffnung, es würde die Lage klarer machen, merkte aber, dass es das nicht tat. »Es ist so was wie ein Witz.«
    »Es ist kein Witz«, sagte Dev. »Hör dir das an: Jason ist da diesem Mädchen begegnet, das ihm gefiel. Am Ende hatte er seinen Fotoapparat in der Hand, hat die Bilder ent wickeln lassen und festgestellt, dass er auf einem drauf ist. Und jetzt hat er rausgefunden, dass eins von den Bildern in Whitby aufgenommen wurde, also fahren wir jetzt dorthin.«
    »Deshalb fahren wir nicht dorthin«, sagte ich tonlos.
    Dev sah mich nur an.
    »Alter, das ist genau der Grund, wieso wir hinfahren.«
    Ich drehte mich um, weil ich es Matt genauer erklären wollte, aber er machte einen leicht entsetzten Eindruck.
    »Was ist, wenn sie nicht mehr da ist?«, sagte er. »Nur weil sie auf einem Foto ist, heißt das ja nicht, dass sie heute auch noch da ist.«
    Das stimmte. So läuft das mit Fotos normalerweise nicht.
    »Das ist nicht der Grund, wieso wir hinfahren, Matt …«
    »Okay …«, sagte Dev. »Wir fahren hin, um mal rauszukommen. Um was

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