Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf den ersten Blick

Auf den ersten Blick

Titel: Auf den ersten Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Wallace
Vom Netzwerk:
zu unternehmen. Aber, wer weiß … vielleicht finden wir ein paar Hinweise …«
    »Wie sieht dieses Mädchen denn aus?«, sagte Matt.
    »Ist doch egal«, sagte ich.
    »Guck mal im Handschuhfach«, sagte Dev. »Da sind die Fotos drin.«
    »Du hast sie mitgebracht? «, sagte ich.
    »Selbstverständlich!«
    »Lass mal sehen«, sagte Matt interessiert.
    »Das ist echt merkwürdig«, sagte Matt mit einem Foto in der Hand. »So was wie Schicksal oder so.«
    Es war eine lange, lange Fahrt gewesen. Wir kamen gerade aus einer Raststätte bei Worksop, und Dev und Matt redeten über – tja, also – das Schicksal, und zwar schon seit zwei Stunden. Mir blieb nur, mit einzustimmen. Außerdem hatte ich ein widerliches Würstchen gehabt.
    »Also, wenn Sie ihr noch mal zum ersten Mal begegnen könnten, was würden Sie dann sagen? Was würden Sie anders machen? Ich meine, würden Sie den Fotoapparat wieder mitnehmen?«
    »Wie meinst du das?«
    »Würden Sie die Kamera wieder mitnehmen, oder würden Sie hoffen, dass Sie es eher merken, und was sagen, bevor sie ins Taxi steigt?«
    »Wieso?«
    »Er meint«, sagte Dev, »wenn du die Wahl hättest, wäre es dir dann lieber, diese Fotos nicht zu haben?«
    Ich zuckte mit den Achseln.
    »Weiß nicht.«
    Klar wollte ich sie lieber haben. Sie waren spannend. Was Neues. Sie versprachen eine Verbindung, die noch herzustellen war, falls es mir denn gelingen sollte.
    »Wenn Sie die Bilder nicht gewollt hätten, wären sie wohl im Müll gelandet«, sagte Matt. »Sind sie aber nicht. Sie haben sie behalten. Und deshalb stehen wir jetzt hier …«
    »An einer Raststätte bei Worksop, in der die Würstchen widerlich schmecken.«
    »Genau!«, sagte Matt. »Genau!«
    Im Lauf der letzten paar Stunden war ich mit Matt warm geworden. Er konnte sich besser ausdrücken, als ich es in Erinnerung hatte, und war auch um einiges wissbegieriger. Er hatte etwas Sensibleres an sich und war insgesamt runder. Womit ich meine, dass er weniger kantig und bissig war, nicht dass er inzwischen die Form einer Kugel angenommen hatte.
    Wir stiegen wieder in den Wagen und fuhren Richtung Whitby.
    »Okay«, sagte Dev. »Ich habe denen erzählt, dass wir eine Familie sind, also versucht, auch so auszusehen.«
    Ich starrte ihn an.
    » Was hast du denen gesagt?«
    »Dass wir eine Familie sind. Sie haben uns Familienrabatt gegeben. Dreißig Pfund.«
    »Aber … wir sind keine Familie. Wir sehen auch nicht aus wie eine Familie. Wenn wir eine Familie sein sollen, was ist dann Matt?«
    »Wir sagen, er ist unser Sohn.«
    »Toller Plan! Und wie ist uns dieses medizinische Wunder gelungen, als wir neun Jahre alt waren? Davon abgesehen, dass er nichts Indisches an sich hat und wir beide männlich sind?«
    »Wir müssen ja nicht so tun, als wären wir eine traditionelle Familie. Wir sagen, wir sind aus London … dann wissen die schon Bescheid.«
    Er klopfte an die Tür eines B&B. Kurz darauf wurde uns geöffnet. Eine füllige Dame im Jogginganzug aus pinkfarbenem Samt starrte uns an.
    »Hallo!«, sagte Dev laut. »Wir sind eine Familie aus London!«
    Sie biss von ihrem Mars ab.
    Ich hatte meinen Spaß.
    Ich könnte versuchen, mich cool zu geben oder zynisch, aber ich hatte meinen Spaß.
    In den vergangenen zwei Stunden hatten wir Minigolf gespielt, Gin Tonic aus der Dose getrunken, einen Jahrmarkt besucht, Dev von den Spielautomaten weggezerrt, einen Grufti gesehen und die ersten sechs Exponate einer Ausstellung zum Thema »Lyrik & Textilien« betrachtet.
    Was es auch sein mochte, es war … gut. Ein verlängerter Herrenabend? Nicht wirklich – Dev und ich geben keine guten Herren ab, und die »Lyrik & Textilien«-Ausstellung war Matts Idee gewesen. Nein, es war wahlloser. Instinktiver. Lustiger.
    »Und was jetzt?«, sagte Dev.
    Wir waren unten am Hafen, nachdem Dev gesagt hatte, ihm sei übel von zu viel Orangina und er müsse das Meer sehen. Wir hatten uns mit einem alten Mann über Käpt’n Cook unterhalten und einen Infozettel über Dracula gelesen. Dev hatte einen Flyer mit Kermit dem Frosch gefunden, der dem Überbringer den Eintritt zu einem verheißungsvoll klingenden Club namens Cadillacs für nur ein Pfund ermöglichte. Der Optik des Flyers nach zu urteilen war es nur schwer vorstellbar, dass das ein gutes Geschäft sein sollte.
    »Ich hab Hunger«, sagte Matt. » KFC ?«
    Aber ich hörte nicht zu.
    Hinter den beiden, gleich da am Horizont, konnte ich es sehen.
    Klar, wir standen in einem anderen Winkel und weiter

Weitere Kostenlose Bücher