Auf den Flügeln des Adlers
erwiderte Penelope mit echtem Mitgefühl, »aber ich bezweifle, dass ich Manfred beeinflussen könnte. Für ihn bist du ein gefährlicher Mensch, der zu allem fähig ist. Unglücklicherweise kennt er deine anderen Seiten nicht wie ich und Fiona.«
»Ich meine es ernst. Meine Arbeit für Horace Brown ist beendet, ich bin mein eigener Herr.«
»Ich habe doch gesagt, ich glaube dir, Michael«, wiederholte Penelope. »Aber um deiner selbst willen solltest du Sydney sofort verlassen, damit dir nichts zustößt.«
»Geht es um mich oder um dich, Penelope?«, fragte Michael grimmig lächelnd.
Penelope war sofort klar, dass er auf ihre Beziehung zu Fiona anspielte. Sie blickte ihre Geliebte an. Sie war gekommen, um Fiona mit ihrem Körper zu trösten, und hatte stattdessen Michael in deren Armen gefunden. Nie zuvor war sich Penelope der Liebe Fionas so wenig sicher gewesen wie in diesem Moment. »Um dich, Michael«, erwiderte sie, während Fionas Augen die ihren trafen.
Sie brauchten keine Worte. Aus Penelopes Antwort an Michael wusste Fiona, dass diese sie mit ihrem Körper ebenso wie mit ihrem Herzen liebte. Michael war ein Außenseiter, der keine von ihnen besaß und den sie doch beide liebten.
Michael erhob sich und wünschte ihnen einen guten Abend. Seine letzte Erinnerung an die beiden Frauen, die in seinem Leben so wichtig gewesen waren, war, wie sie einander an der Hand hielten, als er die Tür hinter sich schloss.
Während er sich von dem Sommerhaus entfernte, wurde Michael klar, dass ein Teil seines Lebens durch diese Begegnung mit Fiona seine Vollendung gefunden hatte. Außer ihrem Sohn hatten sie nur wenig gemeinsam. Fiona gehörte wirklich zu Penelope, und er fühlte deswegen auch keine Eifersucht. Was er in dem Raum zwischen den beiden Frauen gespürt hatte, war echte Liebe gewesen, obwohl er zugeben musste, dass er sie nicht ganz verstand. Aber, dachte er seufzend, als er auf den gelben Sand trat und auf die großen, rollenden Wogen des Pazifik hinausblickte, kein Mann konnte je das geheimnisvolle Wesen der Frauen verstehen. Es war einfach unmöglich.
Patrick zu finden war dagegen nicht unmöglich.
33
Ben Rosenblum glitt aus dem Sattel und führte sein Pferd zu den Koppeln. Als er an Jennys Grab vorbeikam, verlangsamte er seine Schritte, um einen Blick auf den kleinen Pfefferbaum zu werfen, der ums Überleben kämpfte. Der braucht mehr Wasser, dachte Ben, während er zur Koppel ging. Mehr Wasser und mehr Zuwendung.
Das Leben auf der Farm war nicht einfach gewesen für Ben. Ihm fehlten Viehhirten, die den Busch kannten und wussten, wie man die Tiere dort fand, wenn die Zeit kam, sie zusammenzutreiben. Mit Willie waren sie zumindest halbwegs mit den wenigen Rindern fertig geworden. Arbeitskräfte waren schwer zu bekommen; die Männer hatten keine Lust, im Herzen des Kalkadoon-Gebiets durch einsames Gelände zu reiten, solange die wilden Krieger im Distrikt noch eine Bedrohung darstellten.
Ben schlang die Zügel um eine Holzstange. Seine Stute zitterte. Myriaden von Fliegen hatten sich auf ihren schwitzenden Flanken niedergelassen, und sie stampfte gereizt mit dem Fuß auf. Ben konnte ihre schlechte Laune nur allzu gut nachvollziehen. Ihm selbst ging es nicht viel besser. Das Leben in dieser Abgeschiedenheit ging ihm mit jedem Tag, den er allein verbrachte, mehr auf die Nerven.
»Schscht!«, sagte er leise zu dem Pferd, wobei er mit der Hand beruhigend über die Flanken des Tieres fuhr. Er hob ein Hinterbein an, um den Huf zu überprüfen, da er auf dem Rückritt das Gefühl gehabt hatte, dass die Stute das Bein schonte. Während er den Huf gebückt untersuchte, entdeckte er die Gestalt, die am Rand des Buschs stand.
Aufmerksam beobachtete Terituba den Weißen, den er als Iben kannte. Wie würde er reagieren? Würde er bei seinem Anblick sofort schießen, wie es die Siedler getan hatten, als er mit seinen beiden Frauen und seinen beiden Söhnen nach der Vertreibung aus den Godkin-Bergen floh? Seit dem Tag der entsetzlichen Schlacht waren eine seiner Frauen und einer seiner Söhne den Gewehren der Weißen zum Opfer gefallen. Sie waren niedergeschossen worden, als sie versuchten, den berittenen Grenzern zu entkommen, die die Täler und Schluchten der Hügel nordwestlich von Cloncurry durchstreiften.
Dem jungen Krieger war klar geworden, dass die Berge keine Zuflucht mehr boten, und er hatte beschlossen, nach Osten in die Weite des Buschlands zu fliehen. Er war auf dem Weg zurückgekehrt, der ihn zur
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