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Auf den Flügeln des Adlers

Titel: Auf den Flügeln des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watt
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großen Versammlung der Clans geführt hatte, und dabei auf Jerusalem, den Besitz von Ben Rosenblum, gestoßen. Ihm war bewusst, dass seine einzige Hoffnung darin bestand, sich mit dem Weißen anzufreunden, wenn er seine Frau und seinen Sohn retten wollte. Bei Iben hielt er eine solche Freundschaft für möglich: Er war ein Weißer mit einer guten Seele, ein tapferer Mann, der ebenfalls Kinder hatte. Terituba beobachtete ihn, rührte sich jedoch nicht von der Stelle. Er wusste, dass der andere versuchte, ihn einzuschätzen.
    Ben richtete sich betont gelassen auf, wobei sich seine Hand instinktiv auf den Griff seines Revolvers legte, und blinzelte in die grelle Nachmittagssonne. Der hünenhafte Ureinwohner stand allein und völlig bewegungslos am Rand des Busches. Der Mann kam ihm bekannt vor: Es war der Krieger, dem er vor vielen Wochen Mehl und Zucker geschenkt hatte. Ihm fiel auf, dass der Kalkadoon keine Waffen trug und offenbar am Kopf verletzt war. »Komm her!«, rief er ihm zu und winkte ihn mit der Hand zu sich heran. »In der Hütte gibt’s was zu essen.«
    Terituba verstand, dass die Handbewegung eine Aufforderung war, näher zu kommen. Nervös grinsend ging er über den staubigen Hof auf den bärtigen Weißen zu, der die Hände in die Hüften gestützt hatte. »Iben«, sagte er, als er vor Ben stand.
    Der Weiße strahlte bei dieser Begrüßung über das ganze Gesicht.
    Ben erinnerte sich, dass er diesen Namen sozusagen selbst erfunden hatte. »Ja, Iben«, erwiderte er, als er dem Kalkadoon die Hand reichte.
    Das Händeschütteln war wie ein Austausch zwischen den Seelen der beiden Männer, und Terituba wusste, dass er einen Weißen mit einem wahrhaft guten Herzen gefunden hatte. Er dankte Ben in seiner eigenen Sprache dafür, dass er ihm Zuflucht gewährte. Ben verstand zwar die Worte nicht, entnahm aber dem feierlichen Ton, dass etwas Wichtiges gesagt wurde.
    Dann hob Terituba den Arm. Ein kleiner Junge und eine junge Frau traten schüchtern aus dem Busch hervor. So ausgemergelt, wie sie aussahen, waren sie mit Sicherheit hungrig.
    »Scheint, als hätte ich Köchin, Gärtner und vielleicht sogar noch einen Viehhirten gefunden.« Ben lachte in sich hinein, während er das Trio betrachtete. Er führte die drei zu seiner Hütte.
     
    Zwei Tage später stolperte ein nach der langen Reise von Townsville nach Hause völlig verdreckter und erschöpfter Saul Rosenblum seinem Vater vor die Füße. Ben konnte nur den Kopf darüber schütteln, dass sein eigensinniger Sohn auf wundersame Weise die Gefahren der beschwerlichen Reise über die Ebenen überstanden hatte. Saul erzählte, er habe sich mit einem von Kates Fuhrmännern angefreundet und diesem angeboten, für ihn zu arbeiten, wenn er ihn auf die Fahrt nach Westen, nach Cloncurry, mitnehme, wo der Mann Waren ausliefern musste. Sauls Aufgabe sei es gewesen, sich um die Ochsen zu kümmern.
    Natürlich hatte er seinem Bruder Jonathan einen mühsam zusammengekritzelten Brief übergeben, in dem er sein plötzliches Verschwinden aus dem Haus der Cohens erklärte. Er hatte darauf spekuliert, dass sein Onkel Solomon verstehen würde, warum Saul nach Jerusalem zurückkehren musste, um seinem Vater auf der Farm zu helfen.
    Nachdem Judith den Brief gelesen hatte, meinte sie zunächst, sie müssten dem Fuhrmann jemand nachschicken, der Saul zurückholte. Zu ihrer Überraschung war ihr Ehemann anderer Ansicht. »Er ist inzwischen ein junger Mann«, erklärte Solomon, »und muss seinen eigenen Weg in der Welt finden.«
    Judith funkelte ihn wütend an und rümpfte die Nase. »Er ist noch ein Kind und braucht eine gute Erziehung.«
    »Die wird er bekommen«, erwiderte ihr Ehemann sanft. »Er ist ein Mann wie sein Vater und wird alles lernen, was er braucht, um sich um das Vieh zu kümmern.«
    Nicht ganz zufrieden mit der Haltung ihres Mannes hielt sich Judith an Jonathan, der schweigend den Meinungsaustausch verfolgt hatte. Für Saul war es in Ordnung, Rinderzüchter wie sein Vater zu werden, dachte Jonathan ein wenig schuldbewusst. Er dagegen konnte in Townsville zur Schule gehen und eines Tages Arzt, Rechtsanwalt oder sogar Bankdirektor, eben eine wichtige Persönlichkeit werden. Daher war er sehr zufrieden, als ihn seine Tante an ihre Brust drückte und schwor, dass er die beste Ausbildung erhalten werde, die sich die Cohens leisten könnten.
     
    Ben Rosenblum wusste nicht, wie er auf die plötzliche Rückkehr seines Sohnes reagieren sollte, der herausfordernd vor ihm

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