Auf den Flügeln des Adlers
vielleicht etwas Tee und Zucker.« Um Duncans Mundwinkel spielte die Andeutung eines Lächelns.
Willie blinzelte verwirrt, doch dann begriff er. Dankbar erwiderte er das Lächeln.
»Hol einen Sack, damit der junge Mann ein paar Sachen einpacken kann, Matilda«, sagte Cameron beiläufig zu der jungen Frau, die mit offenem Mund auf die Waffe starrte. »Vielleicht entschließt er sich ja, auch ein wenig Mehl mitzunehmen.«
»Ich weiß nicht, warum Sie das tun, Mister Cameron«, sagte Willie, während Matilda in der Speisekammer nach den gewünschten Dingen suchte.
»Sagen wir, du hast einiges wieder gutgemacht, indem du hergekommen bist, um Inspektor James das Leben zu retten. Ich glaube nicht, dass du so ein übler Kerl bist wie die anderen, die die Polizei oben in Barcaldine erwischt hat.«
»Ich war dabei, Mister Cameron. Es stimmt, ich bin in schlechte Gesellschaft geraten. Aber ich habe Mister und Missus Halpin in Cloncurry nicht diese entsetzlichen Dinge angetan. Wenn ich gewusst hätte, was die vorhatten, hätte ich die Kerle abgeknallt, das schwöre ich beim Grab meiner Mutter.«
Duncan nickte. Willies leidenschaftliche Verteidigungsrede und das Risiko, das er mit seinem Ritt nach Glen View eingegangen war, bewiesen, dass er keinen schlechten Charakter hatte. Auch wenn er mit dem Gesetz in Konflikt gekommen war, hätte jeder Vater auf einen solchen Sohn stolz sein können.
Als Matilda einen leeren Mehlsack mit dem Proviant gefüllt hatte, der Willie zumindest den Anfang seiner Reise erleichtern würde, bedankte der Junge sich, wandte sich ab und ging auf die Küchentür zu. Plötzlich schien der Raum zu explodieren, als hätte der Blitz eingeschlagen.
Willie wurde nach vorn geschleudert. Der Sack mit dem Proviant fiel zu Boden, als er stöhnend auf dem Küchenboden zusammenbrach. Der stechende Gestank von Schießpulver erfüllte den Raum. Matildas Schrei übertönte Duncans wütenden Fluch.
Granville hielt den ausgestreckten Arm noch auf den schwer verletzten jungen Mann gerichtet. Aus seiner doppelläufigen Duellpistole stieg Rauch auf. Der schwere Bleischrot hatte Willies Rücken durchsiebt, und blutige Flecken zeichneten sich auf seiner Jacke ab.
»Ich hab den Gauner erwischt!«, triumphierte Granville. »Das wird ihm eine Lehre sein! Der raubt keine Häuser mehr aus.«
Als er Duncan Cameron ansah, wunderte er sich, warum der Verwalter vor Wut zu kochen schien. Auch egal! Nun hatte er eine Geschichte, mit der er im Klub angeben konnte, wenn er erst wieder in Sydney war. Wer einem Mann das Leben nahm, war allmächtig. Er war so erregt, als würde er eines der jungen Mädchen in seinen Bordellen besteigen.
Mit einem höhnischen Grinsen sah er auf den jungen Mann hinunter, der in einer schnell größer werdenden Blutlache zu seinen Füßen lag. Wer auch immer den Kerl in die Welt gesetzt hatte, dachte er mit grimmiger Befriedigung, würde den Namen Granville White nie vergessen.
66
Kurz vor Tagesanbruch kehrten die Viehhirten mit Gordon James zurück. Sein Zustand war kritisch, und Doktor Blayney brauchte keine lange Untersuchung, um festzustellen, dass er das rechte Bein des Inspektors unterhalb des Knies würde amputieren müssen. Die gewaltige Elektrizität, die sich entladen hatte, als ihn der Blitz traf, hatte die Nerven zerstört. Von dem Fuß war kaum mehr als ein verkohlter Stumpf erhalten. Mary Cameron stand dem Arzt als Assistentin zur Seite.
Vorsichtig legten sie Gordon rücklings auf den leer geräumten Küchentisch. Er war nur halb bei Bewusstsein und versank immer wieder in einer Welt, in der die unerträglichen Schmerzen wie rote Wellen über ihn hinwegliefen. Doktor Blayney wunderte sich über die Selbstbeherrschung des mutigen jungen Mannes. Als Stabsarzt bei der britischen Armee hatte er Verwundete mit leichteren Verletzungen vor Schmerzen schreien hören, aber dieser hier biss die Zähne zusammen, obwohl ihm die Tränen in die Augen traten.
Unterdessen verblutete Willie Harris in einem Gästezimmer des Hauses. Doktor Blayney hatte ihn untersucht, während er darauf wartete, dass die Arbeiter von Glen View den Inspektor aus den Hügeln brachte. Für Willie konnte man nichts mehr tun, außer an seinem Bett zu sitzen und ihm die Hand zu halten. Der Bleischrot war in die Lungen eingedrungen, und er ertrank allmählich in seinem eigenen Blut.
Matilda hatte sich erboten, Willie in seinen letzten Stunden Trost zu spenden. Mit sanfter Hand streichelte sie dem jungen Mann die Stirn und
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