Auf den Flügeln des Adlers
Recht. Aber vorher müssen wir noch etwas erledigen.«
Catherine nickte. Sie hielt Patricks Hand, als er sich vorbeugte und das winzige steinerne Götterbild in einen Spalt der Höhle legte. Dann traten sie zurück. Catherine lächelte.
»Sie gehört hierher«, sagte sie. »Diese Höhle und der Grabhügel der alten keltischen Könige haben viel gemeinsam, auch wenn Zeitalter und Welten zwischen ihnen liegen. Es sind Stätten der Erinnerung, über denen ein eigener Zauber liegt.«
Patrick zog Catherine in seine Arme und küsste sie leidenschaftlich. Sie wehrte sich nicht gegen seine Umarmung, sondern erwiderte seine Liebkosungen mit zunehmender Erregung. Er entkleidete sie, bis sie nackt im kühlen Dämmerlicht der Höhle stand. Dann riss er sich selbst die Kleider vom Leib, und sie liebten sich auf dem modrigen Boden.
Zuerst stillten sie ihr Verlangen schnell und voller Leidenschaft wie zwei junge Tiere. Danach liebten sie sich langsamer und zärtlicher, bis Schatten auf die Spalten und Risse der uralten Hügel fielen und ein goldener Glanz in die Höhle kroch.
Während Catherine schläfrig in Patricks Armen auf dem feuchten Boden lag, erinnerte sie sich an einen anderen Ort und eine andere Zeit – an einen keltischen Hügel am anderen Ende der Welt und an einen älteren Mann, der mit Pinsel und Leinwand in ihr Dorf gekommen war. Sein Körper war von den Narben vieler Schlachten gezeichnet gewesen, und in seinen Armen hatte sie sowohl Schmerz als auch Lust erlebt.
Merkwürdig, dachte sie, als sie auf das von den goldenen Sonnenstrahlen erleuchtete Aborigine-Gemälde an der Felswand blickte. Sie war die Verbindung zwischen Vater und Sohn gewesen, und nun hatte sie beide an den heiligen Stätten ihres Landes geliebt. Michael Duffy war in Sichtweite des uralten keltischen Grabhügels zur Welt gekommen, und Patrick war ein Kind Australiens. Auf ihre Art liebte sie beide Männer, obwohl der eine nur noch Erinnerung, während der andere Teil ihres Lebens war. War es möglich, dass eine Frau zwei Männer gleichermaßen, aber auf unterschiedliche Weise liebte? Eine Frage, die sie Patrick nicht stellen konnte, das war ihr klar.
Nachdem Patrick erwacht war, kleideten sie sich an und traten Hand in Hand aus der Höhle auf den Hang hinaus. Von dort blickten sie auf die weite, von Brigalow-Akazien bestandene Ebene, die im Licht der untergehenden Sonne vor ihnen lag.
Glen View würde immer den Macintoshs gehören, dachte Patrick, während er die raue Schönheit des Landes in sich aufnahm. Das hatte er seiner Großmutter geschworen. Seine Tante Kate würde sich damit abfinden müssen, dass sie Glen View niemals besitzen würde. Das Anwesen bedeutete den Macintoshs ebenso viel wie den Duffys, und sie würde akzeptieren müssen, dass er das Glied war, das beide Familien trotz aller Feindschaft miteinander verband. Die Zeiten hatten sich geändert, die Vergangenheit war tot – und das galt bestimmt auch für den Fluch.
Sie gingen den alten Pfad hinunter, den tausende nackte Füße und schließlich die Stiefel der Neuankömmlinge ausgetreten hatten. In den Hügeln hinter ihnen erhob sich ein sanftes Seufzen: Eine Brise spielte in dem zähen Gestrüpp, das sich an die Felsen klammerte. Doch das Herz des alten Vulkans schlug immer noch im steinernen Kern des Berges und flüsterte Patrick eine Warnung zu.
Aber dieser hörte die Stimmen der Geister der Ahnen nicht. Nur Wallarie hätte ihre uralten Worte verstehen können.
Epilog
»All das geschah vor langer Zeit, als ich jung war. Jetzt wisst ihr, wie viele Weiße ich getötet haben.« (Wallarie kichert.) »Aber was kann die Polizei schon gegen einen alten Schwarzen unternehmen? Die berittene Eingeborenenpolizei gibt es nicht mehr. Die Regierung hat die Mistkerle abgeschafft, als ihr die Föderation bekommen habt … Oder vielleicht, als euer zwanzigstes Jahrhundert angefangen hat. Ihr wollt wissen, wieso ich unter diesem Bumbil-Baum auf Glen View sitze und euch noch mehr über die beiden weißen Familien erzähle? Vor ein paar Jahren haben ein paar weiße Landvermesser oben im Land am Golf Luke Tracys Knochen gefunden. Sie haben Missus Tracy ein Buch gegeben, in das er ein paar Worte geschrieben hatte. Das hat sie jeden Tag gelesen und jeden Buchstaben mit dem Finger verfolgt. Was mit dem Pastor ist, den ich kenne? Nun, der alte Pastor Werner und seine Frau ließen mich auf ihrer Missionsstation oben im Norden wohnen. Das muss wohl um die Zeit gewesen sein, als Cousin
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