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Auf den Hund gekommen

Auf den Hund gekommen

Titel: Auf den Hund gekommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herriot
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dorthin zu begleiten. So war sein Hobby reichlich mühevoll.
    Ich beobachtete ihn, während ich die letzten Nahtstiche am Bein des Fohlens machte und dann den Verband anlegte. Er schlich verstohlen zwischen den Gebäuden umher und tat so, als nähme er nicht die geringste Notiz von mir – ja, als sei er an meiner Anwesenheit völlig uninteressiert. Doch seine heimlichen Blicke in Richtung Stall und die Tatsache, daß er ein ums andere Mal mein Blickfeld kreuzte, verrieten ihn. Er wartete auf seinen großen Augenblick.
    Als ich meine Schuhe anzog und die Stulpenstiefel in den Kofferraum warf, sah ich ihn wieder. Oder besser gesagt, einen Teil von ihm: nur eine lange Nase und ein Auge, die unter einer ausrangierten, zerbrochenen Tür hervorlugten.
    Erst als ich den Motor anließ und der Wagen sich in Bewegung setzte, gab er seine Absicht kund: den Bauch dicht an den Boden gepreßt, den Schwanz nachschleifend, die Augen starr auf die Vorderräder des Wagens geheftet, kam er verstohlen aus seinem Versteck, und als ich mit zunehmender Geschwindigkeit den Feldweg hinunterfuhr, ging er in einen mühelosen Galopp über.
    Ich hatte dies schon mehrmals erlebt und war immer voller Angst, daß er vor den Wagen springen könnte; deshalb trat ich aufs Gaspedal. Der Wagen sauste bergab.
    Auf diesen Augenblick hatte Jock gelauert. Die schlanken Glieder streckten sich unermüdlich wieder und wieder nach vorn, flogen mit freudiger Leichtigkeit über den steinigen Boden und hielten mühelos Schritt mit dem schnellfahrenden Wagen.
    Etwa auf der Hälfte der Strecke beschrieb der Weg eine scharfe Kurve, und hier segelte Jock unweigerlich über die Mauer, sauste, sich als kleiner dunkler Punkt vor dem Grün abhebend, quer über das Wiesenstück und tauchte, nachdem er so geschickt die Ecke abgeschnitten hatte, jenseits der Kurve wieder auf. Dies gab ihm einen guten Vorsprung für den Wettlauf zur Straße, und wenn er mich schließlich bis dorthin begleitet hatte, sah ich als letztes, wie er mir keuchend, doch mit triumphierend erhobenem Kopf noch lange nachblickte. Offensichtlich war er überzeugt, seine Sache gut gemacht zu haben, und vermutlich wanderte er jetzt zufrieden zum Hof zurück, um auf die nächste Hetzjagd, sei es mit dem Postboten oder dem Bäckerwagen, zu warten.
    Aber Jock hatte noch andere Qualitäten: Er war sehr gut abgerichtet, schnitt bei allen Dressurprüfungen hervorragend ab, und Mr. Corner hatte schon viele Preise mit ihm gewonnen. Er hätte das Tier ohne weiteres für viel Geld verkaufen können, aber nichts konnte den Bauern dazu bewegen, sich von ihm zu trennen. Vielmehr kaufte er eine Hündin, die selbst etliche Preise gewonnen hatte. Mit diesen beiden Tieren glaubte Mr. Corner, unübertreffliche Collies züchten zu können. Bei meinen Besuchen auf dem Hof schloß sich die Hündin der Hetzjagd an, aber ich hatte den Eindruck, daß sie es mehr oder weniger nur ihrem neuen Gefährten zu Gefallen tat, denn sie gab jedesmal bei der ersten Kurve auf und überließ Jock das Feld. Man konnte unschwer erkennen, daß ihr Herz nicht daran hing.
    Als die Jungen gekommen waren, sieben flaumige schwarze Wollknäuel, die im Hof herumkugelten und jedem zwischen die Füße gerieten, sah Jock nachsichtig zu, wie sie versuchten, ihm beim Wettlauf mit einem Wagen zu folgen, und man meinte fast, ihn lachen zu sehen, wenn sie über ihre kurzen Beine stolperten und weit zurückblieben.
    Dann kam ich etwa zehn Monate lang nicht auf den Hof, aber ich begegnete Robert Corner hin und wieder auf dem Markt, und er erzählte mir, daß er die jungen Tiere abrichte und sie sich gut entwickelten. Viel brauchte er gar nicht mit ihnen zu üben, es läge ihnen im Blut. Kaum daß sie richtig laufen konnten, hätten sie versucht, die Rinder und Schafe zusammenzutreiben. Als ich sie schließlich wiedersah, hatte ich das Gefühl, sieben Jocks vor mir zu haben, und ich merkte bald, daß sie mehr als nur das Schafehüten von ihrem Vater gelernt hatten. Die Art, wie sie im Hof herumlungerten, als ich mich daranmachte, in den Wagen zu steigen, wie sie verstohlen hinter den Heuballen hervorlugten und sich mit betonter Gleichgültigkeit an einen günstigen Platz für einen raschen Start schlichen, war mir nur allzu vertraut. Und als ich mich auf meinem Sitz niederließ, spürte ich, daß sie alle darauf lauerten, die Verfolgung aufzunehmen.
    Ich schaltete den Motor ein, ließ ihn auf vollen Touren laufen, legte krachend den Gang ein und fuhr schnell

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