Auf den Hund gekommen
Das kleine Tier hatte sich nie über die Behandlung beschwert.
Ich kraulte ihm den Kopf, während Mrs. Pumphrey fortfuhr.
»Es gibt da etwas Interessantes, das ich Ihnen erzählen muß. Wie Sie wissen, kennt sich Tricki hervorragend mit Pferderennen aus – er weiß immer, welches Pferd am besten in Form ist, und so gewinnt er nahezu alle Wetten. Doch nun kommt’s.« Sie hob einen Finger und senkte die Stimme zu einem verschwörerischen Murmeln. »Seit kurzem interessiert er sich für Greyhound-Rennen!«
»Tatsächlich?«
»Ja, er studiert die Ergebnisse der Rennen in Middlesbrough und hat mir aufgetragen, für ihn zu setzen, und hat, nun ja, schon ein gehöriges Sümmchen ergattert!«
»Na so was!«
»Ja, grad heute morgen hat Crowther, mein Chauffeur, vom Buchmacher zwölf Pfund für das Rennen am gestrigen Abend abgeholt.«
»Hm, wie schön!« Ich empfand tiefstes Mitgefühl mit John Downs, dem Buchmacher am Ort, den es zweifellos hart ankam, seit Jahren Geld an einen Hund zu verlieren und nun auch noch bei den Greyhounds in die Tasche greifen zu müssen. »Wirklich erstaunlich.«
»Nicht wahr, nicht wahr!« Mrs. Pumphrey schenkte mir ein strahlendes Lächeln und wurde dann ernst. »Und doch frage ich mich, Mr. Herriot, was dieses neue Interesse ausgelöst haben mag. Was meinen Sie?«
Ernst schüttelte ich den Kopf. »Schwer zu sagen. Äußerst schwer.«
»Dennoch habe ich eine Theorie«, verkündete sie. »Halten Sie es für möglich, daß er sich mit zunehmendem Alter stärker zu seinesgleichen hingezogen fühlt und es daher vorzieht, auf schnelle Hunde zu setzen?«
»Das ist... nicht auszuschließen...«
»Und so können wir doch wohl annehmen, daß diese innere Nähe ihm eine besondere Einfühlung und daher bessere Gewinnchancen beschert!«
»Ja, das ist möglich. Ein weiterer Aspekt.«
Tricki, der sehr wohl wußte, daß er das Objekt unserer Plauderei war, wedelte mit seinem schönen Schwanz und schaute mit breitem Grinsen und hängender Zunge zu mir auf.
Ich ließ mich noch tiefer ins Polster sinken, während der Sherry allmählich wohlige Wogen durch meinen Körper sandte. Mrs. Pumphreys Lobgesänge auf Tricki Woos Heldentaten zu lauschen, war ein willkommenes Ritual. Sie war eine liebenswerte, intelligente und kultivierte Dame, die von allen respektiert wurde und großzügig für allerlei wohltätige Zwecke spendete. Sie saß in diversen Ausschüssen, und um ihre Meinung wurde in vielen wichtigen Angelegenheiten ersucht, doch wenn es um ihren Hund ging, drehte sich die Unterhaltung nie um gewichtige Themen, sondern war stets angefüllt mit sonderbaren, wunderlichen Begebenheiten.
Sie beugte sich vor. »Da ist noch etwas, das ich Ihnen erzählen muß, Mr. Herriot. Sie wissen, daß in Darrowby ein chinesisches Restaurant eröffnet wurde?«
»Ja, sogar ein sehr gutes.«
Sie lachte. »Wer hätte das gedacht? Ein chinesisches Restaurant in einem Städtchen wie Darrowby – das ist doch höchst erstaunlich!«
»Ungewöhnlich, das stimmt. Obwohl sie in den letzten ein, zwei Jahren überall in England wie Pilze aus dem Boden schießen.«
»Durchaus. Aber – und das ist es, was ich mit Ihnen zu besprechen habe: Tricki hat das Ganze schwer mitgenommen.«
»Wie bitte?«
»Ja, die Geschichte lastet ungeheuer auf ihm.«
»Wie zum Teufel...«
»Nun, Mr. Herriot«, sie runzelte die Stirn und sah mich ernst und durchdringend an, »Sie wissen doch, ich habe es Ihnen vor langer Zeit erzählt, daß Tricki Sproß einer uralten chinesischen Herrscherdynastie ist.«
»Ja, ja, natürlich.«
»Ach, wahrscheinlich ist es das beste, ich fange ganz von vorne an.«
Ich nahm einen ausgiebigen Schluck von meinem Sherry und hatte das angenehme Gefühl, in eine Traumwelt hinüberzugleiten. »Nur zu.«
»Als das Restaurant eröffnet wurde, regte sich in der hiesigen Bevölkerung unerwartet viel Unmut. Man äußerte sich despektierlich über das Essen und über das reizende chinesische Pärchen und tat kund, daß wir solch ein Lokal hier in Darrowby nicht bräuchten und uns davon fernzuhalten hätten. Als Tricki und ich nun gerade einen unserer kleinen Spaziergänge machten, schnappte Tricki zufällig die eine oder andere Bemerkung auf. Er war außer sich!«
»So?«
»Ja, er fühlte sich persönlich angegriffen. Ich kenne diesen Zustand bei ihm genau. Dann stelzt er mit gekränkter Miene durch die Gegend und ist kaum zu besänftigen.«
»Oh, das tut mir leid.«
»Na, und schließlich läßt sich doch
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