Auf den Hund gekommen
Shampoo, damit sein verfilztes Fell wieder sauber und glänzend wird.«
»Was?« fragte Halliday verständnislos.
»Ja. Und als zweites muß man eine richtige Kur mit ein paar wirklich guten Stärkungsmitteln mit ihm machen.«
»Das habe ich noch nie gehört.« Mr. Halliday blickte verwirrt drein.
»Das ist die einzige Hoffnung für ihn«, sagte ich. »Aber wo findet man so etwas? Wirklich gute Pflege, meine ich.« Ich seufzte und richtete mich auf. »Ich fürchte, es hilft alles nichts, und es ist wohl das beste, wenn ich ihn sofort einschläfere. Ich gehe nur meine Sachen aus dem Wagen holen.«
Als ich zurückkam, beugte sich Mrs. Donovan bereits über den Hund und untersuchte ihn trotz der schwachen Einwendungen Mr. Hallidays.
»Da, sehen Sie! Er heißt Roy«, rief sie erregt und deutete auf das Halsband, auf dem der Name eingeritzt war. Sie blickte lächelnd zu mir auf. »Klingt ein bißchen wie Rex, nicht wahr?«
»Ja, Sie haben recht. Jetzt, wo Sie’s sagen, Mrs. Donovan, fällt es mir auch auf.«
Sie stand, offensichtlich von einer tiefen Gemütsbewegung gepackt, einen Augenblick schweigend da, dann platzte sie heraus: »Kann ich ihn haben? Ich bringe ihn wieder auf die Beine, ganz bestimmt. Ach bitte, bitte, geben Sie ihn mir!«
»Nun, ich weiß nicht recht«, sagte ich. »Das ist Mr. Hallidays Sache. Er muß die Erlaubnis geben.«
Halliday sah sie zweifelnd an, murmelte ein »Entschuldigen Sie mich, Madam« und zog mich beiseite. Wir gingen aus dem Schuppen hinaus und blieben ein paar Meter weiter unter einem Baum stehen.
»Mr. Herriot«, sagte er leise, »ich kann das Tier nicht einfach so mir nichts dir nichts irgend jemandem überlassen. Es hat es schon einmal schlecht getroffen, und diese Frau macht nicht den Eindruck, als ob sie...«
Ich unterbrach ihn. »In dieser Hinsicht brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Sie mag zwar etwas schrullig sein, aber heute hat der Himmel sie uns gesandt. Wenn irgend jemand weit und breit diesem Hund ein gutes Leben bereiten kann, dann sie.«
Halliday war nach wie vor skeptisch. »Ganz verstanden habe ich die Sache noch immer nicht. Was meinten Sie denn damit – eine Wäsche mit Shampoo und eine Kur mit Stärkungsmitteln?«
»Nichts Wichtiges. Ich erklär’s Ihnen ein andermal. Was der Hund braucht, sind gute Ernährung, Fürsorge und Liebe, und genau das wird er bekommen. Ich gebe Ihnen mein Wort darauf.«
»Also gut, Sie scheinen Ihrer Sache ja ganz sicher zu sein.« Halliday sah mich kurz an, dann wandte er sich ab und ging auf die ungeduldig wartende kleine Gestalt vor dem Schuppen zu.
Fast drei Wochen vergingen, da sah ich Mrs. Donovan eines Morgens auf dem Marktplatz. Drüben auf der anderen Seite marschierte sie munter den Gehsteig entlang und blickte dabei genau wie früher neugierig in jedes Schaufenster, nur daß sie jetzt einen großen gelben Hund an der Leine führte.
Ich lenkte den Wagen nach rechts und fuhr über das holperige Pflaster zu ihr hinüber. Sie sah mich aussteigen und blieb stehen, sagte aber nichts, sondern lächelte nur schelmisch, als ich mich über Roy beugte und ihn mir näher ansah. Er war noch immer mager, aber er schien guter Dinge und glücklich zu sein, seine Wunden heilten gut, und sein Fell glänzte. Jetzt wußte ich, womit Mrs. Donovan sich in den vergangenen Wochen beschäftigt hatte: Sie hatte das völlig verfilzte Haarkleid immer wieder gewaschen, gebürstet und gekämmt, bis es schließlich sauber war.
Als ich mich wieder aufrichtete, faßte sie nach meinem Arm und sah mir in die Augen.
»Mr. Herriot«, sagte sie, »hab ich nicht einen anderen Hund aus ihm gemacht?«
»Sie haben Wunder vollbracht, Mrs. Donovan«, erwiderte ich. »Und das kommt ganz allein von Ihrem großartigen Shampoo, nicht wahr?«
Sie lachte verschämt und ging weiter. Etwa zwei Monate später traf ich sie wieder. Sie kam gerade an der Praxis vorbei, als ich aus der Tür trat, und wieder griff sie nach meinem Arm. »Mr. Herriot«, sagte sie genau wie das erste Mal, »hab ich nicht einen anderen Hund aus ihm gemacht?«
So etwas wie ein Gefühl der Ehrfurcht überkam mich, als mein Blick auf Roy fiel. Er war gewachsen und voller geworden, und das Fell, nicht mehr gelb, sondern von einem satten Gold, spannte sich seidenweich und üppig über den gutgepolsterten Rippen. Er trug ein prächtiges, funkelnagelneues Halsband, und sein Schwanz, sehr schön gefranst, fächelte sanft die Luft. Er war jetzt ein goldfarbener Retriever in voller
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