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Auf den Inseln des letzten Lichts

Auf den Inseln des letzten Lichts

Titel: Auf den Inseln des letzten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Lappert
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Schwimmmannschaft bei und schrieb Artikel für die Schülerzeitung, und obwohl sie nach wie vor gelegentlich den Unterricht störte, indem sie zum Beispiel die Kröten für die Biologiestunde freiließ oder einen pflegebedürftigen Marder mit in die Schule nahm, fiel sie bald nur noch durch gute Noten auf und die Angewohnheit, während der Pausen selbstverfasste Lieder vor sich hin zu summen, verborgen hinter einer großen Sonnenbrille und etwas, das alle Durchgeknalltheit nannten; alle außer dem fetten Erstklässler, der sich heimlich in ihre Nähe setzte und zuhörte.

 
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    Tobey war überzeugt davon, dass alle in der Schule vom Verschwinden seiner Mutter wussten und seine Schwester für eine Verrückte im Kostüm einer Hochbegabten hielten. Er hasste die Lehrer, die Kinder und sogar den einfältigen Hausmeister, der ständig Zettel aufhängte mit krakeligen Botschaften wie BODEN FRISCH GEWACHSEN! und DURCHGANG UNGESTATTET! Zwei Jahre lang hatte er keine Freunde, sah man von Barry Spillane ab, der ihn grüßte und ihm manchmal die Hälfte seines Pausenbrots gab und dann neben ihm herging, schweigend und an etwas kauend, das größer und schwerer war als jedes Brot, das seine Mutter ihm mitgab. Dann fragte ihn eines Tages Michael Kavanagh, den alle, die ihn nicht einfach ignorierten, Mick nannten, ob er ein Instrument spiele, er und Jason Dwyer seien dabei, eine Band zu gründen, und suchten einen Gitarristen. Tobey zögerte kurz und behauptete dann, er spiele Gitarre, obwohl er noch nie in seinem Leben ein Instrument in den Händen gehalten hatte, und Mick forderte ihn auf, so bald wie möglich bei ihm vorzuspielen. Am nächsten Tag kaufte Tobey in Cormac Sheehans Laden eine akustische Gitarre für vier Pfund fünfzig und ein Song Book von Christy Moore für siebzig Cent. Drei Pfund hatte er gespart, den Rest des Geldes aus der Brieftasche seines Vaters genommen. Die Gitarre sah aus wie die Laubsägearbeit eines Kindes ohne großes Talent zum Basteln. Boden und Decke waren aus dunkelbraun gebeiztem Sperrholz, Hals und Zargen lackiert, die Wirbel und der Steg aus schwarzem Kunststoff. Am Kopf klebte ein Schriftzug, die Lettern golden mit roten Schatten: LA MAGICA. Das Song Book stellte sich als unnütz heraus, weil Tobey keine Noten lesen konnte, also besorgte er sich bei Music Dempsey eine Übungskassette und ein Lehrbuch für Anfänger. Als er mit Hilfe einerTabelle die ersten Griffe lernte, befürchtete er ständig, das Instrument, das weniger wog als ein ausgenommenes Huhn, könnte in seinen groben, von der Arbeit schwielig gewordenen Händen zerbrechen. Monatelang schlug er sich mit Halbtonschritten, Taktarten, Viertelnoten und Pausenzeichen herum, reparierte die Gitarre mit Schnur und Klebeband und erfand immer neue Ausreden, wenn Mick Kavanagh ihn fragte, wann er endlich zu einer gemeinsamen Probe komme. Ende August, am Abend seines zehnten Geburtstags, zerschlug Tobey die Gitarre hinter dem Haus und verbrannte sie. Am nächsten Morgen kaufte er bei Music Dempsey für fünfunddreißig Pfund, die er sich von Onkel Aidan geliehen hatte, eine gebrauchte Sherwood -Westerngitarre, übte zwei Wochen lang auf ihr und ließ Mick dann wissen, er habe jetzt Zeit.
    Micks Eltern führten eine Apotheke im Erdgeschoss eines Hauses, das ihnen gehörte. Seine Schwester Claire war zwanzig und verheiratet, sein Bruder Mark studierte in Cork Betriebswissenschaft. Nachdem Claire zu ihrem Mann nach Ennis gezogen war, hatte Mick ihr Zimmer in einen Probenraum verwandelt, trotz Protesten von Mark, der an den Wochenenden und in den Ferien nach Hause kam und um seine Ruhe fürchtete. Als Nachzügler war Mick schon immer der Liebling seiner Eltern gewesen. Mit fünf Jahren erhielt er Klavierunterricht, weil er darauf bestanden hatte. Als er acht war, konnte ihm die betagte Miss Horgan nichts mehr beibringen, und so nahm er bei George Fowler, einem pensionierten Postbeamten, der vierzig Jahre lang mit seinen Brüdern als The Fowler Five aufgetreten war, Akkordeonstunden. Nach einem Jahr hatte er keine Lust mehr und versuchte es mit Saxophon, bevor er sich für Saiteninstrumente zu interessieren begann und innerhalb weniger Monate Ukulele spielen konnte. Das war die Zeit, als ihm die Idee kam, eine Band zu gründen.
    Mick Kavanagh war dünn und für sein Alter zu klein, er trug eine Brille und stotterte leicht, wenn er aufgeregt war. In der Schule galt er als Streber und Duckmäuser, obwohl seine Noten durchschnittlich waren und

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