Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf den Inseln des letzten Lichts

Auf den Inseln des letzten Lichts

Titel: Auf den Inseln des letzten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Lappert
Vom Netzwerk:
T-Shirt mit dem weißen IPREC-Schriftzug und zog es an.
    »Von denen gibt es ich weiß nicht wie viele«, sagte Tanvir, als Megan wieder neben ihm stand. »Nancy Preston hat sie machen lassen. Weiße mit schwarzer Schrift, schwarze mit weißer Schrift, weiße mit blauer Schrift, blaue mit weißer Schrift, Kurzarm, Langarm, die halben Philippinen hätte man damit einkleiden können. Wir benutzen sie schon als Putzlappen.«
    »Trotzdem danke.«
    Tanvir winkte ab. »Ich hoffe, Sie mögen Fisch.« Er zeigte auf einen Kreis aus Steinen am Boden, in dem Kohlestücke glühten. Über der Kohle, auf einem Metallgitter, lagen zwei Fische.
    »Ich bin nicht hungrig.«
    »Der Appetit kommt beim Essen, Sie werden sehen.« Tanvir nahm den Deckel vom Topf und stach mit der Messerklinge in eine Kartoffel. »Perfekt«, sagte er. Er schüttete das heiße Wasser in eine Blechschüssel und stellte sie auf den Herd. »Darin spüle ich nachher das Geschirr.« Erging zur Feuerstelle, um die Fische mit einer offensichtlich selbstgebastelten Drahtzange vom Gitter zu nehmen und auf einen Teller zu legen. »Nehmen Sie bitte den Topf mit den Kartoffeln?«
    Megan trug den Topf ins Haus und stellte ihn auf den Tisch. Tanvir brachte den Teller mit den Fischen und das Holzbrett, auf dem etwas lag, das wie gehackte Petersilie aussah. Dann holte er zwei Teller und Besteck aus dem Schrank neben der Tür und bedeutete Megan, sich zu setzen. Erst nachdem sie saß, nahm er selber Platz und schob ihr einen Teller, eine Gabel und ein Messer hin.
    »Sie sind ziemlich hartnäckig, was?«
    »Man muss essen«, sagte Tanvir. »Glauben Sie mir, ich bin Arzt.« Er begann, einen der gegrillten Fische zu filetieren und die Gräten zu entfernen.
    »Ich bin Vegetarierin.«
    Tanvir blickte Megan erstaunt an. Seine hochgezogenen Augenbrauen waren tiefschwarz und die kurzen, seinen Kopf von Ohr zu Ohr umkränzenden Haare grau, beinahe weiß. »Wirklich?« Er nickte. »Meine Mutter war Vegetarierin.« Er fuhr damit fort, den Fisch zu zerlegen. »Und eine glühende Anhängerin von Mahatma Gandhi.« Er erhob sich, nahm Megans Teller und legte drei Kartoffeln darauf, die er mit der Gabel zerdrückte und mit Öl aus einer dunklen Glasflasche beträufelte. Zuletzt streute er Petersilie darüber. »So mochte sie meine Mutter am liebsten.« Er schob Megan den Teller hin. Dann setzte er sich wieder, löste das Fischfleisch von der Haut und legte es auf seinen Teller.
    Megan aß einen Bissen.
    »Und? Ein Gedicht, oder?« Tanvir nahm sich drei Kartoffeln aus dem Topf. »Eines von William Carlos Williams.«
    Megan lächelte. »Kenne ich nicht.«
    »Er hat Gedichte über Äpfel geschrieben und Pflaumen im Kühlschrank.«
    Megan aß innerhalb weniger Minuten den Teller leer, aber als Tanvir ihn erneut füllen wollte, wehrte sie ab. »Später vielleicht«, sagte sie. »Essen Sie erst einmal.«
    »Sind Sie auch eine glühende Anhängerin von Gandhi?«
    »Na ja, ich bewundere, was er getan hat. Die wenigsten Menschen wissen,dass er Vegetarier war.« Megan trank einen Schluck Wasser. »Falls sie überhaupt wissen, wer Gandhi war.«
    »Meine Mutter glaubte an Reinkarnation«, sagte Tanvir. »Sie wollte kein Huhn essen, das womöglich ihre wiedergeborene Großtante war.« Er sah Megan an, kauend, die Lippen glänzend vom Öl, das er über seine Kartoffeln gegossen hatte. »Warum essen Sie keine Tiere?«
    »Weil es meiner Meinung nach ein Unrecht ist, sie zu töten.«
    Tanvir nickte nachdenklich. »Glauben Sie, Tiere haben eine Seele?« Er schob mit dem Messer ein Stück Fisch auf die Gabel, führte sie aber nicht zum Mund.
    »Haben wir Menschen denn eine?«
    »Zack, und schon stecken wir mitten in einer Grundsatzdiskussion!«, rief Tanvir fröhlich und schob sich den Bissen Fisch in den Mund.
    Dann schwiegen beide eine Weile, als wollten sie sich gegenseitig versichern, dass sie an der Vertiefung eines solchen Gesprächs nicht interessiert waren oder den Zeitpunkt dafür als zu früh erachteten; zu früh an diesem Abend, zu früh überhaupt.
    »Woher wussten Sie, dass ich es bin?«, fragte Megan schließlich. »Vorhin, als ich vor dem Haus stand.«
    »Ganz einfach: Weil mich niemand hier besucht. Abgesehen von Torben Raske, der ab und zu herkommt, um mir zu zeigen, dass er noch immer da ist und noch immer Herr der Insel.«
    »Sie mögen ihn nicht?«
    »Nein. So wenig wie er mich.«
    Megan war versucht zu sagen, dass sie Raske ebenfalls nicht sonderlich gut leiden konnte, ließ es dann aber

Weitere Kostenlose Bücher