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Auf den Inseln des letzten Lichts

Auf den Inseln des letzten Lichts

Titel: Auf den Inseln des letzten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Lappert
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ein guter Arzt, müssen Sie wissen. Jedenfalls war ich einer, bevor …« Er senkte den Kopf und konzentrierte sich wieder auf die Orange in seiner Hand. »Nun, jedenfalls hatte ich falsch gedacht, einmal mehr. Die Damenund Herren Wissenschaftler weigerten sich, mich in ihren erlauchten Kreis aufzunehmen. Sie sagten, ein Stationsarzt würde nicht gebraucht, und zogen es vor, sich selbst zu behandeln, bedienten sich aus der reichlich bestückten Apotheke. Raske hat sich letztes Jahr eine Schnittwunde am Fuß selber genäht, nur um mich nicht darum bitten zu müssen.« Er lachte trocken auf.
    »Warum konnte Nancy Preston nicht durchsetzen, dass Sie den Job bekamen, den Sie wollten?«
    »Ach, Nancy …« Tanvir zerlegte die Orange in acht Schnitze und legte sie auf den Teller. »Ihr Einfluss hier ist … sehr begrenzt, um es vorsichtig zu formulieren. Sie dient dem Ganzen hier als so eine Art, wie soll ich sagen, Vorzeigefigur, wenn Sie verstehen, was ich meine. Mit ihr wahrt man gewissermaßen den Schein, sie steht für Beständigkeit und Vertrauen. Das sind wichtige Faktoren, wenn es darum geht, bei der Stiftung Geld zu beantragen.«
    »Capricorn-Tag.«
    »Sie haben davon gehört?«
    »Ich habe heute geholfen, die Hütten zu streichen.«
    »Das ist mittlerweile die einzige Gelegenheit, bei der Torben Raske auf meine Mithilfe angewiesen ist. Ein ebenso grandioses wie erbärmliches Schauspiel.«
    »Was genau passiert da?«
    »Oh, wir spielen heile IPREC-Welt. Wir laufen in frisch gebügelten Kitteln herum und tun so, als seien wir gerade dabei, die letzten Hürden bei der Kommunikation zwischen Menschen und Primaten zu überwinden. Alles sehr eindrucksvoll.«
    »Und die Leute von der Stiftung glauben es?«
    »Scheint so.«
    »Warum ein Film? Warum kommt niemand her, um sich alles vor Ort anzusehen?«
    »Vor ein paar Jahren, als der Betrieb noch einigermaßen normal lief, besuchte uns ein Vertreter der Stiftung. Raske hatte im Vorfeld alles Erdenkliche versucht, um ihn davon abzuhalten, erfand Malariafälle, Sturmschäden am Gästehaus, Probleme mit dem Schiffsmotor, Quarantänevorschriften. Aber nichts half, der Mann kam. Na ja, was heißt Mann.Ein Milchbart, vielleicht dreißig, fünfunddreißig, grün im Gesicht von der stürmischen Überfahrt und noch völlig geschlaucht vom Jetlag. Sie hätten ihn sehen sollen.« Tanvir lachte und schüttelte den Kopf. »Er trug einen khakifarbenen Safarianzug, einen Cowboyhut und riesige Wanderschuhe. Um seinen Hals hingen ein Kompass, ein Fernglas und ein Fotoapparat. Er sah aus wie eine Mischung aus Pfadfinder, Indiana Jones und dem amerikanischen Touristen, der er tatsächlich war.«
    Megan hatte die zweite Orange geschält und zerteilt und nahm eine dritte aus der Schüssel. »Waren zu der Zeit mehr Leute hier?«
    »Vier oder fünf. Aber Raske hat dem Jüngelchen von der Stiftung erzählt, zehn weitere Mitarbeiter seien auf Tagungen oder im Urlaub. Außerdem hatte er vor dem Besuch alles so herrichten lassen, dass es aussah, als sei die Station bestens in Schuss.«
    »War er nicht enttäuscht, so wenige Primaten zu sehen?«
    »Er bekam neben Montgomery, Chester und Nelson auch noch einen Schimpansen zu Gesicht, Maxwell, der eine Brille trug und sehr intelligent war. Ach, und Gwendolyn, eine entzückende ältere Bonobo-Dame. Wesley hatten wir damals noch nicht, der kam erst später. Mit den übrigen durfte er keinen Kontakt haben, wegen der Quarantänevorschriften. In Wirklichkeit gab es auf der Insel gar keine anderen Primaten.«
    »Und? War er beeindruckt?«
    »Nun ja, nachdem er sich von den Reisestrapazen erholt hatte, erlitt er eine Lebensmittelvergiftung und lag drei Tage im Bett. Als er wieder halbwegs auf den Beinen war, wurde seine Unterkunft von Ameisen heimgesucht. Und am Tag vor seiner Abreise biss ihn eine Spinne, worauf seine Hand auf die doppelte Größe anschwoll.« Tanvir erhob sich und suchte die Wand über der Kommode ab. »Irgendwo habe ich ein Bild des armen Kerls.« Er setzte eine Brille auf und ging mit dem Gesicht nahe an die Wand, um etwas erkennen zu können. »Hier.« Er nahm die mit einer Stecknadel an der Wand befestigte Fotografie ab und gab sie Megan.
    »Wie Indiana Jones sieht er hier nicht mehr aus«, sagte Megan, in das bleiche Antlitz und die tief in den Höhlen liegenden Augen eines schmalen Mannes blickend, der in letzter Sekunde dem Tod entronnen zu sein schien.
    »Die Fischvergiftung und die Ameisen gingen auf das Konto von Raske,ohne jeden

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