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Auf den Inseln des letzten Lichts

Auf den Inseln des letzten Lichts

Titel: Auf den Inseln des letzten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Lappert
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bleiben. Sie betrachtete die Weltkarte hinter Tanvirs Kopf, der England und Irland verdeckte.
    »Heute war er hier, um mir meine Versäumnisse im Fall von Wesleys Gipsfuß vorzuhalten.«
    »Es war bloß eine kleine Stelle, die sich entzündet hatte.«
    »Die zu einer ernsthaften Komplikation hätte führen können.« Tanvir stand auf und holte den Wasserkanister. Nachdem er beide Gläser gefüllt hatte, setzte er sich wieder an seinen Platz. »Dass ich kein Veterinär bin, entschuldigt diese Nachlässigkeit keinesfalls.«
    »Es geht ihm wieder ausgezeichnet.«
    Tanvir schüttelte den Kopf. »Es ist der Schlendrian, der auf dieser Insel zur Normalität geworden ist«, sagte er und seufzte, den Blick auf den Teller gerichtet, der bis auf die Gräten und die Haut der beiden Fische leer war. »Alles verkommt. Man muss wohl stärker sein als ich, um diesem Sog zu widerstehen.« Er hob den Kopf und sah Megan an, lächelte mit einem verkniffenen Mund.
    »Seit wann sind Sie der Arzt hier?«
    »Bin ich doch gar nicht!«, rief Tanvir, und es klang beinahe wieder fröhlich. »Einem Affen den Fuß eingipsen, das darf ich! Aber Torben Raske würde von mir nicht mal ein Aspirin nehmen!«
    Megan lehnte sich zurück, der von Schnüren zusammengehaltene Bambusstuhl war überraschend bequem. »Warum? Etwa weil Sie …« Sie brach den Satz ab.
    Tanvir lächelte. »Weil ich nicht weiß bin? Vielleicht.« Er lehnte sich ebenfalls zurück. »Ich glaube jedoch, es hat eher etwas mit Dünkel zu tun. Mit Hierarchien, akademischen Festungen der Eitelkeit, die für Leute wie mich uneinnehmbar sind.«
    »Leute wie Sie«, wiederholte Megan. »Sie sind Arzt!«
    Wieder lächelte Tanvir. »Was macht Sie da so sicher?«
    Megan sah Tanvir an, sekundenlang sprachlos. »Ich nahm es an«, sagte sie dann, »weil Sie Wesley behandelt haben.«
    »Ich habe seinen Fuß eingegipst und …«
    »Der Gips war tadellos«, unterbrach Megan Tanvir.
    »… und eine schwärende Wunde nicht bemerkt.«
    »Das kann jedem Tierarzt passieren. Jedem Arzt.«
    »Torben Raske ist da anderer Meinung. Er hat mir untersagt, die Primaten weiterhin medizinisch zu betreuen.« Bevor Megan etwas entgegnen konnte, erhob sich Tanvir mit einem Ruck und sagte: »Aber das muss ich ja jetzt eh nicht mehr, denn jetzt haben wir eine richtige Tierärztin hier! Nachtisch? Es gibt Orangen in Honig oder gebackene Bananen.«
    Megan schüttelte den Kopf.
    »Ach, kommen Sie. Es gibt kaum etwas Traurigeres, als alleine einen Nachtisch zu essen. – Also?«
    »Dann eben die Orangen«, sagte Megan, weil sie merkte, dass Tanvir keine Ruhe geben würde.
    »Zweimal Orangen in Honig, kommt sofort!« Tanvir eilte nach draußen und kam kurz darauf mit einer Plastikschüssel voller Orangen zurück. »Sie übernehmen zwei«, sagte er und setzte sich an den Tisch.
    Megan begann die erste Orange zu schälen. »Ich weiß ja auch nicht recht, was ich hier soll«, sagte sie nach einer Weile.
    »Nun, Sie sind jung. Sie lassen sich treiben, wollen Neues entdecken. Recht haben Sie.«
    Megan zuckte mit den Schultern. »Warum sind Sie hier?«
    »Ich wollte mit Primaten arbeiten. Das war mein Traum. Vor langer Zeit.«
    »Und? Was ist aus dem Traum geworden?«
    Tanvir breitete die Arme aus. »Sehen Sie sich um.« Er holte einen Teller aus dem Schrank und stellte ihn in die Mitte des Tisches.
    »Seit wann sind Sie hier?«
    Es schien, als überlegte Tanvir, aber dann sagte er nur: »Eine halbe Ewigkeit und drei Jahre.«
    Megan legte die Orangenschnitze auf den Teller. »Erzählen Sie mir von den drei Jahren.«
    »Sie sind ziemlich hartnäckig, was?«
    Megan lachte, nickte. »Sieht ganz so aus.«
    Tanvir blähte die Backen auf und blies Luft durch den gespitzten Mund. Er war noch immer dabei, dünne weiße Hautfetzen von der ersten Orange zu entfernen. »Vor drei Jahren hat der letzte Stationsarzt, ein übergewichtiger, heimwehkranker Grieche, die Insel mit wehenden Fahnen verlassen. Da dachte ich, meine Zeit sei gekommen. Ich dachte, jetzt würde man mir wenigstens diese Stelle geben, nachdem ich schon nicht an den Primatenprogrammen teilnehmen durfte und behandelt wurde wie ein unerwünschter Eindringling, der nur geduldet wurde, weil er ein Freund von Nancy Preston war, der texanischen Kuh, die man noch eine Weile melken wollte. Ich bildete mir ein, ich könnte mir im Lauf der Zeit als Arzt Respekt verschaffen und so vielleicht erreichen, dass man mich auch mit den Primaten arbeiten ließe.« Er sah Megan an. »Ich bin

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