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Auf den Inseln des letzten Lichts

Auf den Inseln des letzten Lichts

Titel: Auf den Inseln des letzten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Lappert
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frittierten Fischen, die mitsamt Kopf und Schwanzflosse in einer Schüssel lagen. »Ich glaube, die haben irgendwelche Weibergeschichten am Laufen.«
    »Malpass?«
    Carla lachte. »Na ja, er ist ein Kerl.«
    Megan trank einen Schluck Bier. »Und Ester?«
    »Vielleicht ist sie mitgegangen.«
    »Wann sind sie los?«
    Carla zuckte mit den Schultern. »Neun. Zehn. Hast du das Schiff nicht gesehen? Du warst doch am Strand.«
    »Nicht bei den Felsen. Auf der anderen Seite.«
    »Wahrscheinlich haben sie die CD mit dem Film zur Post gebracht.«
    »Kann man so was nicht übers Internet machen?«
    »Internet gibt’s hier seit einem Jahr nicht mehr. Irgendwas mit der Satellitenanlage.«
    Megan nahm sich noch einen Maiskolben und steckte in jedes Ende einen Zahnstocher, um ihn festzuhalten. »Aber Raske, also Thor, hat doch irgendwo Internetzugang, oder?«
    »Klar. In dem Kaff, wo die Polizeistation ist. Er schmiert die Bullen dort und kann ihren Computer benutzen.«
    »Und ihr?«
    »Wozu? Ich schreibe Briefe.«
    »Bekommst du auch welche? Von deinen Eltern zum Beispiel.«
    »Ja. Ich habe ein Postfach. Die Post ist gleich neben der Polizeistation.«
    Eine Weile aßen die beiden schweigend. In der Küche schmetterte eine Männerstimme ein Liebeslied, eine abenteuerliche Mischung aus schwülstiger Oper und flottem Schlager. Carla verschlang ein gutes Dutzend Fische und zwei Teller Reis und Bohnen. Sie trank bereits die dritte Flasche Bier, und Megan fragte sich, wie sie das Tempo bei dieser Hitze vertrug.
    »Kriege ich was zu lesen?«, fragte sie unvermittelt.
    »Wenn es fertig ist. Vielleicht.«
    »Früher gab es eine Bibliothek hier. Im Besucherzentrum. Zweihundert Bücher, mindestens.« Carla schob den leeren Teller beiseite und nahm sich ein Stück Erdnusskuchen. »Dann kam dieser Wirbelsturmund riss das Dach ab. Eine Woche lang Regen. Die Bücher waren nur noch Matsch.«
    Megan musste an die Wohnung in London denken, an die bis unter die Decke mit Büchern gefüllten Räume. Sie erinnerte sich an eine Zeit, in der für sie ein Leben ohne Bücher unvorstellbar gewesen war. Jetzt besaß sie kein einziges mehr und fühlte sich auf angenehme Weise leer und leicht, wie jemand, der jahrelang Süßigkeiten in sich hineingestopft und irgendwann damit aufgehört hatte.
    »Bevor die Regenzeit kommt, haue ich ab«, sagte Carla. Zwei, drei Sekunden lang sah sie Megan an. »Für immer.« Sie senkte den Blick. Mit ihren langen Fingernägeln puhlte sie Nüsse aus dem Kuchenstück auf ihrem Teller und schob sie sich einzeln in den Mund.
    »Was?« Megan legte den Maiskolben auf den Teller. Sie merkte, wie bestürzt sie klang. »Warum denn?«, fragte sie etwas gefasster.
    »Sechs Jahre sind eine lange Zeit.«
    »So lange bist du schon hier?«
    Carla nickte, ihr ganzer Oberkörper pendelte vor und zurück. »Im September ist das halbe Dutzend voll.«
    »Du hast doch gesagt, du willst dir in zwei oder drei Jahren ein Haus kaufen.«
    »Werde ich auch. Das Geld reicht schon lange.« Carla öffnete zwei Flaschen Bier und schob Megan eine hin. »Du solltest mit mir kommen.«
    Megan lachte auf. »Was?«
    »Ich möchte, dass du mit mir kommst«, sagte Carla ernst.
    »Nach Buenos Aires?«
    »Von dieser Insel runter.«
    Megan lächelte unsicher. »Ich will hier nicht weg.«
    »Solltest du aber. Glaub mir.«
    Um ihre Hände zu beschäftigen, griff Megan nach der Bierflasche. »Ich bin gerade erst angekommen. Es gefällt mir hier.«
    »Es gibt andere Inseln, wo du Urlaub machen kannst.«
    »Ich mache hier nicht Urlaub.«
    »Sondern? Was machst du hier, Megan?«
    »Ich bin Tierärztin.«
    Carla schüttelte den Kopf.
    »Thor hat mich eingestellt.«
    »Du bist ungefragt aufgetaucht. Er lässt dich eine Weile bleiben.«
    »Genau was ich will!« Megan schob ihren Teller so energisch von sich weg, dass er gegen die Reisschüssel stieß.
    Eine Zeitlang sagte Carla nichts. Sie trank ihr Bier und reihte die Erdnüsse, die sie aus dem Kuchenstück klaubte, vor sich auf.
    Rosalinda kam herein, eine Schale mit gebratenen Bananen in den Händen. »Sie essen viel. Sehr gut«, sagte sie, stellte die Schale hin und trug die Schüsseln mit dem Reis und den Bohnen in die Küche. Beim nächsten Mal brachte sie eine Kanne Kaffee und nahm die leeren Teller mit.
    »Malpass will auch weg«, sagte Carla, nachdem sie zwei der in braunem Zucker gebratenen Bananen gegessen und eine Tasse Kaffee getrunken hatte.
    »Soll er. Ich werde ihn nicht vermissen.«
    Carla atmete

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