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Auf den Inseln des letzten Lichts

Auf den Inseln des letzten Lichts

Titel: Auf den Inseln des letzten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Lappert
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Geschichte.«
    »Ach«, sagte Tanvir leise und ohne Megan anzusehen.
    »Ich glaube, ich gehe dann langsam.«
    Tanvir trocknete die Tasse ab und stellte sie weg. »Und ich werde mal nach Montgomery sehen.« Er öffnete die Tür und schloss sie, nachdem Megan und er im Freien waren. Insekten umschwirrten die Lampe über ihren Köpfen.
    Sie gingen an den Schweinen vorbei, die sich bewegten und schnauften, aber nicht aufwachten. Der Bonobo schlief noch immer in der Hängematte. Er hatte sich gedreht und lag jetzt auf dem Rücken. Sein Brustkorb hob und senkte sich langsam, ab und zu zuckte eine seiner Zehen.
    »Lassen Sie ihn hier?«, fragte Megan flüsternd.
    »Ja.« Tanvir ging zurück zum Haus, holte eine Taschenlampe und gab sie Megan.
    »Ich sammle fremde Taschenlampen.«
    »Die können Sie als Geschenk betrachten. Ich habe noch ein paar davon.«
    »Danke.«
    »Ich danke Ihnen .« Tanvir deutete eine Verbeugung an.
    Megan lächelte. Dann ging sie den Pfad zwischen den Bäumen entlang in die Dunkelheit. Als sie die Taschenlampe einschaltete, drehte sie sich um. »Mein Bruder heißt Tobey, nicht Paul. Und er lebt nicht auf unserem Hof, sondern in Dublin. Wir haben uns auch sehr lange nicht gesehen.«
    Tanvir hob die Hand. Hinter ihm brannte die Laterne, sein Gesicht lag im Schatten.
     
    Ester war nicht mehr da, als Megan ihr Zimmer betrat. Es gab keinen Strom, der Ventilator drehte sich nicht. Die Dieselgeneratoren schienen der Reihe nach den Geist aufzugeben. Megan zündete die Petroleumlampe an und zog sich bis auf den Slip aus. Die Memorykarten lagen als Stapel auf dem Nachttisch, aber nirgendwo fand sich ein Zettel mit einer Nachricht. Megan wusch sich das Gesicht und putzte die Zähne. Sie trank den Rest Limonade aus einer Flasche, die auf der Kommode stand. Die Hitze war unerträglich. Ein paar Fliegen kreisten unter der Zimmerdecke, lautlos wie Partikel in einem Wasserstrudel. Megan erwog, mit ihrem Bettzeug zum Strand zu gehen und sich neben Carla zu legen, aber dann entschied sie sich dagegen, machte die Lampe aus und öffnetedie Tür und die beiden Fenster, damit die Luft im Raum sich ein wenig bewegte.
    Schlafen konnte sie trotzdem nicht. Sie lag auf dem Rücken und starrte an die Decke. Durch die Stille zog sich das Tinitusgeräusch der Zikaden. Megan schloss die Augen. Nebenan spielte Tobey auf der Gitarre. Eine Weile summte sie mit. Sie wusste, wie sie sich müde machen konnte. Zwischen Schläfrigkeit und Schlaf lag nur eine kleine Anstrengung. Sie schob eine Hand unter den Slip und drehte sich auf die Seite. Kein Ton entwich ihr, nur Atem.
    Als sie die Augen öffnete, sah sie die Gestalt am Fenster. Sie hob den Kopf, und der Umriss verschwand. Megan sprang aus dem Bett und stürzte ins Freie. Ein Mann rannte davon. Ein kleiner Mann. Ein Junge. Ruben. Megan keuchte. Über ihr war der Himmel, aber kein Mond, kein Licht. Sie ging ins Badezimmer, drehte das Wasser auf und setzte sich auf den Boden. Regen, dachte sie.

 
    5
     
    Megan wachte mit einem verspannten Nacken und Kopfschmerzen auf. Zwei Mücken hatten sie gestochen. Es war sieben Uhr. Sie versuchte sich zu erinnern, wann sie eingeschlafen war, aber es gelang ihr nicht. Fenster und Tür standen noch offen, trotzdem rührte sich die Luft nicht. Stille umgab sie, der Generator schien noch immer kaputt zu sein. Ihr Mund und ihre Kehle fühlten sich trocken an, und sie stand auf, um nach einer Wasserflasche zu suchen, obwohl sie wusste, dass keine da war. Sie ging ins Bad, dann zog sie sich an und verließ das Zimmer.
    Der Himmel leuchtete, ein silbergraues Gewölbe, das weiße Wolkenbänder durchzogen. In einem Baum saß ein kleiner Reiher und flog davon, als Megan quer über den Platz auf die Küchenbaracke zuging. Die Tür war verschlossen, aber dank Carla wusste Megan, wo der Schlüssel lag, und holte ihn aus dem Spalt zwischen zwei Brettern.
    In der Küche trank sie kalten Tee und aß eine Orange. Der schwarze Eisenherd, die Hebel und Schläuche und Gasflaschen wirkten bedrohlich, deshalb kochte sie kein Wasser für Kaffee und briet sich kein Ei. Sie schnitt zwei Scheiben Brot von einem Laib, bestrich sie mit Butter und streute Zucker darauf. Damit und dem Teekrug und einem Glas ging sie hinaus, sperrte die Tür zu und legte den Schlüssel zurück ins Versteck. Während sie die Brote aß, fuhr am anderen Ende des Platzes Miguel auf einem Mofa vorbei, die Ladefläche des Anhängers voller Gasflaschen. Sie stand auf und winkte, aber er bemerkte

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