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Auf den Inseln des letzten Lichts

Auf den Inseln des letzten Lichts

Titel: Auf den Inseln des letzten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Lappert
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in der Hitze zusammenzog. Ihr fiel nichts ein, was sie hätte sagen können, und sie hoffte, Nancy würde in der Stille nicht wieder anfangen zu weinen. Sie hätte gerne gewusst, warum Ester gegangen war, ohne ihr etwas zu sagen, aber dann fand sie, sie mache sich zu viele Gedanken. Hier bewegte sich jeder auf seinen eigenen Wegen, zu eigenen Zeiten. Außer Tanvir war niemand besonders gesprächig, als müssten alle auf dieser Insel das Geheimnis ihrer Geschichte bewahren. Eine Geschichte, davon war Megan überzeugt, die so profan war wie ihre eigene: eine Scheidung; die Aussicht, gut zu verdienen; eine zufällige Begegnung; eine Stelle im Ausland, um die man sich nie beworben hatte.
    »Wie nannten Sie meinen Hund?«, fragte Nancy plötzlich, und ihre Stimme klang wieder so fest wie immer.
    Megan tauchte aus ihrem Dämmerzustand auf und sah die Frau an, die ihr im ersten Moment vorkam wie ein bleicher Geist in einem verblassenden Traum.
    »Odin«, antwortete sie, nachdem ihr der Name wieder eingefallen war. »Torben Raske nannte ihn so.«
    »Ach, der.« Nancy machte eine abfällige Handbewegung. »Er hat mir den Hund besorgt. In Manila. Er nannte ihn so. Odin.« Sie stieß verächtlich Luft aus. »Sehen Sie ihn sich an.« Sie drehte den Kopf zu dem schlafenden Tier. »Sieht er etwa aus wie ein nordischer Gott?«
    »Nicht wirklich.«
    »Er ist er selber. Himself.«
    Megan nickte.
    Eine Weile betrachteten sie den Hund wie ein großes Mysterium. Megan fragte sich, ob Raske das Tier fotografieren würde, wenn es tot wäre, um es in seine Sammlung einzureihen.
    »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich mich jetzt gerne hinlegen«, sagte Nancy. Sie rutschte auf dem Sessel nach vorne und tastete mit den Füßen nach den Pantoffeln.
    Megan hängte den Stoffbeutel an die Schulter und erhob sich eilig. »Natürlich«, sagte sie und half der Frau beim Aufstehen.
    »Danke, Liebes.« Nancy ließ sich einen Moment von Megan stützen,als müsste sie sich erst daran gewöhnen, aufrecht zu stehen. Dann ging sie zur Kommode, griff nach dem Spiegel und betrachtete ihr Gesicht darin. »Du lieber Gott!«, rief sie und hielt sich die Hand vor den offenen Mund. »Ich sehe ja furchtbar aus!«
    »Ach was. Überhaupt nicht.« Megan trug den Stuhl zu der Stelle zurück, von der sie ihn weggenommen hatte.
    Nancy drehte sich um und sah Megan an, als habe sie bereits vergessen, dass sie nicht alleine war. »Furchtbar«, sagte sie energisch. »Bitte gehen Sie.«
    »Soll ich Ihnen nicht nach oben helfen?«
    »Ich lege mich hier unten hin. Auf das Sofa.« Nancy fuchtelte mit dem Handspiegel, dessen Griff und Rahmen verziert und vergoldet waren. »Bitte gehen Sie jetzt.«
    Megan überlegte, wie sie die unangenehme Situation entkrampfen könnte, sagte dann aber nur: »Auf Wiedersehen«, drehte sich um und verließ das Zimmer.
    Draußen setzte sie sich kurz auf die Treppenstufen, bevor sie zur Wiese ging, wo Chester und Wesley in ihren Hängematten schliefen. Ruben saß dösend im Schatten eines Baumes, ein Blatt Papier auf den Beinen und einen Stift in der schlaffen, offen im Gras ruhenden Hand. Statt die drei zu wecken, beschloss Megan, einfach für einen Augenblick ruhig dazustehen und zu versuchen, die friedliche Stille dieser Szene zu genießen, doch alles, was sie spürte, war ein Gefühl der Verlassenheit. Sie widerstand der Versuchung, das Blatt an sich zu nehmen und zu lesen, was Ruben geschrieben hatte, berührte stattdessen Chesters Hand und ging dann weg.
     
    Das Meer lag ruhig vor ihr, eine blaugrüne Fläche, auf der Sonnenlicht trieb. Als sie tauchte und das warme Wasser sie umhüllte, spürte sie ein Glück, von dem sie wusste, dass es flüchtig und so wenig greifbar war wie die winzigen blau und silbrig blitzenden Fische, die erst verschwanden, wenn sie ihnen ganz nahe kam. Sie schwamm weit hinaus und musste sich irgendwann dazu zwingen, umzukehren. Hob sie den Kopf, sah sie den hellen Sandstreifen und das Grün der Bäume und Palmen und über allem den gleißenden Himmel. Am Ufer ließ sie sich von den Wellen schaukelnund blieb so lange im Wasser, bis die Haut an ihren Fingerkuppen weiß geworden war.
    Dann legte sie sich in den Sand und schloss die Augen. An diesem Abend wollte sie mit niemandem reden, keine Fragen stellen und keine Antworten hören. Sie versuchte, an nichts zu denken, und irgendwann schlief sie ein.

 
    7
     
    Die Zeit des Monsuns kam früh. Megan erwachte am Morgen, und dann regnete es monatelang. Wenn das

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