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Auf den Inseln des letzten Lichts

Auf den Inseln des letzten Lichts

Titel: Auf den Inseln des letzten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Lappert
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Leben auf der Insel bisher ein ruhiger Fluss gewesen war, war es jetzt ein See, flach und unbewegt. Während die Welt um sie herum zu versinken schien, saß sie in ihrer Unterkunft und schrieb. Sie hatte sich einen Vorrat an Papier angelegt, damit sie das Zimmer nur selten verlassen musste. Am Morgen ging sie unter einem großen gelben Schirm zur Küchenbaracke, um zu frühstücken. Meistens war sie alleine, und es gefiel ihr, nicht reden zu müssen oder zuzuhören. Abends aß sie mit denen, die da waren. Oft blieb sie tagelang in ihrem Zimmer, arbeitete und las. Im Raum neben der Vorratskammer, zwischen Brennholz und Kokosnussschalen, hatte sie einen Teil der Bücher gefunden, die während des Wirbelsturms beschädigt worden waren; unter den vielleicht fünfzig befand sich nicht eines, das sie kannte, geschweige denn gelesen hatte. Der Dieselgenerator konnte nicht mehr repariert werden, und so verbrachte sie die dunklen Stunden im Schein der Petroleumlampe. Es kam vor, dass sie sogar am Tag Licht machen musste, um zu tippen oder die Buchstaben auf den gelben, gewellten Seiten zu erkennen. Das Prasseln des Regens wurde irgendwann zu Stille, zu weißem Lärm, der alles übertönte, indem er es schluckte.
     
    Carla hatte den richtigen Zeitpunkt, von der Insel zu gehen, verpasst und beschlossen, bis zum Ende der Regenzeit zu bleiben. Um nicht an Langeweile zu sterben, begann sie Quilts zu nähen, wofür sie jeden Winkel der Station nach Stoffresten absuchte und sogar angeschwemmte Fetzen von Kleidungsstücken, Rettungswesten und Signalflaggen benutzte. Malpass schien auch nicht mehr an eine baldige Abreise zu denken. Er ließ sichimmer seltener blicken, und wenn er doch einmal in der Küchenbaracke auftauchte, war er noch verschlossener und mürrischer als früher. Aus irgendeinem Grund zeigte Rosalinda ihm die kalte Schulter, was ihn völlig aus der Bahn warf und dazu führte, dass er erst bleich und dann durchsichtig wurde, als verwandelte er sich in seinen eigenen Geist.
    Was Raske tat, wusste Megan nicht. Sie vermutete, dass er die Zeit damit verbrachte, entweder in seinem Haus zu sitzen oder mit dem Schiff zum Festland zu fahren. Ein paarmal hatte sie sich vorgenommen, ihn zu fragen, ob sie ihn begleiten dürfe, sich dann aber wieder auf das Schreiben konzentriert und dem schläfrigen, alles beherrschenden Rhythmus des Regens überlassen. Die Liste der Dinge, die sie zu brauchen glaubte, hatte sie irgendwann weggeworfen. In einem der Räume im Laborgebäude standen Kartons, aus denen man sich mit Duschgel, Shampoo, Tampons, Zahnpasta, Batterien, Kaugummi und anderen scheinbar unentbehrlichen Konsumgütern eindecken konnte. Manchmal lagen in der Küchenbaracke Zeitungen herum, aber Megan hatte schon lange aufgehört, sie zu lesen. In der Abgeschiedenheit der Insel kamen ihr die bunt bebilderten Meldungen zum misslichen Zustand der Welt noch irrwitziger vor, die Möglichkeiten, etwas zu verändern, noch geringer. Sie wollte sich nicht mehr auf dem Laufenden halten, nicht mehr gefüttert werden mit dem Brei aus immer gleichen Neuigkeiten, von dem ihr schlecht wurde und der sie wütend machte, fassungslos und ohnmächtig. Sie wollte nicht mehr über ein gesunkenes Flüchtlingsboot aus Afrika lesen und dann weiterblättern zu einem Artikel, in dem es um ein Rennen von millionenteuren Hochseejachten ging, als passierten beide Ereignisse auf verschiedenen Planeten und als sei keiner davon die Erde, auf der sie, Megan O Flynn, lebte.
    Sie hatte im Raum 2 im Laborgebäude eine Praxis eingerichtet, aber nicht viel zu tun. Wesleys Bruch war verheilt, und Nelsons Untersuchungsergebnisse gaben ebenso wenig Anlass zur Besorgnis wie Chesters leicht erhöhte Blutfettwerte. Auch die menschlichen Patienten hielten sie nicht sonderlich auf Trab. Ester trat sich einen Dorn in die Fußsohle, Rosalinda schnitt sich in den Finger, Carla holte sich eine Erkältung, Miguel wurde von mehreren Wespen gestochen, Jay Jay fiel ein Backstein auf den Zeh. Sogar Malpass tauchte bei ihr auf und klagte übereine schmerzende Schulter, chronisches Sodbrennen und das Wetter. Sie gab ihm eine Salbe, Tabletten und den Rat, sich mit irgendetwas zu beschäftigen. Als er ging, glaubte sie zu ahnen, er habe sich von dem Besuch bei ihr mehr erhofft; eine heilende Hand, tröstende Worte, womöglich eine Notoperation an seinem beschädigten Herzen, das er mit keiner Silbe erwähnt hatte.
    Raske hatte den Behandlungsraum nur einmal betreten, nämlich an dem

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