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Auf den Inseln des letzten Lichts

Auf den Inseln des letzten Lichts

Titel: Auf den Inseln des letzten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Lappert
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Drei Männer, einer von ihnen Ihr Freund, der mich niedergeschlagen hat und angeblich nie auf diese Insel kommt. Haben sich mit Miguel und Jay Jay getroffen und Kisten zu ihrem Boot geschleppt.«
    Tanvir bemühte sich vergeblich, seine Verblüffung zu verbergen. »Vorletzte Nacht, sagen Sie?«
    »Oder die Nacht davor. Die Zeiten der Zeitmessung sind auch für mich vorbei.«
    Tanvir lachte schnaubend. »Sehr gut.« Er trank einen Schluck Gin. »Nun, ich weiß, von welcher Aktion Sie sprechen. Das war eine Lieferung. Ich habe Ihnen davon erzählt. Die Männer bringen Lebensmittel, Dieseltreibstoff, was wir so brauchen.«
    »Mitten in der Nacht.«
    »Das Meer ist nachts oft sehr viel ruhiger als tagsüber.«
    »Und was nehmen die in den Kisten mit? Kokosnüsse?«
    »Die Kisten sind leer und für die nächste Lieferung bestimmt.«
    Tobey lachte auf. »Was für ein Haufen Scheiße!«, rief er, nahm das Bein vom Bett und erhob sich. Der Schmerz, als er den Fuß belastete, war höllisch, Tränen schossen ihm in die Augen.
    Tanvir drückte sich erschrocken ins Kissen. »Bitte?«
    Tobey griff nach den Krücken und stützte sich auf sie. »In den Kisten sind Drogen!«, brüllte er. »Ihre Scheißpillen sind da drin! Ich war im Bunker, Mann!« Er schwang einen Krückstock und traf das Fliegengitter, Falter stoben auf. »Was glauben Sie, warum Chester so ausgeflippt ist? Das war eine Ihrer verfluchten Pillen, Sie Arschloch!«
    Tanvir starrte Tobey mit aufgerissenen Augen an.
    »Da sind Sie platt, was? Und Sie sitzen da und erzählen mir diese Scheiße von Montgomery und was für ein guter Mensch Sie sind!«
    Im Fliegengitter war ein Loch, kleine Falter flogen hindurch und wirbelten durch den Raum, warfen Schatten an Wände und Decke, wenn sie die Glühbirne umkreisten. Tobey hätte den Vorhang ziehen können, ein schwarzes verwaschenes Stück Stoff an einer Schnur, aber er ließ es bleiben und setzte sich wieder hin. Der Fuß pochte, und er stellte die Schüssel auf den Boden und tauchte ihn in das Wasser, das noch kalt, aber nicht mehr eisig war. Erst als er saß, merkte er, dass er keuchte.
    »Nun«, sagte Tanvir nach einer Weile, die er gebraucht hatte, um sich von Tobeys Auftritt zu erholen, verstummte dann erneut für mehrere Minuten, trank das Glas leer und füllte es gleich wieder, starrte mit leerem Blick auf das Plakat über Tobey, wischte träge einen Falter vom Ärmel und rieb die Glatze wie eine Wunderlampe, von der er sich keine Wunder mehr erhoffte. »Nun«, sagte er noch einmal. »Wie geht es jetzt weiter?«
    Tobey zuckte nicht einmal mit den Schultern.
    Tanvir stellte die Flasche und das Glas auf den Nachttisch, erhob sich ächzend und zog den Vorhang zu. Dann setzte er sich wieder auf das Bett und versuchte ein paar Falter zu fangen, griff aber nur ins Leere. »Wie es aussieht, haben wir beide keine große Zukunft auf dieser Insel.« Auf diese Erkenntnis trank er einen kräftigen Schluck.
    »Warum haben die Männer Sie geschlagen?«
    Tanvir lachte glucksend. »Na raten Sie mal.«
    »Meinetwegen?«
    »Überrascht es Sie zu hören, dass meine Geschäftspartner Bastarde sind? Gewissenlose Schurken? Mörder?« Tanvir fing einen Falter, zerdrückte ihn in der Faust und wischte die Handfläche am Laken ab. »Ach, und nicht zu vergessen, religiöse Fanatiker.«
    »Und was wollen die von mir?«
    »Sie dürfen noch mal raten.«
    Tobey dachte nach, nur eine Sekunde, dann breitete sich die Erkenntnis in seinem Schädel aus, und es fühlte sich an wie Kohlensäure, die unter seiner Kopfhaut prickelte und sein Rückgrat hinabrieselte, eiskalt und lähmend. »Du heilige Scheiße…«, murmelte er.
    »Das trifft es ziemlich genau.«
    Tobey saß da und sah einem Falter nach, der unter der Zimmerdecke Kreise zog, als wollte er den Ventilator ermuntern, sich zu drehen. Die Luft war stickig und roch abgestanden. Immer mehr Falter, Motten und Mücken kamen durch das Loch; das Flirren erinnerte ihn an die durchsichtigen, mit Wasser gefüllten Plastikkugeln, die man schüttelte, damit Styroporschnee auf den Eiffelturm oder die Freiheitsstatue fiel.
    »Warum läuft der verdammte Ventilator nicht?«
    »Weil der verdammte Ventilator kaputt ist.«
    »Schon mal an reparieren gedacht?«
    »Nicht einfach, hier einen Elektriker zu finden.«
    »Was ist mit Miguel?«
    »Ja, der ist gut im Aufschrauben von Dingen.«
    »Wenn ich vor ein paar Stunden hier gewesen wäre, hätten Ihre Freunde mich getötet.« Tobey wusste selber nicht, ob das eine

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