Auf den Schwingen des Adlers
nicht in Deutschland runtergehst.«
»Keine Bange«, sagte Carlen, »wir fliegen London Heathrow an.«
Perot begab sich in die Kabine zurück, um den anderen Mitteilung zu machen. Carlen setzte sich mit dem Londoner Kontrollturm in Verbindung. Es war ein Uhr morgens, und Heathrow war geschlossen. Dies sei ein Notfall, erklärte er, woraufhin ihm die Landeerlaubnis erteilt wurde.
Paul konnte es kaum fassen. Nach allem, was sie schon durchgemacht hatten, nun auch noch eine Notlandung!
Ken Lenz fing an, Treibstoff abzulassen, um unter das maximale Aufsetzgewicht zu kommen.
London meldete Carlen, daß Südengland im Nebel läge und die Sichthöhe über Heathrow achthundert Meter betrüge.
Als Ken Lenz die Treibstoffventile schloß, brannte ein rotes Licht weiter, das hätte ausgehen sollen. »Ein Ventilzug hat sich verklemmt«, sagte Lenz.
»Nicht zu fassen«, meinte Paul. Er zündete sich eine Zigarette an.
Carlen fragte: »Paul, gibst du mir bitte auch eine?«
Paul starrte ihn an. »Du hast mir doch erzählt, du hättest schon vor zehn Jahren das Rauchen aufgegeben.«
»Nun gib schon eine her, ja?«
Paul gab ihm eine und sagte: »Jetzt krieg ich’s wirklich mit der Angst zu tun.«
Paul ging in die Kabine. Dort hielten die Stewardessen zur Landevorbereitung jedermann dazu an, Tabletts, Flaschen und Gepäck zu verstauen und alles, was nicht niet- und nagelfest war, zu sichern.
Paul ging ins Schlafzimmer. Simons lag auf dem Bett. Er hatte sich mit kaltem Wasser rasiert, und jetzt war sein Gesicht mit Heftpflastern übersät. Er schlief fest.
Paul ging wieder hinaus und fragte Jay Coburn: »Weiß Simons, was los ist?«
»Klar weiß er das«, gab Coburn zurück. »Er sagte, er wisse nicht, wie man ein Flugzeug steuert, und da er ohnehin nichts tun könne, wolle er ein Nickerchen machen.«
Paul schüttelte verwundert den Kopf und kehrte wieder in die Kanzel zurück. Carlen war gelassen wie eh und je, seine Stimme ruhig, seine Hände zitterten nicht.
Zwei Minuten später ging das rote Licht aus. Der Ventilzug funktionierte wieder.
Durch dichte Wolken näherten sie sich Heathrow und verloren stetig an Höhe. Paul behielt den Höhenmesser im Auge. Als er zunächst auf sechshundert und dann bald auf fünfhundert Fuß hinunterging, war draußen nochimmer nichts anderes als wirbelnder grauer Nebel zu sehen.
Bei dreihundert Fuß Höhe das gleiche. Dann tauchten sie plötzlich unter der Wolke weg, und direkt vor ihnen lag die Landebahn, hell erleuchtet wie ein Weihnachtsbaum. Paul stieß einen Seufzer der Erleichterung aus.
Sie setzten auf. Heulend rasten Feuerwehr und Krankenwagen über die Rollbahn auf das Flugzeug zu, aber die Landung ging vollkommen glatt vonstatten.
*
Raschid kannte Ross Perot schon seit Jahren vom Hörensagen. Perot war Multimillionär, der Gründer von EDS, in Geschäften ein Hexenmeister, der Mann, der in Dallas saß und Männer wie Coburn und Sculley durch die Welt jagte wie Figuren über ein Schachbrett. Es war also schon ein Erlebnis für Raschid gewesen, Mr. Perot kennenzulernen und dabei festzustellen, daß er wie ein ganz normaler Mensch aussah. Nur ziemlich klein war er und erstaunlich freundlich.
Als Raschid das Hotelzimmer in Istanbul betrat, hatte dieser Zwerg mit dem breiten Lächeln und der schiefen Nase seine Hand ausgestreckt und gesagt: »Hallo, ich bin Ross Perot«, und Raschid hatte die Hand geschüttelt und gesagt: »Hallo, ich bin Raschid Kazemi«, als sei es die natürlichste Sache von der Welt.
Von diesem Moment an hatte er sich stärker denn je zum EDS-Team gehörig gefühlt. Auf dem Flughafen Heathrow wurde er jedoch jäh daran erinnert, daß dem nicht so war.
Sobald die Maschine zum Stehen kam, stieg eine ganze Wagenladung von Flughafenpolizisten, Zöllnern und Beamten der Einwanderungsbehörde an Bord und fing an, Fragen zu stellen. Was sie da sahen, gefiel ihnen gar nicht: ein Haufen dreckiger, abgerissener, übelriechender,unrasierter Männer, die ein Vermögen in unterschiedlichen Währungen bei sich hatten – und das alles an Bord eines geradezu unglaublich luxuriösen Flugzeugs mit einer Kennziffer der Grand-Cayman-Inseln am Heck. Dies sei, so meinten sie in typisch britischem Understatement, höchst ungewöhnlich.
Nach einer einstündigen Befragung jedoch fanden sie keinen Anhaltspunkt dafür, daß die EDS-Männer Rauschgiftschmuggler, Terroristen oder PLO-Angehörige waren. Und da sie im Besitz amerikanischer Pässe waren, brauchten sie weder Visa
Weitere Kostenlose Bücher