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Auf den Schwingen des Adlers

Auf den Schwingen des Adlers

Titel: Auf den Schwingen des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Stock verbreitete, der eine oder andere seiner Topmanager zu Perot gekommen, um ihm zu sagen, daß eine Befreiung leichtsinnig und gefährlich sei und daß er sie sich aus dem Kopf schlagen solle.»Zerbrecht euch nicht den Kopf darüber«, hatte Perot ihnen gesagt. »Kümmert euch lieber um euren eigenen Kram.«
    Tom Luce war wie immer sehr laut. Mit drohend gerunzelter Stirn und einem Gebaren, mit dem er vor jedem Gericht Ehre eingelegt hätte, trug er seinen Fall vor, als gehe es ihm darum, Geschworene zu überzeugen.
    »Ich kann dich nur juristisch beraten, aber ich muß dir sagen, daß diese Befreiungsaktion noch viel mehr und viel schlimmere Probleme nach sich zieht, als du jetzt schon am Hals hast. Verdammt noch mal, Ross, ich kann dir doch keine Liste aller Gesetze aufstellen, gegen die du dabei verstößt!«
    »Versuch’s doch«, sagte Perot.
    »Du stellst eine Söldnertruppe auf – das ist nicht nur hier, sondern auch im Iran und in jedem anderen Land auf dem Weg dorthin illegal. Ganz egal, wo sie hingehen, überall können sie dafür bestraft werden, und am Ende sitzen womöglich zehn und nicht nur zwei deiner Männer hinter Gittern. Aber das ist noch nicht einmal das Schlimmste: Deine Männer sind in einer viel gefährlicheren Situation als Soldaten in einer Schlacht – die Genfer Konvention und die internationalen Abkommen gelten doch nur für uniformierte Soldaten und nicht für ein solches Rettungskommando. Wenn die Iraner sie erwischen, Ross, dann erschießen sie sie einfach! Werden sie in irgendeinem anderen Land erwischt, das mit dem Iran ein Auslieferungsabkommen hat, dann werden sie zurückgeschickt und auch erschossen. Dann hast du statt zweier unschuldiger Mitarbeiter im Gefängnis acht schuldige Mitarbeiter, die tot sind. Und wenn das passiert, dann rücken dir die Hinterbliebenen auf den Pelz – verständlich, denn dann wird die ganze Geschichte nur noch hirnverbrannt aussehen. Die Witwen werden gegen EDS Klagen auf riesige Abfindungen einbringen. Sie können die Firma glatt ruinieren. Denk nur an die zehntausend Menschen, die dann ohne Job dastehen. Und denk einmal andich selbst, Ross – du kannst sogar selber belangt werden und im Gefängnis landen.«
    »Ich weiß deinen Rat zu schätzen«, sagte Perot gelassen.
    Luce starrte ihn an. »Aber was ich sage, kommt nicht bei dir an, oder?«
    Perot lächelte. »Doch. Aber wenn du dich dein Leben lang ängstlich fragen willst, was alles passieren könnte, dann bist du bald so weit, daß du überhaupt nichts mehr tust.«
    *
    Was Luce nicht wußte: Ross Perot war einfach ein Glückspilz. Sein Leben lang hatte er immer nur Glück gehabt.
    Als Zwölfjähriger hatte er im armen Schwarzenviertel von Texarcana Zeitungen ausgetragen. Die Texarcana Gazette kostete damals fünfundzwanzig Cents pro Woche, und sonntags, wenn er das Geld kassierte, hatte er am Ende vierzig oder fünfzig Dollar in Vierteldollarmünzen in seinem Portemonnaie. Und jeden Sonntag versuchte irgendein armer Teufel, der seinen Wochenlohn in der Nacht zuvor in einer Bar auf den Kopf gehauen hatte, dem kleinen Ross irgendwo unterwegs das Geld abzujagen. Das war auch der Grund, warum in dieser Gegend kein anderer die Zeitungen austragen wollte. Aber Ross fürchtete sich nie. Er ritt zu Pferde, die Überfälle wurden nie mit sonderlicher Entschiedenheit ausgeführt, und er hatte Glück. Nicht ein einziges Mal verlor er sein Geld.
    Er hatte wiederum Glück, als er an der Marineakademie in Annapolis aufgenommen wurde. Bewerbungen mußten von einem Senator oder einem Kongreßabgeordneten unterstützt werden, und die Familie Perot verfügte nicht über die nötigen Verbindungen. Der junge Ross hatte noch nie in seinem Leben das Meer gesehen – seine weiteste Reise hatte ihn ins zweihundertfünfzig Kilometer entfernte Dallas geführt.
    Aber in Texarcana gab es einen jungen Mann namens Josh Morris junior, der in Annapolis gewesen war und viel darüber erzählt hatte, und Ross fraß einen Narren an der Marine, ohne je ein Schiff gesehen zu haben. Also schrieb er unermüdlich an die verschiedensten Senatoren und bemühte sich um deren Unterstützung. Und er hatte Erfolg – wie er auch später noch manches Mal Erfolg haben sollte –, weil er einfach zu dumm war einzusehen, daß er Unmögliches versuchte.
    Erst viele Jahre später fand er heraus, wie es passiert war. Eines schönen Tages im Jahre 1949 räumte Senator W. Lee O’Daniel seinen Schreibtisch auf: Seine Amtszeit war zu Ende, und

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