Auf den Schwingen des Adlers
Sullivan vermochte nicht die gleiche Begeisterung für Huysers Mission aufzubringen. Dutch Huyser, unter Haig stellvertretender Kommandant der amerikanischen Streitkräfte in Europa, war am Vortag eingetroffen, um die iranischen Generäle dazu zu überreden, die neue Regierung Bakhtiar in Teheran zu unterstützen. Sullivan kannte Huyser. Er war ein guter Soldat, aber kein Diplomat. Er sprach weder Farsi noch kannte er den Iran. Doch selbst, wenn er alle nötigen Qualifikationen besessen hätte: Seine Aufgabe war hoffnungslos. Der Regierung Bakhtiar war es nicht einmal gelungen, sich der Unterstützung der gemäßigten Kräfte zu versichern, und Schahpur Bakhtiar selbst war aus der moderaten Nationalen Front ausgestoßen worden, nur weil er der Aufforderung des Schahs, eine neue Regierung zu bilden, nachgekommen war. In der Zwischenzeit wurde die Armee, die Huyser vergebens versuchte, auf Bakhtiar einzustimmen, durch die Desertion Tausender von Soldaten, die sich den revolutionären Massen anschlossen, immer mehr geschwächt. Das höchste, was sich Huyser erhoffen konnte, war, die Streitkräfte ein wenig länger beisammenzuhalten, während Eliot in Paris die friedliche Rückkehr des Ayatollah vorbereitete.
Sollte sie gelingen, so wäre dies ein großartiger Erfolg für Sullivan gewesen, eine Leistung, auf die jeder Diplomat sein Leben lang mit Stolz würde zurückblickenkönnen: Sein Plan hätte die Stellung seines Landes verbessert und außerdem noch Menschenleben gerettet.
Kurz bevor er einschlief, quälte ihn nur eine einzige Sorge: Die Eliot-Mission, in die er so große Hoffnungen setzte, kam aus dem Außenministerium und wurde in Washington mit Außenminister Vance identifiziert. Die Huyser-Mission entsprang einer Idee von Zbigniew Brzezinski, dem Nationalen Sicherheitsberater. Die Feindschaft zwischen Vance und Brzezinski war schon sprichwörtlich. Und gerade jetzt befand sich Brzezinski, nach dem Gipfeltreffen auf Guadeloupe, mit Präsident Carter in der Karibik beim Hochseefischen. Was würde Brzezinski seinem Präsidenten einflüstern, während ihr Boot über die klare, blaue See glitt?
Das Telefon weckte Sullivan in den frühen Morgenstunden. Am Apparat war der wachhabende Offizier, der aus dem Kommunikationsbunker gleich nebenan anrief. Aus Washington sei ein dringendes Fernschreiben gekommen, ob der Botschafter es sofort lesen wolle?
Sullivan erhob sich und ging voll böser Vorahnungen zum Botschaftsgebäude hinüber.
Das Fernschreiben besagte, Eliots Mission sei abgeblasen worden.
Die Entscheidung kam vom Präsidenten selbst. Auf Sullivans Kommentare zu dieser Änderung der Pläne lege man keinen Wert. Er wurde angewiesen, dem Schah mitzuteilen, daß die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika nicht mehr die Absicht hege, mit dem Ayatollah Khomeini Gespräche zu führen.
Sullivan war zutiefst erschüttert.
Das war das Ende des amerikanischen Einflusses im Iran. Gleichzeitig bedeutete es, daß Sullivan selbst um die Chance gekommen war, sich als Botschafter hervorzutun, indem er einen blutigen Bürgerkrieg verhinderte.
Er sandte eine ärgerliche Nachricht an Vance, in der er ihm mitteilte, daß der Präsident einen groben Fehlerbegehe und sich die Angelegenheit noch einmal überlegen möge, dann ging er wieder ins Bett, ohne jedoch wieder einschlafen zu können.
Am Vormittag wurde ihm in einem zweiten Fernschreiben mitgeteilt, daß der Präsident zu seiner Entscheidung stehe.
Resigniert machte Sullivan sich auf den Weg hinauf zum Palast.
Der Schah wirkte an diesem Morgen angespannt und erschöpft. Er und Sullivan setzten sich und nahmen die obligatorische Tasse Tee zu sich. Dann teilte Sullivan ihm mit, daß Präsident Carter die Eliot-Mission abgeblasen hatte.
Der Schah war aufgebracht. »Aber warum denn das?« fragte er erregt.
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Sullivan.
»Aber wie wollen Sie diese Leute beeinflussen, wenn Sie nicht einmal mit Ihnen reden?«
»Ich weiß es nicht.«
»Und was hat man in Washington nun vor?« fragte der Schah und hob die Arme in einer Geste der Verzweiflung.
»Ich weiß es nicht«, sagte Sullivan.
*
»Ross, das ist total idiotisch«, sagte Tom Luce heftig. »Du machst nicht nur die Firma, sondern auch dich selbst kaputt.«
Perot musterte seinen Rechtsanwalt. Sie saßen in Perots Büro, die Tür war geschlossen.
Luce war nicht der erste, der das sagte. Des öfteren war während der vergangenen Woche, in der sich die Nachricht langsam im sechsten
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