Auf den Schwingen des Adlers
er kandidierte nicht wieder. Einer seiner Mitarbeiter sagte: »Senator, da gibt es noch einen unbesetzten Platz an der Marineakademie.«
»Will ihn jemand haben?« fragte der Senator.
»Nun ja, da ist dieser Junge aus Texarcana, der sich seit Jahren darum bemüht ...«
»Dann geben Sie ihm den Platz«, erwiderte der Senator.
Nach der Version, die Perot von der Geschichte schließlich zu Ohren kam, wurde sein Name während dieses Gesprächs kein einziges Mal erwähnt.
Und Glück hatte er auch, als er für die Gründung von EDS gerade den richtigen Zeitpunkt traf. Als Außendienstmitarbeiter für IBM-Computer fiel ihm auf, daß seine Kunden die Maschinen, die er ihnen verkaufte, nicht immer optimal ausnutzten. Datenverarbeitung war eine neue, höchst spezialisierte Tätigkeit. Die Stärke der Banken lag im Geld- und Kreditwesen, Versicherungsgesellschaften verstanden sich auf Versicherungen, Fabrikanten auf die Herstellung der Geräte – und Computerfachleute auf Datenverarbeitung. Der Kunde war nicht so sehr an der Maschine, als vielmehr an den schnell verfügbaren, preiswerten Informationen interessiert, die sie bot. Dennoch verwendete er noch immer allzuoft allzuviel Zeit auf die Einrichtung seiner EDV-Abteilung und die Bedienungseines Computers, der ihm auf diese Weise oft mehr Ärger und Kosten einbrachte als ersparte. Perot kam auf die Idee, eine komplette Einheit zu verkaufen, eine vollständige Datenverarbeitungsabteilung samt Computern, Software und Personal. Der Kunde brauchte ihm lediglich klipp und klar zu sagen, welche Informationen er haben wollte, und EDS würde ihn damit versorgen. Dann konnte er sich wieder dem zuwenden, was seine eigentliche Aufgabe war – Geldtransfer, Versicherungen oder Produktion.
IBM erteilte Perot eine Abfuhr. Das Konzept war gut, doch der Profit würde sich in engen Grenzen halten. Von jedem einzelnen Dollar, der für die Datenverarbeitung ausgegeben wurde, entfielen achtzig Cent auf die Hardware – die Maschinen – und nur zwanzig Cent auf die Software, auf das, was Perot verkaufen wollte. IBM hatte keine Lust, auf dem Bauche kriechend unter dem Tisch nach Pfennigen zu suchen.
Also hob Perot tausend Dollar von seinem Sparkonto ab und machte sich selbständig. Im Laufe der nächsten zehn Jahre änderten sich die Proportionen dergestalt, daß die Software siebzig Cent jedes für Datenverarbeitung ausgegebenen Dollars ausmachte, und Perot wurde einer der reichsten Selfmademen der Welt.
Der Aufsichtsratsvorsitzende von IBM, Tom Watson, traf Perot eines Tages in einem Restaurant und fragte ihn: »Eins würde ich ja gerne wissen, Ross. Haben Sie damals schon vorausgesehen, daß sich das Verhältnis so ändern würde?«
»Nein«, antwortete Perot. »Die zwanzig Cent kamen mir gut genug vor.«
Ja, er hatte Glück. Doch Glück alleine genügte nicht. Man mußte dem Glück ein Betätigungsfeld bieten. Ängstlich hinter dem Ofen zu sitzen, führte zu nichts. Nur wenn man Risiken auf sich nahm, bot sich einem überhaupt die Chance, Glück zu haben. Und Ross Perot war sein Leben lang Risiken eingegangen.
Das Risiko, mit dem er sich jetzt konfrontiert sah, war nur zufällig das bisher größte.
Merv Stauffer kam herein. »Können wir gehen?« fragte er.
»Ja.«
Perot stand auf, und die beiden Männer verließen das Büro. Sie fuhren mit dem Aufzug hinunter und stiegen in Stauffers Wagen, einen nagelneuen, viertürigen Lincoln Versailles. Im Innern stank es nach Simons’ Zigarillos.
»Er wartet schon auf dich«, sagte Stauffer.
»Gut.«
Perots Ölfirma Petrus residierte im Nachbargebäude an der Forest Lane. Merv hatte zuerst Simons dorthin gefahren und holte nun Perot ab. Nach dem Treffen würde er Perot zuerst zu EDS zurückfahren und dann erst Simons abholen. Sinn dieser Übung war, das Treffen geheimzuhalten: Simons und Perot sollten so wenig wie möglich zusammen gesehen werden.
In den vergangenen sechs Tagen, während Simons und die Rettungsmannschaft draußen am Lake Grapevine für ihre eigene Unterhaltung gesorgt hatten, waren die Aussichten auf eine legale Befreiung der beiden Inhaftierten rapide gesunken. Kissinger, der bei Ardeschir Zahedi nichts erreicht hatte, konnte ihnen nicht mehr weiterhelfen. Tom Luce hatte jeden einzelnen der vierundzwanzig texanischen Kongreßabgeordneten angerufen, beide Senatoren des Staates und jedermann in Washington, der ihm zuhören wollte. Alles, was dabei herauskam, war, daß die Politiker im Außenministerium anriefen, um
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