Auf Den Schwingen Des Boesen
fast bewusstlos wurde.
»Es hätte mir nicht so leicht fallen dürfen, dich zu überwältigen«, sagte sie und analysierte mit unerbittlichem Blick meine Furcht. »Ich wollte mit meiner Meinung über dich nicht Recht behalten.«
Ich wollte auch nicht, dass sie Recht behielt. Macht ließ meine Haut erbeben und meine Hände glühend heiß werden. Ich packte Avas Handgelenk und verbrannte ihre Haut. Sie fauchte und fluchte, ließ mich aber nicht los. Ich trat ihr in den Bauch und stampfte hoch bis zur Brust, bis ich eine schnelle Wendung vollzogen hatte und mich befreien konnte. Sie taumelte zurück, und ich landete auf dem Boden, worauf ich ihr gegen die Schienbeine trat, bis sie sich nicht mehr halten konnte und auf den Rücken sackte. Ich warf mich auf sie und holte aus, um ihr eins auf die Nase zu geben.
Sie hielt die Hände hoch. »Hör auf! Hör auf! Geh von mir runter.«
Zögernd starrte ich ihr in die Augen, deren Farbe verblasste, bis ich zufrieden war. Ich stand auf und sah Will an. Er lächelte, und sein Blick war voller Stolz.
Ava rappelte sich hoch. »Wie konntest du mich so verbrennen?«
Ihr vorwurfsvoller Tonfall verblüffte mich. »Ich – es war das Engelsfeuer. Ich kann damit meine Macht entflammen. Ich hab das schon einmal bei einem bärenhaften Reaper gemacht. Es war aber ein Dämonischer.« Ich dachte an meinen letzten Kampf gegen Ragnuk. Als er mir den Kopf abbeißen wollte, hatte ich meine Macht genutzt, um ihm das halbe Gesicht wegzubrennen. Anscheinend hatte ich gerade noch einmal das Gleiche gemacht. Handelte es sich bei dieser geheimnisvollen Energie tatsächlich um Engelsfeuer, oder war es etwas anderes?
»Du solltest nicht zu so etwas imstande sein«, sagte Ava mit angsterfüllter Stimme.
Ich wollte antworten, doch Will kam mir zuvor. »Sie ist ein Erzengel und hat Macht über das Engelsfeuer.«
Ava zog ein finsteres Gesicht. »Aber es steckt doch nur in den Schwertern. Wie kann sie ihre Macht in Engelsfeuer umwandeln und dadurch stärker werden? Nicht dass ich mich beschweren wollte. Sicher ist es sehr nützlich beim Kampf gegen ihre Feinde.«
»Es ist eine neue Fähigkeit«, räumte Will ein. »Wir wissen nicht genau, was es ist. Auf ihre letzte Reinkarnation mussten wir vierzig Jahre warten, und wir haben keine Ahnung, wie sie sich in dieser Zeit verändert hat. Zumindest weißt du jetzt, dass du sie nicht unterschätzen darfst.« Sein Tonfall und sein Blick machten deutlich, dass seine letzten Worte als Warnung für Ava gedacht waren.
Unwillkürlich fragte ich mich, wie es überhaupt funktionieren konnte. Wenn sie engelhaft war, hätte das Engelsfeuer sie nicht verletzen dürfen. Ich hatte es als letzten Ausweg genutzt. Ava war eine dunkle Schönheit. Was, wenn sie in Wahrheit zu den Dämonischen gehörte? Eine Art Doppelagentin? Will vertraute ihr. Marcus vertraute ihr. Aber ich nicht. Nie und nimmer.
Marcus strahlte mich an. »Gut gemacht, Ellie.«
»Willst du es auch mal versuchen?«, neckte ich ihn und verscheuchte die Gedanken an Avas möglichen Verrat.
»Nein, danke.« Er lachte. »Du hast mir ordentlich Angst eingejagt. Ich kann drauf verzichten, dass du mich wie Ava zu Brei schlägst.«
Bis auf ein minimales, missbilligendes Zucken des rechten Mundwinkels blieb Avas Miene wie versteinert.
»Ich glaube, wir sind hier fertig«, sagte Will. »Ava, Marcus, gehen wir morgen Abend auf Patrouille?«
»Ich kann nicht«, warf ich ein. »Kinoabend. Erinnerst du dich? Ich habe gerade meinen Hausarrest abgesessen, also darf ich mich wieder unters Volk mischen.«
Er seufzte. »Dann am Samstag?«
Ich dachte kurz nach. »Geht auch Sonntag? Kate hat für Samstag eine Party geplant. Ich hab in letzter Zeit kaum was anderes gemacht, als zur Schule zu gehen und Reaper zu jagen. Ich brauche dringend eine Pause.«
Ava starrte mich und Will ungläubig an. »Kinoabend? Partys? Ist das klug?«
»Es ist wichtig, dass Ellie ein halbwegs normales Leben führt«, erklärte Will. »Sonst wird sie unglücklich.«
»Und verrückt«, sagte ich lachend. »Das geht schon. Sind doch nur zwei Abende diese Woche.«
»Du wirst gejagt«, sagte Marcus. »Avas Bedenken sind nicht unberechtigt.«
»Das wissen wir doch gar nicht sicher. Und ich bin ja auch nicht allein. Will ist immer bei mir, wenn ich ausgehe. Mir passiert schon nichts.«
»Ich könnte euch begleiten«, sagte Marcus ein wenig provozierend. »Vielleicht könnt ihr ein bisschen Unterstützung gebrauchen. Ihr wisst schon, falls euch
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