Auf Den Schwingen Des Boesen
hab’s nicht so gemeint.«
»Hast du wohl.«
»Nein, Ellie, wirklich nicht. Es tut mir leid.«
»Du bist so gemein«, sagte ich schniefend und konnte nur mit Mühe ein Lachen unterdrücken. Es gelang mir nicht, ein ernstes Gesicht zu machen.
Er zwinkerte mir zu. »Schauspielerin.«
»Das war nicht gespielt. Ich bin wirklich getroffen. Ich kann nicht fassen, wie du so was sagen kannst.«
»Du weißt, dass ich niemals absichtlich etwas sagen würde, das dich verletzt.«
Ich lehnte mich zurück und blinzelte. »Natürlich nicht.«
Wir bogen in die Auffahrt ein, und Will stellte den Motor ab.
»Soll ich dich etwa auch auf diese Party am Samstag begleiten?«, fragte er.
Sein Versuch, das Thema zu wechseln, war mir nicht entgangen, und auch meine Stimmung schlug plötzlich um. »Ich möchte, dass du dabei bist, und nicht nur, um Wache zu schieben. Du sollst richtig dabei sein. Mit mir.« Nach Auffassung meiner Eltern und Freunde hatten wir Schluss gemacht, doch wir mussten weiterhin so tun, als wären wir noch locker befreundet, obwohl wir niemals nur Freunde sein konnten. Selbst wenn die Welt unterging und die Reaper die letzte menschliche Seele geraubt hätten, würde ich immer noch bis über beide Ohren in ihn verliebt sein. Nichts und niemand konnte das ändern.
Er wandte sich mir wieder zu, aber sein Blick war sanfter geworden. Vielleicht auch ein wenig traurig. »In Ordnung. Ich begleite dich.«
Ich versuchte, ein neutrales Gesicht aufzusetzen, aber sein Blick verriet mir, dass er meine Traurigkeit bemerkte. »Ich vermisse dich. Ich meine, ich hab Sehnsucht nach dir.«
Er sackte ein wenig zusammen und wandte den Blick ab. Er tippte mit den Fingern auf die Mittelkonsole, doch ich wusste nicht, ob er nervös oder unentschlossen war. Seine Augen waren dunkel, und seine Miene wurde zu Stein. Ich hasste es, wenn er sich so abschottete und distanzierte. Wenn er sich mir öffnete, war alles gut, so wie vor ein paar Minuten, als wir miteinander gelacht und uns gegenseitig auf die Schippe genommen hatten. Manche Dinge mussten aber ausgesprochen werden. Wir konnten nicht ständig so tun, als ob alles wunderbar wäre. Jeden Tag brach ein kleiner Splitter von meinem Herzen ab. Wenn wir so weitermachten, würde es nie wieder heil werden. Will hatte mein Herz erobert, und es würde niemals irgendjemand anderem gehören, aber wenn ich nicht versuchte, jeden abgebrochenen Splitter zu bewahren, konnte er für immer verloren gehen. Ich durfte nicht zulassen, dass Will das vergaß. Wenn ich es vergaß, wenn wir beide es vergaßen, dann würde mein Herz niemals wieder ganz werden.
»Ich weiß«, sagte er und stieg ohne ein weiteres Wort aus.
Am nächsten Tag bemerkten meine Freunde, wie still ich war. Besonders Kate. Sie war seit der Grundschule meine beste Freundin, deshalb fiel es ihr sofort auf, wenn mich irgendetwas bedrückte. In der dritten Stunde spürte ich den Vibrationsalarm meines Handys und zog es aus der Tasche. Kate hatte mir von der Nebenreihe aus eine SMS geschickt.
Warum so traurig?
Instinktiv umschloss ich den geflügelten Anhänger, den ich an einer Halskette trug. Stirnrunzelnd starrte ich auf die Nachricht, bevor ich meine Antwort tippte.
Will.
Ich wartete, bis mein Sozialkundelehrer, Mr Johansson, uns den Rücken zuwandte, um weitere Erklärungen auf das Whiteboard zu kritzeln. Das Gequietsche seiner Filzstifte konnte einen in den Wahnsinn treiben. Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, wie Kate sich auf die Lippe biss und unter dem Tisch eine Nachricht eintippte.
Könnt ihr nicht Freunde bleiben?
Nun, das war natürlich nicht unser Problem. Was konnte ich darauf antworten? Was sollte ich darauf antworten? Die Wahrheit? Vielleicht ein kleines Stück davon.
Bin noch verliebt.
Keine Chance, dass ihr wieder zusammenkommt?
Dies war der Punkt, an dem ich lügen musste.
Schlechtes Timing. Er muss viel fürs College lernen und denkt, es würde nicht funktionieren.
Faule Ausrede.
Ich weiß. Erzähl dir später m…
Das Handy wurde mir so schnell aus der Hand gerissen, dass ich vom Stuhl sprang und fast einen Herzinfarkt bekam. Mr Johansson war plötzlich wie aus dem Nichts aufgetaucht und hielt mein Handy zwischen seinen schwitzigen Fingern. Wann hatte er begonnen, zwischen den Tischen umherzugehen? Ich hätte besser aufpassen sollen. Wenn ich nachsitzen musste, würde meine Mom alles andere als begeistert sein, denn ich befand mich noch immer auf dünnem Eis. Das Blut rauschte in meinen Ohren, und
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