Auf den Spuren von Dan Browns Illuminati in Rom
– daher auch ihr Name. Seit damals ist sie, mit nur wenigen Ausnahmen, der Ort, an dem das Konklave stattfindet – und damit sicher das schönste Wahllokal der Welt.
Zwischen 1480 und 1483 begann die Ausschmückung. Namhafte Künstler wie Botticelli, Perugino, Ghirlando, Pinturicchio und Rosselli gestalteten und malten auf den Längsseiten der Kapelle zwölf Fresken mit Szenen aus dem Alten und Neuen Testament.
Der Hauptanziehungspunkt ist unbestritten das riesige Deckengemälde von Michelangelo. Vier Jahre (1508-12) brauchte er, um auf neun Feldern die Szenen der Schöpfungsgeschichte darzustellen. Genial ist das Spiel mit der Architektur: Gemalte Fresken in einer gemalten Architektur. Die vier großen Hauptbilder zeigen die Erschaffung der Sonne und des Mondes, die Erschaffung Adams, den Sündenfall und die Vertreibung aus dem Paradies und die Sintflut. Der bekannteste Ausschnitt ist die „Erschaffung Adams“. Er zeigt, wie Gott Adam durch die Berührung des Fingers Leben einhaucht.
Ein weiteres Highlight ist das mit 180 Quadratmetern größte zusammenhängende Fresko der Welt, das die Altarwand krönt. Das „Jüngste Gericht“ hat Michelangelo im Alter von 60 Jahren in den Jahren 1536-1541 gemalt. Im Zentrum des Bildes setzt Christus als Richter ein riesiges Rad von Menschen in Gang. Die Gerechten werden nach oben in den Himmel erhoben, die Sünder nach unten in die Hölle geschleudert. Das Bild eignet sich auch hervorragend als Suchbild; nur eine der 300 Gestalten blickt zum Betrachter. Welche ist es?
Leider war Michelangelo nicht der einzige, der an der Altarwand gemalt hat. Die Offenheit der Darstellung ging den prüden Herren im Vatikan dann doch zu weit. Nachdem Michelangelo im Jahre 1564 fast neunzigjährig in Rom starb, wurde Daniele da Volterra umgehend als „braghettone“, als „Höschenmaler“ angestellt. Er hatte den Auftrag, die Lendenregionen der muskelbepackten Kerle mit wehenden Tüchern zu übermalen. Erst zum 500. Geburtstag Michelangelos im Jahre 1975 beschloss der Vatikan, die „Höschen“ wieder auszuziehen. In einer 20-jährigen Restaurierungsphase wurden sämtliche Bilder von den Übermalungen anderer Restauratoren und vom Kerzenruss, Weih-rauch und Staub der Jahrhunderte befreit.
Sieben Kilometer voller Kunst
Rund zehn Millionen Euro wurden dafür gut investiert, denn nach Abschluss der Arbeiten Ende 1999 präsentieren sich die Fresken der Sixtinischen Kapelle nun wieder in den ursprünglichen, leuchtenden und satten Farben Michelangelos.
In die Sixtinische Kapelle gelangt man nur durch die Vatikanischen Museen. Um nicht in allzu langen Warteschlangen zu stehen, sollte man unbedingt auf die Öffnungszeiten achten und sich möglichst früh morgens auf den Weg machen. Dann am besten gleich in die Kapelle eilen und die Museen erst später in Ruhe besuchen. Es lohnt sich, denn die Vatikanischen Museen beherbergen eine der bedeutendsten Kunstsammlungen der Welt. Mehr als viereinhalb Millionen Besucher jährlich bewundern auf 55.000 Quadratmetern Jahr für Jahr die Exponate. Die Tour durch die Museen ist bis zu sieben Kilometer lang! Daher empfiehlt es sich, bereits vor dem Besuch gut zu überlegen, was man wo sehen möchte.
Das schönste Wahllokal der Welt: die Sixtinische Kapelle
S ERVICE | Eintritt: 15 Euro (8 Euro ermäßigt) | Öffnungszeiten: 9 bis 18 Uhr, letzter Einlass um 16 Uhr | Sonntags sind die Vatikanischen Museen geschlossen, bis auf den jeweils letzten Sonntag im Monat. Dann ist der Eintritt zwar frei, aber wegen des noch größeren Andrangs als ohnehin schon nicht zu empfehlen. Um lange Warteschlangen zu umgehen, sollte der Kartenvorverkauf im Internet unter mv.vatican.va genutzt werden.
H INTERGRUND | Spielregeln zur Papstwahl
D ER C AMERLENGO
D en Zeitraum vom Tod des Papstes bis zur Wahl eines neuen nennt man Sedisvakanz, abgeleitet vom lateinischen „Sede vacante“ – der Stuhl steht leer. Wer in diesem Zeitraum was zu tun hat und was nicht, legt eine apostolische Konstitution fest, die „Universi Dominici Gregis“.
Während der Sedisvakanz übernimmt der Camerlengo (italienisch für Kämmerer) mit Hilfe von drei Kardinälen, die durch das Los bestimmt werden, vorübergehend die Verwaltung der Kirche. Seine wichtigsten Aufgaben sind die Organisation der Beisetzung des toten Papstes und des Konklaves. Keinesfalls ist der Camerlengo ein „gewöhnlicher Priester“ oder gar der „Kammerdiener“ des Papstes (S. 178). Er ist immer ein Kardinal und
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