Auf der Spur der Vogeljaeger
Judo-Künstler. Aber Fräulein Obermüller staunte. Der Picklige brüllte auf, als ihm blitzartig der Arm auf den Rücken gedreht wurde. Der Armbeugehebel funktionierte wie geölt. Schon stand Tarzan hinter dem Gegner, drückte dessen Faust zwischen die Schulterblätter, packte ihn mit der freien Hand an den Haaren und riss seinen Kopf ins Genick.
Der Picklige war wehrlos. Er wollte mit einem Fuß hinter sich treten, aber Tarzan verstärkte den Griff. Der Bursche schrie. Nur Millimeter fehlten – und sein Arm wäre aus dem Schultergelenk gekugelt.
»Wir gehen jetzt zum Ausgang«, sagte Tarzan. Spöttisch fügte er hinzu: »Du darfst vorangehen.«
»Im Gleichschritt – marsch!«, kommandierte Klößchen.
Aber der Picklige stolperte, als hätte er zwei linke Füße. Wut verzerrte das Gesicht. Schweiß glitzerte auf seiner Haut, während er zum Ausgang geschoben wurde.
Mit einem Stoß beförderte Tarzan ihn hinaus.
Langsam stieg der Kerl die Stufen hinauf. Oben drehte er sich um. Ein hasserfüllter Blick traf Tarzan.
»Das wirst du büßen, du Affe. Jetzt bin ich vorbereitet. Dich finde ich und wenn ich dich überall suchen müsste. Dann mache ich dich fertig.«
»Damit du dich nicht in Unkosten stürzt«, sagte Tarzan, »ich heiße Peter Carsten, werde Tarzan genannt und wohne im Internat. Anruf genügt. Ich stehe jederzeit zur Verfügung. Aber zieh dich warm an. Das eben war nur Spaß. Wenn ich ernst mache, siehst du schlecht aus.«
Der Picklige spuckte auf die Stufen, wandte sich ab und verschwand aus Tarzans Blickfeld.
4. Die Gabun-Viper
Jörgi sah, dass die Gefahr beseitigt war, und kam aus ihrem Körbchen. Jetzt spielte sie Wachhund, indem sie sich zum Ausgang wandte und wütend kläffte.
»In der Hundesprache heißt das«, übersetzte Karl: »Komm nur zurück, wenn du dich traust – und ich zerreiß dich in der Luft.«
Alle lachten. Fräulein Obermüller hustete. Tarzan wischte sich die linke Hand an den Jeans ab, denn das Haar des Pickligen war wirklich sehr fettig gewesen.
»Kannten Sie den Typ?«, fragte Tarzan.
Fräulein Obermüller verneinte.
»Mir ist er irgendwie unheimlich«, meinte Tarzan. »Unheimlich?«, forschte Gaby. »Mit dem wirst du doch jederzeit fertig.«
»Das meine ich nicht. Aber ich habe so ein unbestimmtes Gefühl. Als wäre von dem Kerl noch viel Unheil zu erwarten. Nicht, weil er mir gedroht hat. Das kratzt mich nicht. Doch dem traue ich zu, dass er Brände legt und Trinkwasser vergiftet.«
»Wenn er die Schule anzündet«, meinte Klößchen vergnügt, »seilen wir uns durchs Fenster ab und genießen dann längere Ferien. Nur wenn die Klassenarbeiten vernichtet würden, wäre ich untröstlich. Besonders wegen der Mathe-Arbeiten«, grinste er.
Natürlich traf das Gegenteil zu. Denn in Mathe stand Klößchen regelmäßig auf einer wackligen Fünf, obwohl Tarzan – der in Mathe eine Eins nach der anderen schrieb – ihm alles mit Engelsgeduld und immer wieder erklärte.
»Wir wollen nicht hoffen, dass es zu solchen Untaten kommt«, sagte Fräulein Obermüller. »Er ist bestimmt ein übler Bursche. Aber was Schlangen betrifft, hat er den richtigen Blick. Er hat die ganze Zeit mein schönstes Exemplar bestaunt. Das wollte ich euch zeigen.«
Regungslos lag die Schlange auf dem feinsandigen Boden des Terrariums.
»Gabun-Viper«, las Klößchen laut von dem Schild an der Scheibe.
Die Kinder traten näher. Die Schlange bot einen Anblick, den man so rasch nicht vergisst. Sie maß etwa 1,20 Meter, war aber dick wie ein Kinderbein und ihre Haut aufregend gezeichnet, regelrecht übersät mit geometrischen Figuren: Dreiecken, Rechtecken und Rhomben. Als Farben herrschten Kupfer, Messing, Schwarz und Weiß vor.
»Metallic«, sagte Karl. »Wie ein schicker Sportwagen – nur etwas bunter.«
Der dreieckige Kopf war flach, aber breit wie eine Männerhand. Dort, wo man die Nase vermutet hätte, standen zwei zentimeterlange Hörner.
»Das ist die gefährlichste«, erklärte Fräulein Obermüller. »Sie gehört zur Art der Puffottern. Kann fauchen wie ein wütender Igel. Ihr Blutgift ist tödlich. Sie schnellt so blitzartig vor, dass man die Bewegung kaum verfolgen kann. Die beiden Giftzähne sind so lang.«
Sie hob ihren Daumen.
»Ist in Westafrika zu Hause«, ergänzte Karl, der sicherlich noch mehr über Gabun-Vipern wusste, sich aber höflich zurückhielt.
Die Kinder betrachteten die Schlange. Sie war schön auf ihre Weise, aber selbst Tarzan kroch eine sanfte
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