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Auf der Spur des Hexers

Auf der Spur des Hexers

Titel: Auf der Spur des Hexers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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besser wissen als ich.«
    H.P. lächelte. »Touche. Ein Punkt für Sie, Roderick. Aber gut – ich will Ihnen erzählen, was ich weiß. Es ist ohnehin nicht viel.« Er schnippte seine Zigarre in den erloschenen Kamin, nahm eine neue aus der Jackentasche, starrte sie einen Moment stirnrunzelnd an und legte sie dann vor sich auf den Tisch, ohne sie anzuzünden. »Ich sagte Ihnen, dass auch ich mich auf der Flucht befinde, und das stimmt«, begann er. »Die Männer, die mich verfolgen, waren einmal meine Freunde, aber das ist lange her. Ich war Mitglied eines …« Er suchte einen Moment nach Worten. »Sie würden es eine Loge nennen, vermute ich. Eines geheimen Bundes jedenfalls, dessen Ziele ich anfangs für erstrebenswert und gut hielt.«
    »Jetzt nicht mehr?«, fragte Andara lächelnd.
    H.P. schüttelte den Kopf. »Nein«, erwiderte er knapp. »Aber das tut jetzt hier nichts zur Sache. Unsere Vereinigung beschäftigte sich jedenfalls stark mit religiösen Dingen, und auch ich stellte gewisse persönliche Forschungen an. Ich stieß dabei auf einige sehr sonderbare Umstände, Roderick. Erstaunliche Übereinstimmungen etwa in gewissen Teilen der Bibel und des Korans oder anderen religiösen Schriften. Aber das allein war es nicht, was mich auf die richtige Spur brachte. Vielmehr war es mein rein persönliches Interesse an Dämonologie, Hexerei und den schwarzen Künsten. Ein rein wissenschaftliches Interesse anfangs. Aber je mehr ich forschte, desto mehr Dinge fielen mir auf. Übereinstimmungen in gewissen Punkten, die kaum mehr zufällig sein konnten. Es schien, als gäbe es auf der Seite der bösen Kräfte eine Art Urbild, auf das fast alle Dämonenkulte zurückzuführen waren. In Kulturen, die niemals Kontakt miteinander hatten und tausende von Jahren und Meilen auseinander lagen.«
    »Eine nicht gerade neue Theorie«, sagte Andara.
    H.P. nickte. »Ich weiß. Ich wusste es auch damals. Aber ich gehöre zu jenen wenig beneidenswerten Menschen, die mit einer regen Phantasie geschlagen sind. Ich fragte mich: Was, wenn es wahr wäre? Was, wenn all die düsteren Geschichten, die sich die Menschen seit Jahrzehntausenden erzählen, auf real existierende Wesen zurückzuführen sind. Was, wenn es das Vorbild des Teufels gegeben hat, Baal, Azatoth, Belphegor und wie sie alle heißen? Und was –«, er legte eine bewusst dramatische Pause ein, »– wenn es sie vielleicht noch immer gibt?«
    »Eine interessante Frage.« Andara hob seine Kaffeetasse, sah, dass sie leer war, und schenkte sich aus der verbeulten Kanne nach. »Und zu welchem Schluss sind Sie gekommen?«
    Zwischen H.P.s Brauen entstand eine steile Falte, die zeigte, wie sehr ihn Andaras Frage ärgerte. Aber seine Stimme klang ruhig und fast unbewegt, als er antwortete; die Stimme eines geübten Erzählers, der genau wusste, welche Macht Worte haben konnten. »Zu dem Schluss, dass es sie gibt«, sagte er. »Ich glaube, dass es eine Welt gibt, die neben der unseren existiert, die Welt der Albträume und des Wahnsinns, und dass sie von Wesen bevölkert wird, die wir uns normalerweise nicht einmal vorzustellen vermögen. Und dass sie eine durch und durch reale Bedrohung darstellt. Ich gab mich mit dieser Theorie allein nicht zufrieden, Mister Andara, denn an sie zu glauben heißt, sie zu fürchten. Ich forschte weiter, auch nachdem ich gezwungen war, mein Leben auf so dramatische Weise zu ändern und Europa zu verlassen. Und ich fand eine Menge Dinge heraus, die mir seither Albträume bereiten. Das Böse existiert, real und körperlich. Es existierte auf dieser Welt, lange bevor es Menschen gab, und es existiert noch, wenngleich jetzt verborgen in den tiefsten Schlünden der Erde und des Meeres. Und ich bin nicht der einzige, der dies weiß. Es gab zu aller Zeit Menschen auf der Welt, die um die alten Dämonen und ihre Macht wussten, und es gab zu aller Zeit solche, die sich in ihren Dienst stellten und sie zu erwecken versuchten.« Er setzte sich ein wenig gerader auf und sah Andara scharf an. »So, wie zum Beispiel die Leute aus Ihrer Heimatstadt, Andara.«
    »Wenn Sie all dies wissen und sich nicht nur zusammenphantasieren«, sagte Andara gereizt, »dann sollten Sie auch wissen, dass ich nichts damit zu schaffen hatte.«
    »Natürlich«, erwiderte H.P. »Und das ist auch der Grund, aus dem sie Sie verfolgen, seit damals. Sie sind ein Abtrünniger, genau wie ich. Aber das«, fügte er mit einem dünnen, raschen Lächeln hinzu, »ist nun wirklich eine reine

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