Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf der Spur des Hexers

Auf der Spur des Hexers

Titel: Auf der Spur des Hexers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
wirklicher Magier. Sie könnten Dinge tun, bei denen Ihren Freunden vom so genannten Magischen Zirkel die Luft wegbliebe.« Er lehnte sich zurück, legte seine Zigarre so auf den Tischrand, dass das brennende Ende das Holz nicht berührte, und verschränkte die Arme vor der Brust. »Aber das ist auch gar nicht weiter verwunderlich, wenn man bedenkt, woher Sie kommen. Ihre Eltern stammen in direkter Linie von den Hexen von Salem ab. Ihre Mutter gehörte zu der Hand voll Überlebender, die das Gemetzel vor hundert Jahren überlebten und fliehen konnten, und in der Ahnengalerie Ihres Vaters befinden sich mehrere Männer und Frauen, denen man nachsagte, Hexen und Zauberer zu sein.« Er brach ab, nahm seine Zigarre wieder auf und sah Andara erwartungsvoll an, aber der reagierte noch immer nicht, sondern erwiderte seinen Blick ausdruckslos. Schließlich fuhr H.P. fort: »Bis zu einem Tag vor ziemlich genau zehn Jahren lebten sie zusammen mit ihrer Mutter und ihrer Halbschwester Lyssa in einem kleinen Ort in Neu-England. Einem Ort, dem man nachsagte, er wäre von Hexen bewohnt und seine Menschen zelebrierten dunkle Riten. Die Menschen in seiner Umgebung mieden ihn. Die meisten hatten Angst vor seinen Bewohnern. Es heißt, manche schlugen schon das Kreuzzeichen, wenn sie nur seinen Namen hörten. Eines Tages rotteten sie sich zusammen und brannten das Dorf nieder. Von den fünfzig Menschen, die dort lebten, entkam nur eine Hand voll. Unter ihnen befanden sich auch ein gewisser Roderick Andara und seine Verlobte Jenny. Noch immer richtig?«
    »Richtig.« Andara nickte.
    H.P. sog erneut an seiner Zigarre, legte die Beine übereinander und blickte ihn durch die grauen Rauchschlieren vor seinem Gesicht an. »Sie sind ein erstaunlicher Mann, Andara«, sagte er. »Jeder andere hätte mich längst unterbrochen und gefragt, woher ich das alles weiß.«
    »Sie werden es mir sagen, oder?«, sagte Andara ruhig.
    H.P. nickte. »Dazu habe ich Sie schließlich hierhergebracht. Und ich sehe, ich habe mich nicht in Ihnen getäuscht.«
    »Das kommt darauf an«, sagte Andara.
    »Worauf?«
    »Was Sie von mir wollen.«
    H.P. lächelte. »Ich fürchte, eine ganze Menge«, sagte er. »Und ich habe Ihnen das alles nicht erzählt, um mit meinem Wissen anzugeben, sondern um Ihnen zu beweisen, dass ich mich sehr gründlich über Sie informiert habe, ehe ich beschloss, Kontakt mit Ihnen aufzunehmen. Ich habe lange nach Ihnen gesucht.«
    »Nach mir?«
    »Nach Ihnen – oder einem Mann oder einer Frau wie Ihnen«, sagte H.P. »Ich brauche Hilfe bei meinem Vorhaben. Hilfe ganz spezieller Art. Um genau zu sein …« Er zögerte einen ganz kurzen Moment. »Die Hilfe eines Magiers.«
    »Eines Magiers …« Andara trank einen Schluck Kaffee, stellte die Tasse mit einer bewusst langsamen Bewegung auf den Tisch zurück und fixierte H.P. scharf. »Selbst, wenn ich das wäre, wofür Sie mich halten«, sagte er, »– was bringt Sie auf den Gedanken, dass ich Ihnen helfen würde? Oder dass mich Ihre Probleme auch nur interessieren?«
    »Sie haben mich nicht zu Ende erzählen lassen«, fuhr H.P. ruhig fort; so gelassen, als hätte er ganz genau mit dieser Antwort gerechnet. »Nach Ihrer Flucht ließen Sie sich am anderen Ende des Landes nieder. Sie heirateten Jennifer Price, arbeiteten mit mäßigem Erfolg in mehreren Berufen und begannen schließlich, sich als Varietezauberer einen Namen zu machen. Ein paar Jahre lang reisten Sie kreuz und quer durch das Land – etwas, was für einen Varietekünstler völlig normal ist. Wenigstens sollte es so aussehen.« Er beugte sich vor. »In Wahrheit, Andara, war es eine Flucht. Sie sind vor zehn Jahren aus Jerusalem’s Lot weggelaufen und haben seither nicht damit aufgehört. Als Ihr Sohn geboren wurde, blieben sie für ein knappes Jahr in New York, aber nach dem Tod Ihrer Frau nahmen Sie Ihr altes Leben wieder auf. Sie sind selten länger als eine Woche an ein und demselben Ort. Sie unterschreiben keine langfristigen Verträge, obwohl sie Ihnen ein Vermögen einbringen würden. Sie verlängern prinzipiell niemals ihre Engagements, und Sie vereinbaren neue Auftritte ebenso prinzipiell extrem kurzfristig. Und es kommt noch etwas dazu: Wenn man sich die Mühe macht, danach zu suchen, stellt man fest, dass sich in Ihrer Umgebung recht sonderbare Dinge ereignen. Beunruhigende Dinge, zumeist. Leute, mit denen Sie einen mehr als flüchtigen Kontakt haben, entwickeln einen fatalen Hang, auf die unerquicklichsten Weisen zu

Weitere Kostenlose Bücher