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Auf der Spur des Hexers

Auf der Spur des Hexers

Titel: Auf der Spur des Hexers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Wahrheit nicht einmal Ekel, den er empfand, sondern schlicht und einfach nur die Angst vor dem unbeschreiblich Fremden, das er erblickte.
    Trotzdem bedauerte Andara es im Nachhinein fast, das Wesen getötet zu haben. Er war nie zuvor einer solchen Kreatur begegnet, aber sie hatte einen Geist, und sie dachte, und alles Denkende vermochte er sich untertan zu machen, wenn auch nur für kurze Zeit. Lebendig gefangen, hätte sich das Tiefe Wesen als wertvoll erweisen können. So war er weiterhin auf Vermutungen angewiesen; und das Wenige, das er mit eigenen Augen gesehen hatte.
    Er war fast sicher, dass es nicht nur zur gleichen Gattung, sondern auch ganz konkret zu jener Gruppe scheußlicher Spottgeburten gehörte, die er am Ufer des unterirdischen Sees beobachtet hatte. Aber wenn – wie hatte es den Weg von Innsmouth hierher in derart kurzer Zeit zurücklegen können? Diese Spezies von Lebewesen war möglicherweise überaus stark, an Land aber alles andere als schnell. Und er war geritten wie der Teufel. Dann fiel sein Blick auf den Bottich, und die feuchten Spuren, die er in der vorvorletzten Nacht gesehen zu haben glaubte, fielen ihm ein. Natürlich – die Erklärung dieses Rätsels war so simpel, dass er sich unwillkürlich fragte, wieso er nicht schon längst von selbst darauf gekommen war: der Fluss. Die Tiefen Wesen waren amphibisch, und wenn sie überhaupt zu einer der beiden Welten gehörten, dann eindeutig mehr zu der des Meeres. Der Miskatonic-River, der Arkham wie ein silbernes Band in zwei ungleich große Hälften zerschnitt, stellte für diese Wesen eine ungleich schnellere Verbindung zur Küste und dem Meer dar, als es die Straße für ihn sein konnte.
    Und das wiederum bedeutete nicht mehr und nicht weniger, als dass die vermeintliche Miss Lugosi nicht allein gekommen sein musste. Ganz im Gegenteil war es sehr wahrscheinlich, dass der Fluss noch weitere Schreckensgestalten barg. Und dass sie irgendwann misstrauisch werden und herkommen würden.
    Er stand auf, wischte sich die Hände an der Hose ab, als hätte er sich allein dadurch besudelt, dass er in die Nähe der schrecklichen Kreatur gekommen war, und überlegte einen Moment, ob er den Kadaver fortschaffen sollte, entschied sich aber dann dagegen. Draußen herrschte heller Tag. Er konnte es sich nicht leisten, Aufsehen zu erregen.
    Trotz allem beruhigte ihn der Anblick des toten Ungeheuers beinahe, denn so grässlich die Tiefen Wesen waren – sie waren verwundbar, und sie konnten sterben. Und das war immerhin schon mehr, als man von denen behaupten konnte, in deren Diensten sie standen.
    Wie eine schreckliche Vision stieg das Bild eines gewaltigen missgestalteten Balges in Andaras Geist auf, der Anblick eines Paares gewaltiger, gelbleuchtender Augen, ein zitternder Tentakel, der wie ein anklagend ausgestreckter Zeigefinger auf ihn wies …
    Er verscheuchte das entsetzliche Bild, wandte sich endgültig um und verließ rasch das Zimmer und gleich darauf das Haus. Das helle Licht des Frühsommernachmittages blendete ihn, als er auf die Straße hinaustrat; er blieb einen Moment stehen, hob die Hand vor die Augen und blinzelte. Etwas war nicht so, wie es sein sollte, aber es dauerte einen Moment, bis er sah, was.
    Auf der Straße herrschte helle Aufregung. Menschen liefen durcheinander oder standen in kleinen Gruppen beisammen und redeten aufgeregt, und von der anderen Seite des Flusses hallte das hektische Läuten einer Glocke herüber. Als er sich herumdrehte und in diese Richtung blickte, gewahrte er schwarze, fettige Rauchwolken, die fast lotrecht in die unbewegte Luft emporstiegen. Drüben auf der anderen Seite des Miskatonic musste es brennen. Das Läuten, das er hörte, war eine Feuerwehrglocke. Aber was ging es ihn an? Er war nicht hier, um sich um eine lokale Katastrophe zu kümmern, sondern etwas aufzuhalten, das sehr wohl zu einem Weltenbrand werden konnte. Er wollte sich schon umwenden und weitergehen, als er auf der anderen Seite der Straße ein bekanntes Gesicht entdeckte und gleich darauf eine Hand, die sich hob und ihm hektisch zuwinkte. Es war Asthon-Smythe, der
    Chefredakteur-Drucker-Setzer-Klatschkolumnist-Herausgeber des Arhbam Advertiser. Einer sonderbar drängenden inneren Stimme gehorchend, überquerte Andara die Straße und folgte Asthon-Smythes heftigem Gestikulieren, indem er das Büro des Advertiser betrat. Ein leises Gefühl von Verwunderung machte sich in ihm breit, denn an und für sich hätte sich Asthon-Smythe gar nicht

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