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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Hoffnung nicht aufgegeben. Das weiß ich, sonst würden sie nicht über die Regeneration nachdenken.«
    »Aber sie haben auch gesagt, dass die Hirnrinde erheblich geschädigt ist«, sagten die beiden daraufhin, als ob Kate das vergessen hätte. »Dass er die Operation überlebt hat, heißt, dass es noch Hoffnung gibt«, sagte Kate, die sich daran klammerte, was Bentoit vor dem Eingriff gesagt hatte.
    Marjorie indessen vermutete, dass hinter dem Ganzen mehr steckte als bloße Verdrängung. »Du klammerst dich an einen Strohhalm«, sagte sie, als sie mit Kate auf den Fahrstuhl zur Personalkantine wartete (wo die Gefahr, beim Kaffeetrinken von herumlungernden Medienhaien erwischt zu werden, geringer war). »Das kann ich verstehen. Aber deine Verzweiflung …« Sie legte den Arm um Kate und zog sie an sich. »So bist du erst seit deinem Ausflug in die Berge. Ich kenne dich, Kate. Und ich weiß ein bisschen was über dein Verhältnis zu deinem Vater. Mir kommt’s vor, als hätte er dich in eine Minenfalle gelotst. Ich weiß nicht wie, ich weiß nicht, warum. Aber ich würde sagen, irgendetwas in dem Haus hat dich fertiggemacht.«
    Für einen kurzen Augenblick war Kate versucht, sich in Marjories Arme zu werfen und ihren ganzen Kummer abzuladen. Marjorie würde sie nicht verurteilen. Sie würde sie verstehen. Marjorie würde vielleicht sogar eine feste Meinung von dem haben, was zu tun war, und diese auch sagen. Aber Marjorie würde sie auch bemitleiden, die Enttäuschung begreifen, die Kate für ihren Vater bedeutete und Kates hässliche Schwäche bloßlegen. Kate würde das Ganze eher den J’s erzählen können, denen gegenüber sie ihren Vater niemals kritisiert hatte, als Marjorie. Marjorie würde die Verletzung begreifen wie kein anderer. Und dann würde die Verletzung noch realer werden, wenn sie erst einmal laut ausgesprochen worden war. Schlimm genug, dass sie selbst wusste, was ihr Vater von ihr gedacht hatte.
    So sagte Kate, als sie in den Fahrstuhl stiegen, nur, dass sie Matt sämtliche Codes gegeben habe, weil sie sein Drängen, eine wichtige Vorstandssitzung besuchen und Entscheidungen in ihres Vaters Namen zu treffen, leid gewesen sei. »Soll er für die Geschäfte verantwortlich sein, wenn mein Vater erwacht. Ich kann es nicht.« Der Fahrstuhl hielt, und jemand in einem roboterbetriebenen Rollstuhl fuhr herein, und die Möglichkeit, zu beichten, war vertan. Stattdessen erzählte Kate, wie die Welt geschrumpft sei, seitdem sie im Krankenhaus lebe, und dass sie sich vorkomme wie eine gigantische Alice, die ihre Perspektive verloren habe.
    »Deshalb sollst du ja auch mal für ein paar Stunden raus«, erwiderte Marjorie.
    »Ein Latté wird mich aufrichten«, sagte Kate und fragte Marjorie dann nach ihrem letzten Hypertext-Projekt (für einen Kunden, der zufällig eine Abbotsonsche Tochterfirma war).
     
    Drei Tage nach dem Besuch in ihres Vaters Haus erhielt Kate einen Anruf von einem Mann, der sich als David Hanson vorstellte. Zuerst dachte sie, es wäre ein weiterer Medienhai, der irgendwie ihre Privatnummer herausgefunden hatte. Aber als er davon anfing, dass ihr Vater ihm Kate als diejenige genannt habe, welche die endgültige Ausführung des Kloning-Experiments genehmigen musste, erinnerte sie sich an seinen Namen. Er war der Leiter von Team B. Als sie ihn fragte, wie sie ihm helfen könne, sagte er: »Ihr Vater sagte mir, falls ein Klon für die neuralen Stammzellen benötigt würde, würden Sie das Team aussuchen, das den Klon dafür erzeugen soll, also auch den Gewinner des Wettbewerbs bestimmen.«
    »Sie sind etwas voreilig, Mr. Hanson«, erwiderte Kate. »Mein Vater kann jederzeit noch aus dem Koma erwachen.«
    »Soweit ich weiß, ist das Zellgewebe erheblich geschädigt«, sagte Hanson.
    Kates Unterkiefer wurde starr. »Ach? Sie meinen also, Sie seien besser informiert als ich?«
    Nach einer Pause sagte Hanson: »Ich nehme an, dass wir dieselbe Informationsquelle haben.«
    Kate warf einen Blick auf das schlaffe, bewusstlose Gesicht ihres Vaters. Ein Schauder rann ihr über die Haut, als berühre sie eine Geisterhand. Es wäre ein Leichtes für ihn gewesen, ein Unterprogramm zu schreiben, welches das HAUS instruierte, die Teamleiter anzurufen und zwar eine gewisse Zeit, nachdem er Kate mit den ganzen Daten konfrontiert hatte. Und es wäre ebenso einfach gewesen, in diese Anweisungen einen Anruf an Matt Hull einzubauen und ihn zu bitten, die Teamleiter mit den knallharten medizinischen Fakten zu

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