Auf der Straße nach Oodnadatta
sehen, die gegen den zugezogenen Vorhang schlug.
»Du glaubst, du würdest mich erledigen.« Antons Stimme hallte durch die Treibhausluft. »Du hast nicht die Kraft dazu.«
Der Erzgrimm schlug auf diese Herausforderung hin in immer größerer Wut auf das Glas; große Scherben fielen ins Wohnzimmer.
Sasha stieß die Eingangstür auf. Sie blickte kaum zu der dunklen Gestalt hin, öffnete den Zählerkasten und legte den Hauptschalter für die Vorderseite des Hauses um. Sie betete, dass ihre Zeiteinteilung stimmte … und dann schob sie ihn wieder zurück.
Einen Augenblick lang sah es aus, als würde das Sensorlicht nicht anspringen. Das Geschöpf wandte ihr den Kopf zu und schnitt eine Grimasse, die ein Lächeln hätte sein können.
Dann schaltete sich das Licht ein.
Der Erzgrimm stieß einen Schmerzensschrei aus und bedeckte seine Augen mit den blutigen Händen, die von den Glasscherben zerschnitten worden waren.
Und das Licht blieb an.
Sasha rannte zu ihm, den Schlüssel bis zum letzten Augenblick in der Handfläche versteckt. Als sie schließlich auf ihn losstürzte, öffnete sie die Handfläche, flog auf den Erzgrimm zu und drückte ihm den Schlüssel in die Stirn.
Ein Aufschrei zerriss die schwüle Luft, als der Erzgrimm das Gleichgewicht verlor und zu Boden stürzte.
Sasha ließ nicht los, als sie wie in ein dunkles Loch fiel, höhnische Gesichter und blutrote Augen sie umgaben. Tausende Schreie drängten sich, Entkommen suchend, in ihrem Kopf, wüteten gegen das unaussprechliche Grauen. Dann zog ein Paar Hände an ihr. Etwas zog an der Kett … Sie hatte nicht die Kraft, Widerstand zu leisten.
Als sich ihre Augen aus der Dunkelheit zu einem scharfen Bild fokussierten, erblickte sie Anton, der seinen noch immer schlaffen Unterleib nachzog, sodass er jetzt auf dem Erzgrimm lag und den Schlüssel tief in seinen immer stärker zerfließenden Kopf drückte.
Und drehte.
Und drehte.
Das Gewinsel des Erzgrimms wurde dünn wie eine Messerschneide. Dann erstarb es.
Seine Haut wurde von Wellen durchlaufen wie eine aufgestörte Wasseroberfläche.
Dann wurde sie so beweglich wie Wasser.
Und schließlich löste sie sich in Luft auf.
Sasha rang im Liegen nach Luft. Als sie aufstand, wandte ihr Anton den Kopf zu.
»Du bist am Leben«, sagte sie und blickte ihm in die Augen.
»Sozusagen.«
»Sag bloß nicht, dass dieses … Ding … jetzt nicht tot ist.«
»Es ist tot.«
Sasha blickte in die enge Hintergasse von St. Kilda hinaus. Ein Wagen fuhr langsam vorbei.
»Los, Andy, ich helfe dir wieder hinein.« Sie half ihm auf. »Und keine Sorge, das ist das letzte Mal, dass ich dich auf einen Kaffee einlade.«
Anton spürte das beinahe angenehme Prickeln, als ihre Finger mit seinem Arm in Berührung kamen.
Er schloss die Augen. Die Nachtwache endete niemals.
Originaltitel: ›THE VIGILANT‹
Copyright © 2001 by Dirk Strasser
Originalveröffentlichung
Mit freundlicher Genehmigung des Autors
Copyright © 2001 der deutschen Übersetzung by Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München
Aus dem australischen Englisch von Franz Rottensteiner
ROBERT CHARIOT
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Deutschland
Zwei Erzählungen
Atlantis
Ein älterer, korpulenter Herr mit zurückgekämmtem, dünnem Haar, in Begleitung eines jüngeren, großen Herrn mit krausem Haar erschien auf der Terrasse.
Dort saßen magere Greise mit schneeweißen Bärten, in schwarzen Anzügen, mit weißer Krawatte, und einige wenige betagte Damen, mit aufgetürmten, weißen Ringellocken und hochgeschnürten Brüsten, über die ihre Kleider wie schwarze Säcke fielen, an weißen Tischen, geziert von ausladenden Sträußen schneeweißer Rosen, mit Blick auf die blendend weiße Stadt. Schlürften und saugten bedächtig Wiener Apfelstrudel, Schwarzwälder Kirschtorte und Berge von Sahnebaisers.
Dazwischen hasteten weiß und elegant gekleidete, junge, gut aussehende Burschen nervös und ehrerbietig hin und her. Säuberten den Greisen die besabberten Bärte, benetzten ihnen die schweißglänzenden hohen Stirnen, kämmten ihnen die spärlichen schneeweißen Haare, brachten Platten voll weißglasierter Süßigkeiten, stierten den Damen ins puterrote, kichernde Dekolleté. Weiße Sonnenschirme schützten die muffelnden Hirne der Greise, die auf ihren weißlackierten, barocken Stühlchen hockten wie gekrümmte Vanilleschoten, vor den beißenden Strahlen des Fixsterns.
Die beiden unterschiedlichen Herren mit dem intelligenten Schritt, der kleine, korpulente und
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