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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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bedurfte es einer so großen Anstrengung, etwas zu bewegen.
    Die großen Draht- Betreibergesellschaften – die sich nach vierzigjähriger Geschäftstätigkeit in der Anwendung der Quanteneffekte eine goldene Nase verdient hatten –, hatten die HRP-Resultate sofort umgesetzt. Und die Discovery war das Ergebnis: durch die Trägheits-Suppressoren war sie praktisch masselos, sodass schon ein kleines Triebwerk genügte, um das Schiff auf enorme Geschwindigkeiten zu beschleunigen.
    Und nun, Publizität hin oder her, näherten die Vorbereitungen der Piloten sich dem Höhepunkt.
    Der Rest der Besatzung, junge, gesunde und intelligente Leute, schien völlig gelassen. Sie lagen paarweise – als ›Brutpaare‹, wie Forbes sie insgeheim bezeichnete – auf den Liegen. Sie würden den dreißigjährigen Flug nach Alpha Centauri überstehen, eingeschlossen im stromlinienförmigen Rumpf der Discovery. Sie würden ihr Leben darin verbringen, Studien betreiben, das Schiff instandhalten und sogar Kinder großziehen. Sie würden nicht einmal die Widrigkeiten der Schwerelosigkeit ertragen müssen – die Manipulation der HRP-Felder würde das verhindern.
    Er versuchte, mit ihnen ins Gespräch zu kommen.
    Zum Beispiel über die Bredouille, in die er nach dem Abschuss einer Heinkel 111 geraten war. Während er über der Maschine kreiste, sah er, wie die Besatzung ausstieg und sich anschickte, den fast unbeschädigten Bomber in Brand zu setzen. Also beschloss er, zu landen und sie daran zu hindern. Doch beim Ausrollen auf dem Flugfeld geriet die Spitfire in einen schlammigen Abschnitt und überschlug sich. Forbes war unverletzt, hing aber kopfüber in den Gurten, bis die Besatzung der Heinkel kam und ihn rettete. Nachdem dann die Angehörigen der Territorialverteidigung auf den Plan getreten waren, ergaben die Deutschen sich Forbes und händigten ihm ihre Luger-Pistolen aus. Doch die Jungs von der Territorialverteidigung hielten ihn auch für einen Feind und nahmen ihn gefangen. Erst nachdem er einen Einkommensteuerbescheid aus der Tasche gekramt und ihnen gezeigt hatte, kam er wieder frei.
    Und so weiter. Die jungen Leute, die bald zu den Sternen fliegen würden, hörten ihm höflich zu. Doch für sie war Forbes mit seinen Anekdoten von Krieg und Heldentum und dem Steuerbescheid für inländische Einkünfte ein Fossil.
    Vielleicht hatte Max doch Recht: dass diese geduldigen, furchtlosen jungen Leute – die von einer verdrahteten Welt ohne Grenzen und Beschränkungen geprägt waren und von Jahr zu Jahr reicher wurden – sich wirklich stark von ihren Vorvätern unterschieden.
    Max hatte sie sogar als eine neue Spezies bezeichnet.
    Vielleicht. Oft erschien es ihm selbst absurd, dass so ein alter Narr wie er sich überhaupt auf eine solche Sache einließ. Das war auch nur möglich, weil der HRP-Effekt die Frachtkosten selbst für ein Sternenschiff zu einer vernachlässigbaren Größe reduzierte. Zumal die Martian Times einen ordentlichen Vorschuss für die Beobachtungen gelöhnt hatte, die er von unterwegs senden würde …
    Er war indes sicher, dass er das Licht von Alpha Centauri nicht mehr sehen und auch nicht per Draht-Schritt zur Erde zurückkehren würde. Doch darüber verspürte er kein Bedauern. Es zählte nur die Flucht von einer ihm fremd gewordenen Erde.
    Forbes, der sich noch an andere Zeiten erinnerte, verursachten manche Anmaßungen der neuen Zeit Unbehagen. War die draht gestützte Hegemonie der westlichen Welt wirklich ein solcher Segen? Es hatte zum Beispiel der Golfkrieg stattgefunden, wo US-Marines über ein mobiles Draht -Tor Saddams Bunker gestürmt, ihm den Fangschuss gegeben und das Land dann ›befreit‹ hatten … Es stand außer Frage, dass Saddam ein Ungeheuer gewesen war. Doch Forbes erinnerte sich, dass ähnliche Pläne auch von den Nazis ausgeheckt worden waren. Wie mussten solche Aktionen auf den irakischen ›Normalbürger‹ wirken?
    Doch Max tat solche Argumente als Ausflüchte ab. Erneut bezichtigte sie ihn, sich der Zukunft zu verschließen. Er müsse sich damit abfinden und den jungen Leuten vertrauen, anstatt sie zu fürchten … und so weiter. Er hatte schon seit langem die Ohren auf Durchzug gestellt.
    Dennoch tat es ihm Leid, sie zu verlieren. Er konnte nicht behaupten, dass sie Freunde waren, von Liebe ganz zu schweigen. Sie war einfach Max. Und zunehmend verblasste ihr runzliges Gesicht vor seinem geistigen Auge, und er sah wieder den quirligen, jungen Rotschopf in Khakihosen vor sich.
    Er

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