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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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in der Nase … Verdammt sonderbar. Und nun war er im Orbit. Er war sogar auf dem Mond gewesen. Doch irgendwie reichte nichts davon an diese lebendigen Momente in seiner Jugend heran.
    Das langsam rollende Dock entfernte Großbritannien aus dem Blickfeld und brachte die schlanke, stromlinienförmige Gestalt der Discovery zum Vorschein – die Zukunft verdrängte die Vergangenheit.
    Forbes trank den Tee aus und bereitete sich seelischmoralisch auf die alltägliche Qual der Schwerelosigkeits-Toilette vor. Die Amerikaner waren wundervolle Menschen – aber lausige Installateure.

 
    1997: Discovery, Marsorbit
     
    Der Start des ersten Sternenschiffs der Menschheit war in Forbes’ Augen ein recht unspektakuläres Ereignis im Vergleich zu den spannenden Starts, an die er sich bei der Endeavour und Congreve erinnerte; ganz zu schweigen von den anstrengenden Alarmstarts während des Kriegs. Dennoch war es ein dramatischer Vorgang, auch wenn er im Innern der Rakete ablief: Wasserstoff zirkulierte im Mantel der Düse der gewaltigen NERVA 4-Nuklearrakete und kühlte sie, bevor er in die Brennkammer strömte, aus der er supererhitzt ausgestoßen wurde und so das große Schiff antrieb.
    Sogar Käpt’n Cook dürfte wohl einen größeren Wirbel veranstaltet haben, bevor seine Discovery in den Pazifik auslief, obwohl es sich hier um die erste Reise zu den Sternen handelte.
    Doch es gab nicht einmal einen Countdown. Forbes und die restlichen Besatzungsmitglieder legten sich auf die in Reihen gestaffelten Konturenliegen hinter dem Kommandanten und dem Copiloten – beide Frauen –, und hörten, wie die energischen jungen Stimmen mit der Bodenstation in Port Lowell die Checkliste abarbeiteten.
    Selbst die Einrichtung war spartanisch und erinnerte mit den ausklappbaren Regalen für die Ausrüstung, den Mini-Kombüsen und Toiletten und Null-G-Richtungsmarkierungen eher an ein Propellerflugzeug. Nur die Orangenhaut des Mars, die durch die Fenster zu sehen war, vermittelte einen Hauch von Exotik. Die uralte Landschaft war mit den grünen Kuppeln der Kolonien gesprenkelt, von denen die Discovery nach dem interplanetaren Hopser versorgt worden war.
    Das erste Sternenschiff der Menschheit hatte die Form eines großen Pfeils. Der zugegebenermaßen recht luxuriös eingerichtete Wohnbereich bildete die Pfeilspitze, die aus Sicherheitsgründen durch den ›Pfeilschaft‹ von der NERVA 4 abgetrennt war: ein hundert Meter langer Ausleger, der mit Abschirmungen, Antennen und Flüssigwasserstoff-Tanks besetzt war.
    Forbes mokierte sich über die Stromlinienform, weil der Wohnbereich nämlich wie die V2-Kopien anmutete, die er als Jugendlicher in den Illustrierten bestaunt hatte. Diese Form war in den Sechzigern und Siebzigern aus der Mode gekommen und auf den Reißbrettern durch insektenartige, für den luftleeren Raum konzipierte Schiffe wie die Endeavour ersetzt worden.
    Dann stellte sich heraus, und zwar nicht zum ersten Mal, dass die Experten sich geirrt hatten. Der interstellare Raum war durchaus nicht leer. Es gab Gas und Staub – wenn auch nur in verschwindend geringen Mengen, etwa fünfzig bis sechzig bakteriengroße Teilchen pro Kubikkilometer –; doch selbst das genügte, um die Hülle eines Raumschiffs zu perforieren, das so leichtsinnig war, einen beachtlichen Bruchteil der Lichtgeschwindigkeit anzustreben, wie es bei der Discovery der Fall war. Also hatte man dem Schiff eine Stromlinienform verliehen, es mit einem dicken Prallschirm versehen und sogar einen starken Kurzwellen-Generator im Bug installiert, der den Staub pulverisieren sollte.
    Ein beachtlicher Bruchteil der Lichtgeschwindigkeit … Solche Geschwindigkeiten hätten selbst die Kapazität der NERVA 4 – einer monströsen, überzüchteten amerikanischen Konstruktion, deren ursprünglicher Zweck darin bestand, viel kleinere Raumschiffe zum Mars zu bringen – bei weitem überstiegen, wäre da nicht der HRP-Effekt gewesen.
    HRP stand für Haisch, Rueda und Puthoff, wie Max ihm erklärt hatte: die Physiker, denen der entscheidende Quantenvakuum-Durchbruch gelungen war. Wie es schien, war das ›leere‹ Vakuum überhaupt nicht so leer, sondern es war energiedurchflutet und wimmelte von ›virtuellen‹ Teilchen, die spontan entstanden und zerfielen. Dieses sogenannte ›Nullpunkt-Feld‹ übte eine elektromagnetische Zugkraft auf jedes Objekt aus, das dieses Feld durchdrang – und es war diese Zugkraft, die den Effekt von Masse und Trägheit erzeugte. Aus diesem Grund

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