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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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warten, bis Sie einen erwachsenen Körper herangezogen haben? Leitner, haben Sie eine Vorstellung davon, wie langsam hier die Zeit vergeht?«
    »Tatsächlich«, sagte er, »ist das nicht so ein Problem, wie Sie vielleicht glauben. Wir können jetzt einen erwachsenen Körper in Monaten heranziehen – vorausgesetzt natürlich, Sie sind bereit, dafür zu bezahlen.«
     
    Die Mangarus setzten nie ihre schwersten Waffen ein. Selbst die Gewehre verwendeten sie mit Besonnenheit: sie richteten sie auf den letzten Anhänger, den, welchen die Rinder bereits verlassen hatten. Sie fügten der Zugmaschine ein paar Löcher zu, aber nicht genug, um ernsthaften Schaden anzurichten, und sie achteten darauf, nicht zu nahe zu kommen. Muller erinnerte sich an Rawlinsons Worte, dass die Straßenlastzüge imstande wären, sich selbst zu verteidigen. Die Verteidigungssysteme waren von dem Flugzeug neutralisiert worden, und das war auch der Grund, warum die Söhne imstande gewesen waren, so nahe zu kommen. Aber offensichtlich – im Hinterkopf – plagte sie die Furcht, dass die Verteidigungssysteme wieder online gehen würden, hervorgerufen durch einen automatischen Auslöser, der für sie nicht vorhersehbar war.
    Rawlinson sagte im Augenblick nicht viel. Er lag vielmehr neben der Straße, stöhnte und hielt sich die Hüfte.
    »Ich habe Ihnen gesagt, sie sollen nicht auf sie schießen«, sagte Muller und besah sich die Wunde. »Haben Sie geglaubt, Sie könnten genügend von ihnen ausschalten, bis sie Sie erwischt hätten?«
    Rawlinson hörte einen Augenblick zu stöhnen auf, wie ein Radioapparat, der ausgeschaltet wurde. »Wer, zum Teufel, bist du, Paco?«
    »Genau der, der ich sagte. Ich bin ein Chilene, der in Perth angekommen ist.«
    Muller hielt inne, kniete nieder und hob etwas vom Boden auf – etwas Langes und Metallisches. Einen Augenblick lang hielt er es nur in Händen, aus den Augenwinkeln bemerkte er die näher kommenden Söhne, die sich im Schutz ihrer tierischen Komplizen anschlichen.
    »Du steckst mit diesen Halunken im Bunde«, sagte Rawlinson. »Du gehörst zu diesen verfluchten Söhnen, nicht wahr?«
    »Nicht wirklich«, sagte Muller und hielt noch immer den Rinderstachelstock umklammert. »Sie haben mich in Perth angesprochen und mich gefragt, ob ich ihnen ein bisschen helfen würde, und dafür würden sie mir eine gute Stellung an der Westküste verschaffen – etwas, das meinen Fähigkeiten angemessener wäre als die Arbeit auf diesen Wracks.«
    Jetzt ertönte eine andere Stimme, weiblich und verstärkt.
    »Seine Verbindung mit uns war wirklich sehr lose, müssen Sie wissen. Wir möchten es nicht übertreiben.« Der Sohn, der gesprochen hatte, machte eine Pause, um sich die Windjacke abzureißen. Sie war schwarz, mit hohen, königlichen Backenknochen, auf denen sich das Mondlicht fing. Ihren Akzent definierte Muller, als er genauer auf ihn achtete, als französisch, wenn auch nur schwach. »Was nicht heißen soll, dass wir nicht dankbar sind.«
    »Du hast diesen Zusammenbruch herbeigeführt«, sagte Rawlinson.
    »Sie haben wirklich eine schnelle Auffassungsgabe. Wie sonst hätten wir in die Nähe eines Ihrer Fahrzeuge kommen können, wenn Sie nicht freundlicherweise die Verteidigungssysteme für uns ausgeschaltet hätten?«
    Rawlinson sagte: »Noch einmal, Paco – wie viel hast du gewusst?«
    »Weniger als Sie glauben«, sagte die Frau. »Wir richteten es so ein, dass Muller beim Rasthaus eintraf, kurz bevor der nächste Spezialzug nach Adelaide abging. Dann arrangierten wir einen Zusammenbruch. Muller würde garantiert zur Reparaturmannschaft gehören.«
    »Ihr habt einen Zusammenbruch arrangiert?«
    »Einer unserer Spezialisten hat sich in Ihren Zug eingehackt und hatte einen Schwatz mit Mr. Dubois«, sagte die Frau.
    »Dem Trans.«
    Muller langte in seine Hemdtasche und warf der Frau das Modul zu. »Ich habe ihm versprochen, ihn nicht zu löschen.«
    »Werden wir auch nicht«, sagte sie. »Obwohl wir ihm nichts Besseres bieten können. Dubois war natürlich zur Hilfe bereit. In seinem seelischen Zustand ging er auf Anregungen gern ein. Und er hatte einen persönlichen Groll, den er befriedigen wollte, und bei dessen Befriedigung wir ihm zu helfen versprachen.«
    Das war für Muller neu. »Einen Groll?«
    »Es betraf eine Frau namens Sapphire. Es war alles ziemlich billig – und es ergab wenig Sinn –, aber es dürfte so sein, dass diese Frau Sapphire seinen Ausstieg von den Lebenden verdarb – ihm bei seiner

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