Auf der Straße nach Oodnadatta
rätselte Brahe.
Ich wollte gerade mit einer Erklärung von Verbrennungsmotoren beginnen, als mir die Dampfmaschine einfiel. Wenn die drei wirklich aus der Mitte des letzten Jahrhunderts stammten, dann mussten sie schon von Lokomotiven gehört haben. Und im Prinzip bestand zwischen einer Lokomotive und meinem Off-Roader ja nur der Unterschied, dass ich keine Schienen brauchte.
»Ihr kennt doch Dampfmaschinen.« Ich schaute von einem zum anderen. Sie nickten und murmelten unisono eine Bestätigung. »Ihr kennt doch sicher auch Lokomotiven.« Ich hoffte, dass zu der Zeit, in der sie behaupteten gelebt zu haben, schon die ersten Eisenbahnlinien in Australien gebaut waren, sicher war ich mir allerdings nicht.
»Ja, natürlich kennen wir Eisenbahnen.« Es klang wie ein leichter Vorwurf gegen jemanden, der sie wohl als Hinterwäldler ansah. Brahe machte eine wegwerfende Handbewegung. »Aber hier gibt es keine Eisenbahnlinie. Wie willst du also von …« – er suchte nach dem Namen, fand ihn und sprach weiter – »Birdsville hierher gekommen sein?«
Anscheinend hatte er keine Ahnung, worauf ich tatsächlich hinaus wollte. Aber er hatte natürlich nicht Unrecht. Es würde noch einige Jahrzehnte dauern, bis die erste Bahnlinie ins Landesinnere nach Alice Springs gebaut werden würde.
»Habt ihr schon einmal eine Lokomotive gesehen?«, fragte ich unbeirrt, als ob ich es mit kleinen Kindern zu tun hätte. Ich wusste einfach viel zu wenig von ihnen, um einen Eindruck von ihrem Vorstellungshorizont zu haben. Zwei, Jonathan und Brahe, nickten, Perdy schüttelte den Kopf.
»Nun, dann ist es ja ganz einfach«, bereitete ich meinen entscheidenden Schritt vor. »Ein Auto ist nichts anderes als eine Lokomotive.«
Sie sahen mich schweigend an und brachen dann in Lachen aus. Brahe fand als erster seine Sprache wieder.
»Das soll eine Lokomotive sein? Willst du uns auf den Arm nehmen. Für wie dumm hältst du uns? Eine Lokomotive ist viel größer und schwerer. Und wo ist denn das Holz für den Kessel und der Schornstein?«
»Jetzt seid doch nicht so stur. Ich habe nicht gesagt, dies sei eine Lokomotive, sondern so etwas Ähnliches.«
»Wo sind denn die Schienen?«, mischte sich Perdy ein, wahrscheinlich um zu beweisen, dass er auch Bescheid wusste.
»Ich brauche keine Schienen«, entgegnete ich ziemlich patzig und hatte eigentlich keine Lust mehr, mich weiter mit den dreien herumzuärgern. Ich würde ihnen jetzt noch eine beeindruckende Demonstration meines Wagens geben, dann nach Innamincka fahren und dem Ranger dort erzählen, was mir zugestoßen war. Sollte er sich darum kümmern. Wenn er mich nicht für verrückt hielt. Es wäre wohl wahrscheinlicher, oder zumindest glaubhafter, als wenn ich ihm erzählte, ich hätte ein Ufo gesehen.
»Wie soll denn diese Lokomotive fahren, ohne Schienen«, wollte Brahe wissen und man merkte ihm deutlich die Erleichterung darüber an, dass er für das seltsame Ding endlich ein Wort hatte, um es zu bezeichnen. Wahrscheinlich hatte es damit viel von seiner Bedrohlichkeit verloren. Es hatte auch keinen Zweck, weiter mit ihm darüber zu streiten.
»Auf den Rädern«, entgegnete ich kurz angebunden. »Passt auf, ich zeige es euch. Aber bleibt ruhig, wenn ich den Motor anlasse. Es passiert euch nichts. Und vor allen Dingen, lasst die Waffen stecken.«
Sie nickten. Als ich an der Beifahrerseite vorbeiging, sah ich meine Kamera auf dem Sitz liegen. Ich musste ein Bild machen, damit ich zumindest etwas in der Hand hatte. Auch wenn die Beweiskraft für diese Begegnung wahrscheinlich so gut wie Null war. Die nächste Schwierigkeit bestand darin, dieses Bild überhaupt zu machen. Meine Kamera hatte so viel Ähnlichkeit mit den Fotoausrüstungen ihrer Zeit, wie mein Wagen mit einer Lokomotive. Wie sollte ich ihnen erklären, dass sie im Prinzip das gleiche Gerät war – nur eben nach über hundert Jahren technischem Fortschritts. Vielleicht lag darin aber auch meine Chance. Mir musste nur eine gute Ausrede einfallen, was ich mit der Kamera vorhatte, dann brauchte ich ihnen gar nicht zu sagen, dass sie fotografiert würden. Warum sollte ich ihnen überhaupt etwas sagen? Ich öffnete die Beifahrertür, hob vorsichtig meine Kamera vom Sitz, nahm die nötigen Einstellungen vor und drehte mich dann zu ihnen um. Die Kamera ganz unauffällig haltend drückte ich den Auslöser, spannte den Film, ging auf sie zu, drückte den Auslöser und spannte wieder. Bis ich bei ihnen angekommen war, hatte ich fünf
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