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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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nichts mehr und wartete ab, was als Nächstes passieren würde.
    »Was war das?«, fragte Brahe und machte dabei eine unbestimmte Geste in Richtung des Wagens.
    »Ich habe meinen Wagen gestartet«, meinte ich lapidar.
    »Was ist das, verdammt noch mal, für ein … Ding?«, wollte er wissen und auf einmal nahm ich ihm und seinen Gefährten ab, dass sie noch nie ein Auto gesehen hatten. Vielleicht gab es ja irgendwo hier im Outback eine Cattlestation oder eine Farm in einer abgeschiedenen Ecke, an der die letzten hundert Jahre spurlos vorbei gegangen waren. Es mussten noch nicht einmal hundert sein. Erst in den dreißiger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts haben sich die ersten Leute mit Autos ins Innere Australiens gewagt. Ziemlich unwahrscheinlich war die Sache schon, aber nicht unmöglich, wenn man bedenkt, dass man noch vierzig Jahre nach Kriegsende versprengte japanische Soldaten auf abgelegenen Pazifikinseln gefunden hatte, die nicht wussten, dass der Krieg schon längst vorbei war. Ich atmete tief durch.
    »Hört zu Leute, gehen wir einmal davon aus, ihr wisst wirklich nicht, was das ist«, begann ich und wusste nicht, wie ich weitermachen sollte. Sie schüttelten bestätigend den Kopf. »Dann sagt mir doch einfach mal, wer ihr überhaupt seid.« Dabei grinste ich sie an und holte mein Zigarettenpäckchen aus der Beintasche meiner Shorts. Brahe, so hatte es den Anschein, war wohl der Boss, denn er brachte Jonathan, der etwas sagen wollte, mit einer kurzen Handbewegung zum Verstummen. Ich steckte mir die Zigarette mit dem bunten Plastikfeuerzeug an, das ich vor zwei Nächten im Birdsville-Hotel geschenkt bekommen hatte. Auch bei dieser nebensächlichen Handlung stand meinen Besuchern wieder das Staunen ins Gesicht geschrieben.
    »Zigarette?« Ich hielt ihnen das Päckchen hin. Sie schüttelten den Kopf. »Nun«, meinte ich und wollte meine Frage nach ihrer Herkunft beantwortet haben.
    »Wir gehören zur Burke Expedition, die letzten August von Melbourne aufgebrochen ist, um durch die Landesmitte zum Golf von Carpentaria vorzustoßen. Jonathan, Perdy und ich, zusammen mit Patton, der im Camp geblieben ist, warten hier auf die Rückkehr von Superindendent Burke, der mit Wills, Gray und King vor drei Monaten Richtung Norden aufgebrochen ist.«
    Jetzt war es an mir, erstaunt die Augen aufzureißen. Ganz langsam formte sich in meinem Kopf ein Bild, das nicht stimmen konnte. »Die Burke und Wills Expedition?«, und meine Stimme war kaum lauter als das Säuseln des Windes in den Eukalyptusblättern.
    »Wieso Burke und Wills?«, fragte Brahe. »Es ist die Expedition von Superintendent Burke. Wills ist nur sein Stellvertreter.«
    »Schon gut«, krächzte ich. Es war schließlich egal, denn gestern hatte ich, keine fünf Kilometer entfernt, am ehemaligen Grab von Burke Halt gemacht, der Ende Juni hier am Cooper Creek gestorben war.
    Doch das war vor über hundertdreißig Jahren gewesen.

 
2
     
    Zuerst glaubte ich, es wäre ein schlechter Scherz, doch es hätte schon einer oscarreifen schauspielerischen Leistung bedurft, wenn die drei nicht von dem überzeugt gewesen wären, was sie mir eben mitgeteilt hatten. Ich musterte sie noch einmal eingehend. Suchte an ihren Handgelenken nach Armbanduhren, doch da waren keine, auch kein verräterischer weißer Streifen wie bei mir, der auf das gewohnheitsmäßige Tragen einer solchen hinwies. Ihre Waffen, ging es mir durch den Kopf, aber ich verstand zu wenig davon, um sagen zu können, ob die Revolver, die sie trugen, in die Zeit passten, aus der sie zu stammen behaupteten oder neueren Baujahrs waren. Sonst gab es nichts, was auf den ersten oder den zweiten Blick ihr Mitwirken in einer Sendung wie Versteckte Kamera oder einer anderen, die Leute hinters Licht führenden Fernseh-Show hingewiesen hätte. Aber so und nicht anders konnte es nur sein. Irgendwann, ich hoffte schon sehr bald, würden ein paar Leute aus dem Gebüsch kommen und die ganze Sache mit einem herzhaften Lachen auflösen. Ich beschloss, mich nicht allzu dämlich anzustellen. Trotzdem wusste ich nicht so recht, wie ich mich jetzt verhalten sollte. Ich konnte sie zu einer kurzen Fahrt zum Denkmal von Burke einladen, das man an der Stelle errichtet hatte, wo er begraben gewesen war, bis man seine Überreste nach Melbourne überführt hatte und ihnen auf diese Weise klar machen, dass ich den Spaß durchschaut hatte, oder ich konnte ihnen ganz einfach ein Bier anbieten. Ich entschied mich für letzteres und war

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