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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Blick zu.
    »Hör zu, ich bin sehr froh, dass ich euch getroffen habe, denn ich habe ein paar Probleme.« Ich musste unwillkürlich grinsen, denn Brahe hatte keine Ahnung, in welchen Schwierigkeiten ich wirklich war. »Eine Lokomotive«, strapazierte ich den Vergleich ein weiteres Mal, »wird durch Dampfkraft angetrieben. Mein Wagen funktioniert zwar wie eine Lokomotive, doch um ihn anzutreiben …« – kannte man zu diesem Zeitpunkt schon Benzin?, ging es mir durch den Kopf –, »braucht man eine brennbare Flüssigkeit. So wie Petroleum. Und ich habe nur noch sehr wenig davon. Keinesfalls genug, um nach Menindee zu kommen. Ich kann noch ein Stück mit dem Wagen fahren, aber dann ist Schluss. Ich bin also auf eure Hilfe angewiesen.« Ich versuchte ihn überzeugend anzulächeln, glaubte aber nicht, dass es mir gelang.
    »Da hast du aber, verdammt noch mal, Glück gehabt«, war Brahes Kommentar.
    Wie man’s nimmt, dachte ich mir. Hätte ich in Innamincka vollgetankt, hätte ich eine gute Chance gehabt, Menindee zu erreichen. Andererseits, wenn ich ein Jahr früher hier aufgetaucht wäre, dann hätte ich überhaupt keine Chance gehabt.
    »Wie weit kannst du denn noch fahren?«
    »Ich weiß nicht genau. So ungefähr zweihundertfünfzig Meilen. Höchstens.«
    »Nach Menindee ist es aber fast das Doppelte«, stellte Brahe enttäuscht fest.
    »Ich weiß«, sagte ich und steckte mir eine Zigarette an. Wenn ich schon nicht in Innamincka vollgetankt hatte, so hatte ich zumindest meinen Zigarettenvorrat in Birdsville aufgestockt. Er würde länger reichen als der Sprit. Trotzdem nahm ich mir vor, mich einzuschränken, was aber ein eher zweifelhafter Vorsatz war.
    »Du willst also mit uns nach Melbourne zurückkehren?«
    Ich nickte. »Wenn es möglich ist, würde ich mich euch gerne anschließen.«
    »Wir müssen hier aber auf die Rückkehr von Superintendent Burke und seiner Gruppe warten. Sie haben versucht, den Golf zu erreichen, und wir sind jetzt schon seit einhundertzwanzig Tagen ohne Nachricht von ihnen. Eigentlich hatte Burke gesagt, sie wären in drei Monaten zurück. Wir haben keine Ahnung, wo sie sind oder was mit ihnen geschehen ist. Wenn Wright allerdings nicht bald mit dem Nachschub kommt, dann müssen wir von hier aufbrechen und versuchen, uns nach Menindee durchzuschlagen.« Er machte eine verzweifelte und sorgenvolle Miene. »Auch Patton ist ein Problem. Seine Verletzung ist ziemlich schwer und will nicht heilen. Er kann nicht mehr lange hier in der Wildnis bleiben. Wir sind nur vier Leute. Ich kann die Gruppe nicht weiter aufteilen. Zwei Leute haben in der Wildnis keine Chance. Weder hier im Lager noch bei dem Versuch, Menindee zu erreichen. Schon gar nicht, wenn einer davon verletzt ist. Die Wilden sind absolut unberechenbar.«
    Einige seiner Fragen hätte ich ihm beantworten können, aber was hätte es geholfen. Er würde seine Entscheidung treffen und das Lager am einundzwanzigsten April aufgeben. Doch bis dahin waren noch zehn Tage Zeit.
    »Wäre es nicht sinnvoll«, begann ich vorsichtig, »Burke und seinen Gefährten entgegenzureiten?« Kaum hatte ich es gesagt, bereute ich es schon wieder. Ich versuchte, in den Lauf der Geschichte einzugreifen.
    »Ja«, gab er nachdenklich zurück, »das habe ich mir auch schon überlegt.« Dann schüttelte er den Kopf und beschrieb mit dem ausgestreckten Arm einen weiten Halbkreis, der das jenseitige Ufer des Cooper Creek einschloss. »Aber wohin? Sie sind nach Norden gegangen. Vor vier Monaten. Aber aus welcher Richtung kommen sie zurück? Vielleicht von dort«, er deutete den Cooper Creek Richtung Westen hinunter, »weil sie weiter flussabwärts auf den Cooper Creek gestoßen sind, oder von dort«, er zeigte in genau die entgegengesetzte Richtung, »weil das Gelände östlich von hier besser passierbar ist?«
    Nein, wollte ich schon sagen, sie kommen direkt vom Diamentina herunter, quer durch die Sturt Stony Dessert. Stattdessen zuckte ich nur mit den Achseln und heuchelte Unwissen. »Du hast Recht«, räumte ich beiläufig ein und versuchte, das Gespräch in andere Bahnen zu lenken. »Wie lange wollt ihr hier noch abwarten?«
    Brahe zuckte mit den Achseln. »So lange ich es verantworten kann. Patton braucht unbedingt einen Arzt, und Burke ist jetzt schon seit einem Monat überfällig …«
    Ich konnte mir den Rest denken. Brahe ging wahrscheinlich davon aus, dass Burke und seine Gefährten schon irgendwo in den unerforschten Weiten, die zwischen dem Cooper Creek

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