Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
Vom Netzwerk:
Tage, bis sie nach Menindee aufbrechen und damit das Schicksal von Burke und Wills besiegeln würden. Der müsste jetzt irgendwo in der Gegend von Birdsville sein. Eine Strecke, die ich vor kurzem noch in sechs Stunden zurückgelegt hatte. In fünf Tagen würde Gray sterben und von Burke, Wills und King am Lake Massacre beerdigt werden. Und ich hielt sein und das Schicksal seiner drei Gefährten in meinen Händen. Ich schob den Gedanken beiseite.
    Nachdem das Frühstück, Brot mit kaltem Fleisch für Brahe und seine Leute, nur Brot für mich, ausgestanden war, gingen Perdy und Jonathan, wie wohl jeden Morgen, auf die Jagd. Patton lag fast apathisch im Schatten des großen Koolibahs, und Brahe führte die Pferde an den Cooper Creek, um sie zu tränken. Dazu musste er ziemlich nahe an einem Kamel vorbei, das, als es die Pferde roch, blökend auf die Beine kam und im Unterholz verschwand. Auch die Pferde wurden unruhig, doch Brahe schien das Problem schon zu kennen und schaffte es, die Tiere schnell wieder zu beruhigen. Ich ergriff die Gelegenheit, um Inventur zu machen. Es wäre Unsinn, meine Vorräte zu verheimlichen. Man hatte mich zwar nicht danach gefragt, war möglicherweise auch davon ausgegangen, dass ich keine Nahrungsmittel hätte, aber wenn ich nicht von Reis und Brotfladen leben wollte, musste ich meine verbliebenen Nahrungsmittel der Gruppe zur Verfügung stellen. Ich löste die Plane von der Ladefläche und schaute als erstes in die Kühlbox. Das Wasser darin hatte inzwischen Badewassertemperatur. Die Margarine war noch nicht flüssig, aber viel fehlte nicht mehr, dafür konnte man den Käse in der Plastikbox mit dem Löffel essen. Lediglich die Salami und das Stück Schinken, beides sicher in einer weiteren Box verstaut, erweckten den Anschein, noch einigermaßen genießbar zu sein. Mein erster Gedanke war, den Gaskühlschrank in Betrieb zu nehmen, doch dann überlegte ich mir, wie ich Brahe und den anderen die Funktionsweise dieses Gerätes erklären sollte. Schnell kam ich zu dem Schluss, dass es die Sache nicht wert war. Das Gas würde bestenfalls für ein paar Tage reichen und dann war auch diese Errungenschaft des zwanzigsten Jahrhunderts gänzlich nutzlos. Also was soll’s. Nicht in Betrieb war der Kühlschrank einfach eine Kiste, zwar eine etwas seltsame, aber viel unauffälliger. Ich begann meine Habseligkeiten von der Ladefläche zu räumen. Dabei versuchte ich gleich die Dinge auszusortieren, die nur schwer zu erklären waren. Eigentlich waren es gar nicht so viele. Die Töpfe, Schüsseln, Teller und Bestecke in der Geschirrkiste waren unauffällig. Sie konnten, geschwärzt von vielen Lagerfeuern, genausogut aus dem neunzehnten wie aus dem einundzwanzigsten Jahrhundert stammen. Ich blickte kurz in die Werkzeugkiste, auch da gab es nichts Auffälliges. Meine Vorräte, so schmal sie auch waren, stellten schon ein anderes Problem dar, was ich aber nicht umgehen konnte. Ich hatte keine Ahnung, ob diese Leute schon mit Konservendosen vertraut waren, doch es waren Lebensmittel, und die wurden hier dringend benötigt.
    Als Brahe die Pferde getränkt hatte, lagen meine Besitztümer neben dem Wagen ausgebreitet. Er kam zu mir herüber geschlendert und studierte zuerst stumm, was da auf dem Boden lag. Schließlich begann das von mir vorausgeahnte und auch befürchtete Frage- und Antwortspiel.
    Brahe nahm eine der Gemüsedosen in die Hand und betrachtete sie von allen Seiten. »Was soll das sein?«, fragte er kopfschüttelnd und schob seinen breitkrempigen Hut aus der Stirn. Der ehemals blütenweiße Verband war inzwischen dreckig wie der Rest seiner Kleidung. Ganz offensichtlich hatte sich niemand die Mühe gemacht, den Verband zu wechseln.
    »Das sind eingemachte Bohnen«, gab ich zurück und ergänzte auf die anderen Dosen deutend. »Das sind Erbsen, Mais, Tunfisch und noch ein paar Dosen mit Obst.«
    Er schüttelte die Konservendose und der Inhalt schwappte hin und her. »Und wie kommen die da rein?« Noch bevor ich antworten konnte, meinte er mit einem Grinsen, »und wieder heraus.«
    »Sie werden in einer Lebensmittelfabrik eingekocht und dadurch sind sie lange haltbar«, erklärte ich und hoffte, dass er das im Boden eingestanzte Haltbarkeitsdatum, Mai 2003 nicht bemerkte oder zumindest nicht als das identifizieren würde, was es war. Sein Blick signalisierte Unglauben. »Ich werde es euch heute Abend zeigen. Da essen wir von meinen Vorräten.«
    »Was ist das für eine Kiste?«, wollte er wissen

Weitere Kostenlose Bücher