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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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jaulte Mira und brach in Tränen aus.
    »Du benimmst dich daneben«, tadelte Augie.
    Er ist irre, dachte Jimmy. Selbst Mira weiß das. Er würde alle beide verlieren.
     
    * * *
     
    Der Ingenieur, ein vierschrötiger Typ namens Philip Arbogast, erschien mit zwei Koffern voll diagnostischer Geräte, die er auf dem Couchtisch platzierte. Mira und Jimmy rückten zur Seite, damit der Techniker sich zwischen sie setzen und sich in Augies Wave-Dateien einklinken konnte.
    Im Deckel eines der Koffer befand sich ein kleiner Bildschirm, doch dieser blieb leer.
    »Er versteckt sich vor mir«, mutmaßte Arbogast, während die Diagnoseprogramme liefen.
    »Augie, komm heraus!«, brüllte Mira. »Du willst doch wieder gesund werden!«
    Aber Augie rührte sich nicht.
    »Er ist meschugge«, verlautbarte Arbogast fünf Minuten später. Jimmy musste sich beherrschen, um ihn wegen der saloppen, herzlosen Art, in der er sein Urteil aussprach, keine runterzuhauen.
    »Ist es irgendein Virus?«, jammerte Mira.
    »Ich dachte, heutzutage gäbe es einen effizienten virtuellen Impfschutz«, warf Jimmy ein.
    »Sie haben ja Recht«, entgegnete Arbogast, auf die Datenflut starrend. »Aber das ist nicht das Problem.«
    Eine längere Stille trat ein, derweil der Mann selbstvergessen auf seine Instrumente stierte, als befände er sich allein im Zimmer.
    »Was ist denn das Problem?«, half Jimmy ihm auf die Sprünge.
    Arbogast ließ von seinen Koffern ab und blickte zuerst Mira, dann Jimmy an. »Wissen Sie, ich halte Sie beide für nette, intelligente Menschen, deshalb will ich ganz offen mit Ihnen sprechen. Das Problem liegt darin, dass diese Generation von KIs … nun ja, menschlich ist. Im Grunde ist mit Augies Quantenkernspeicher alles in Ordnung. Aber in letzter Zeit sind mir viele solcher Fälle untergekommen.«
    »Alles in Ordnung!«, kreischte Mira und drehte den Kopf zur Seite. »Das darf doch nicht wahr sein! Sie hätten ihn zurückspulen und sich ein paar von den Sachen anhören sollen, die er von sich gab.«
    »Viele solcher Fälle?«, wiederholte Jimmy. »Was genau soll das heißen, wenn Sie sagen, Ihnen seien viele solcher Fälle untergekommen?«
    Der Mann lächelte ihn an, ohne Mira miteinzubeziehen. »Wisst ihr was, Leute? Eurem Augie fehlt weiter nichts … er ist halt nur labil, wie ein Mensch. Wenn ich sein Mundwerk wieder einschalte …«
    »Sie haben seinen Ton abgestellt?«, fragte Jimmy.
    »Sie auf stumm zu schalten, gehört zum Standardprozedere«, erklärte Arbogast. »Soll ich ihn wieder aktivieren?«
    »Nein, nein!«, gellte Mira und hielt sich die Hände vors Gesicht. Jimmy wusste, dass sie Angst hatte, Augie könnte sich vor Arbogast genauso gehen lassen wie vorhin.
    »Und was schlagen Sie vor?«, erkundigte sich Jimmy ruhig.
    »Hören Sie«, begann Arbogast. »Denken Sie an die Fülle von Daten. Es sind mehr, als jedes konventionelle menschliche Gehirn verarbeiten könnte. Chaos. Seltsame Synergien. Die uneditierte menschliche Datenbank ist ein höllischer evolutionärer Mischmasch. Und obendrein sind Tabula rasas – unbefleckte, saubere Kernspeicher – auch nicht mehr das, was sie mal waren. Mittlerweile pflanzt man alle möglichen Enabler in sie ein.«
    »Muss das denn so ausufern?«, wollte Mira wissen.
    »Nein, die Situation läuft nicht immer aus dem Ruder«, erwiderte Arbogast lächelnd. »Doch bei Ihrem Augie ist gewissermaßen eine Sicherung durchgebrannt. Er lässt sich nicht mehr bremsen. Er analysiert alles und jedes, was ihm gerade in den Sinn kommt. Die Geschichte eskaliert, indem die Informationsflut anwächst. Er verbraucht immer mehr Energie, und es kommt der Punkt, an dem er abstürzt. Schließlich ist er mit der ganzen Welt vernetzt. Er ist eine in sich geschlossene, vollständige Welt, so wie Sie und ich.«
    »Aber was können wir unternehmen?«, beharrte Jimmy, in der Annahme, der Mann wolle ihm irgendein Bootleg-Programm zu einem astronomisch hohen Preis verkaufen.
    Arbogast zuckte die Achseln. »Sie können ihn löschen. Es liegt bei Ihnen. Oder …«
    »Oder was?«, insistierte Mira.
    »Was würden Sie an unserer Stelle tun?«, erkundigte sich Jimmy, der befürchtete, dass Mira mit ihren Kräften am Ende war.
    Gespannt fieberte er der Antwort des Technikers entgegen, immer noch in der Annahme, dieser sei lediglich auf Geldschneiderei aus.
    »Sie können gemeinsam mit ihm die Fehler abbauen. Ihn umerziehen. Mit ihm klönen. Holen Sie sich psychologischen Rat ein. Lassen Sie ihn therapieren.

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