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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Leere ausweitete. Ihm war, als schwebe er am Rand dieses Abgrunds, in den er jeden Augenblick hineinstürzen konnte, um von ihm verschluckt zu werden.
    Arbogast rappelte sich hoch, kam um den Tisch herum und nahm neben ihm Platz. Jimmy griff nach Miras Hand, was sie zu beruhigen schien.
    »Dann wollen wir mal!«, verkündete Arbogast.
    Der große Drei-D-Schirm leuchtete auf, und Augie II lächelte ihnen entgegen, glückselig, mit blanken Augen, gewillt, sich von neuem unterrichten zu lassen. Sein heller Teint war makellos, die blonden Locken fielen ihm in die Stirn, die wachen blauen Augen schienen freundlicher dreinzublicken.
    Während Augies anrührendster Pose fror Arbogast das Bild ein.
    Brandneu, dachte Jimmy und merkte, wie sich frische Spannkraft in ihm regte.
    »Von hier an übernehmen Sie ihn«, erklärte Arbogast und klappte die Koffer zu. Als er aufstand, hatte Jimmy ganz entschieden das Gefühl, dass dieser Mann sie beraubte, obwohl ihr gesamtes Besitztum in der Wohnung bleiben würde.
    Arbogast schnappte sich die Koffer und steuerte auf die Tür zu.
    Jimmy spürte, wie sich Miras Hand in der seinen verkrampfte.
    »Möglicherweise ist er etwas ganz Besonderes«, rief Arbogast über die Schulter zurück. »Selbstverständlich kann er sich an seinen Tod nicht erinnern, und er ist leistungsstärker als Augie Eins.« Er lachte. »Wissen Sie was, er sieht aus wie Cupid!« Hinter ihm glitt die Schiebetür zu.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte Jimmy Mira, während er merkte, wie sich der Abgrund in ihm wieder schloss.
    Sie nickte und ließ seine Hand los. Dann nahm sie den schwarzen Stift und drückte ihn an ihre Brust. »Was hältst du von Arbogast?«, fragte sie glücklich.
    »Er meint es gut«, antwortete Jimmy, ohne zu erwähnen, dass er ihn als gelinde verrückt einstufte. »Wie fühlst du dich?«
    Immer noch Augies Überreste an sich pressend, nickte sie und flüsterte: »Funkelnagelneu!«
    Er wusste, dass sie fest entschlossen war, es dieses Mal besser zu machen. Vielleicht war dieser Neubeginn genau das Richtige für sie.
    »Wenn er alt genug ist«, schwärmte sie lächelnd, »beschaffen wir ihm eine Verkörperung und geben eine Party, um ihn in die Gesellschaft einzuführen. Vielleicht lag es daran, weißt du? Dass er nicht genug rauskam, immer eingesperrt war. Was denkst du?«
    Jimmy schwieg und wandte sich von ihr ab. Er rechnete fest damit, dass Augie letztendlich aus seinem elektronischen Gefängnis ausbrechen würde. Was vielleicht nicht das Schlechteste wäre.
    Doch dann stellte er sich Augie in seinem künstlichen Körper vor, wie er durchs Haus rannte, weich und knuddelig, aus Designermaterial geformt, das exakte Abbild des Wesens auf dem Monitor.
    Miras Hand schob sich in die seine, aber er vermochte ihr nicht ins Gesicht zu blicken. Ihre Hand fühlte sich warm an. Sie war wieder obenauf, springlebendig, und bedeutete ihm, bei ihr zu bleiben.
    »Jetzt geht es mir wieder gut, Darling«, seufzte sie.
    Als er sie endlich anschaute, sah er eine ausgeglichene, strahlende Frau, die verzückt das Kindergesicht über dem Kamin anlächelte. Nie würde er den Mut aufbringen, sie von den Höhen herunter zu reißen, die sie gerade erstiegen hatte. Sie stand wieder auf dem Gipfel und bot der Welt die Stirn.
    Es war das Antlitz einer begeisterten, nicht zu bremsenden Mom.
    Augie strahlte auf sie herab, doch Jimmy beschlich eine Eiseskälte. Wie wenn der Junge sie vernehmlich fragte: »Aber dieses Mal bringt ihr mich nicht um, oder?«
    Doch es ertönte keine Stimme, Augie war kein Junge, und das lächelnde Gesicht stellte die Maske von etwas dar, das in einem elektronischen Labyrinth hauste und sich selbst noch nicht kannte.
    »Übrigens«, meldete sich Mira, »wer ist Cupid?«
    Immer noch ihre warme Hand haltend, besorgt, Augie könnte ihm Mira ein zweites Mal wegnehmen, gab sich Jimmy der Hoffnung hin, der Bub würde eines Tages von zu Hause ausreißen.
     
    Originaltitel: ›THE DEATHS OF ARTIFICIAL INTELLIGENCES‹
    Copyright © 1999 by George Zebrowski
    Erstmals erschienen in ›AI JAPAN‹, Vol. 1
    Copyright © 1999 Byakuya Shobo Co. Ltd., Tokyo, Japan
    Mit freundlicher Genehmigung des Autors und Thomas Schlück, Literarische Agentur, Garbsen (T 7604)
    Copyright © 2001 der deutschen Übersetzung by Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München
    Aus dem Amerikanischen übersetzt von Ingrid Herrmann-Nytko

 
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