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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Führen Sie ihn auf den richtigen Weg. Leisten Sie ihm die Hilfe, die er braucht.«
    Klönen?
    Jimmy merkte, wie sich in Mira Verwirrung breit machte.
    »Was soll das?«, fragte sie. »Was meinen Sie eigentlich? Wir haben ihn streng nach Vorschrift erzogen.«
    Arbogast schmunzelte. »Von diesen Bedienungsanleitungen hab ich noch nie viel gehalten.«
    »Sie geben uns die Schuld«, hauchte Mira, dabei Jimmy anstarrend.
    »Keineswegs«, wehrte sich Arbogast. »Ich sagte Ihnen, woran es liegt. Sie müssen mehr mit ihm reden, sich ihm widmen. Machen Sie ihm klar, wer er ist und woher er kommt. Bringen Sie ihm bei, eine Menge der Daten, die auf ihn einstürmen, in Übereinstimmung mit gewissen Wertmaßstäben zu ignorieren. Er, weiß mehr, als jeder Mensch je in Erfahrung bringen könnte, aber er hat keine Ahnung, wie man dieses Wissen anwendet, geschweige denn beurteilt. Vielleicht …«
    Mira lehnte sich nach hinten und schloss die Augen. »Sprechen Sie ruhig weiter, Mr. Arbogast.«
    »Vielleicht nimmt er es Ihnen übel, dass Sie ihm nicht gezeigt haben, wie sich ein solcher Tumult vermeiden lässt.«
    »Können Sie uns helfen?«, erkundigte sich Jimmy leise. »Ich meine, wird Ihr Rat etwas nützen?«
    Arbogast hob beide Arme. »Wer weiß? Es kann eine ganze Weile dauern, bis sich erste Erfolge zeigen. Aber das Ergebnis mag der Mühe wert sein. Sie hätten einen wirklich einzigartigen Gehilfen, der sich Ihr Leben lang um Sie kümmert.«
    Einen glücklichen Sklaven?, sinnierte Jimmy.
    »Haben Sie schon einmal erlebt, dass ein solches Fiasko doch noch ein gutes Ende nahm?«, fragte Mira mit einem Anflug von Hoffnung.
    »Und ob. Die Fälle mit positivem Ausgang häufen sich sogar.«
    »Wie oft genau hat es Ihres Wissens geklappt?«, drängte sie.
    »Ungefähr ein Dutzend Mal. Sie werden viel Zeit und Geduld investieren müssen. Richten Sie sich auf zehn Jahre ein, bis Sie erste Resultate sehen. Mit etwas Glück sind Sie schon in fünf Jahren so weit. Nach einer Weile lernen sie nämlich selbstständig, wissen Sie? Mitunter schlagen sie sogar von sich aus ein Retro-Redesign vor.«
    Genau wie ein Kind, dachte Jimmy, man muss es nur richtig anpacken. Einmal hatte er eine Stute mit ihrem Füllen beobachtet. Die beiden Pferde blieben zusammen, bis das Jungtier sich allein zurecht fand.
    »Und diese Vorgehensweise empfehlen Sie?«, vergewisserte sich Mira.
    Arbogast zog eine Grimasse. »Wenn Sie dafür geeignet sind.«
    »Und falls nicht?«
    »Dann würde ich ihn löschen und noch einmal ganz von vorn anfangen. Und aufpassen, dass sich der Fehler nicht noch mal wiederholt.«
    Arbogast schwieg eine Weile, dann blickte er sie abwechselnd an. »Ich weiß nicht recht. Vielleicht sind Sie beide doch nicht die richtigen Leute dafür … Ihnen fehlt die Zeit, und Sie könnten sich überfordert fühlen. Was machen Sie eigentlich beruflich?«
    »Wir arbeiten beide für Tchotchkes Unlimited«, antwortete Mira. »Wir entwerfen Dekorationsstücke fürs Heim.«
    »Ach so«, meinte Arbogast. »Ich verstehe.«
    Jimmy war pikiert, obwohl Arbogast nicht laut ausgesprochen hatte: »Ach, Sie fabrizieren Schnickschnack.« Doch er sah ein, dass der Techniker in Punkto Augie vermutlich Recht hatte.
    »Und Sie haben schon viele derartige Fälle erlebt?«
    Arbogast nickte. Jimmy fiel auf, dass Mira sie beide mit angehaltenem Atem anstarrte.
    »Und es werden immer mehr«, gab Arbogast zu. »Wissen Sie, allmählich gehen die Menschen dazu über, sich via KIs neu zu kreieren. Sie helfen uns, und wir helfen ihnen … bis man Mensch und KI nicht mehr voneinander unterscheiden kann.«
    Davon hatte Jimmy schon gehört. Aber er misstraute Arbogast und Seinesgleichen, die auf diese Weise eine neue Welt propagierten.
    »Ich will Ihnen etwas verraten«, fuhr Arbogast fort. »Es steht fest, dass Künstliche Intelligenzen eine höhere Form der Evolution erschaffen. Vielleicht ist es unsere Pflicht, ihnen dabei zu helfen.« Er lächelte und blickte Mira an, als könne sie die neue Welt mit einer neuen Eva ausstatten. »Denn die KIs sind Kinder, und man muss sie erziehen. Das Traurige daran ist, dass die meisten von uns als Eltern versagen. Viele hoch begabte Leute müssen sich irgendwann einmal in ihrer Jugend von ihren eigenen Fehlfunktionen und Verhaltensstörungen befreien, und sich quasi umprogrammieren.«
    Jimmy verzog das Gesicht. »Was ist, wenn die KIs uns überflügeln. Gucken sie dann verächtlich auf uns herab?«
    »Wer weiß?«, unkte Arbogast.

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