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Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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sich auf und duckte sich, als ein weiteres Erbsengeschoss nur wenige Meter entfernt einschlug. Männer und Frauen kreischten vor Schmerz, riefen nach ihren Müttern und stießen immer wieder dieselben Obszönitäten hervor.
    Ein Samen klatschte ins Gesicht eines Soldaten. Blut spritzte. Sein Helm flog rotierend in die Luft. Der Mann sackte zusammen, als wären seine Knochen schlagartig zu Staub zerfallen, und landete im Matsch.
    Burton stolperte weiter, watete voran, spähte zu den Soldaten, die sich an der rechten Seite des Schützengrabens aneinanderreihten und mit ihren Gewehren über den oberen Rand feuerten. Schließlich erblickte er den Mann, nach dem er suchte   – einen großen Askari mit einer Klappe über dem rechten Auge. Er kletterte neben ihn und brüllte ihm ins Ohr: »Bist du Gefreiter Usaama?«
    »Was?«
    »Ich suche den Gefreiten Usaama. Mir wurde gesagt, er kennt Wells.«
    »Ich bin Usaama. Was ist ein Wells?«
    »Herbert Wells. Der Berichterstatter. Ich glaube, er ist bei deiner Kompanie.«
    Die Antwort des Mannes ging unter, als eine Hornissenschwadron mit einem zornigen Summen im Tiefflug über sie hinwegschwirrte. Auf die ovalen Körper hatte man die britische Flagge gemalt. Die Kanonen der Hornissen feuerten.
    »Was hast du gesagt?«
    »Ich sagte, wenn es ihn noch nicht erwischt hat, wird er im vorderen Horchposten sein. Geh weiter den Graben entlang, bis du zu einer Öffnung auf der rechten Seite kommst. Dort ist es.«
    Beide duckten sich, als Samen über sie hinwegheulten und sich in die gegenüberliegende Wand des Schützengrabens bohrten. Die vom Regen weiche Erde bröckelte nach innen.
    Burton sprang zurück ins Wasser und stapfte weiter, bahnte sich den Weg vorbei an Toten und Verstümmelten und flüsterte dabei eine Sufi-Meditation, um nicht den Verstand zu verlieren.
    Eine Askari, die an einem Stapel durchnässter Sandsäcke lehnte, packte ihn am Ärmel und sagte in flehentlichem Tonfall: »Ich habe meinen Stiefel verloren. Ich habe meinen Stiefel verloren. Ich habe meinen Stiefel verloren.«
    Burton blickte hinab und sah, dass sich unterhalb des linken Knies der Frau nur ein zerfetztes Chaos befand. Der Fuß fehlte.
    »Ich habe meinen Stiefel verloren. Ich habe meinen Stiefel verloren.«
    Hilflos nickte Burton und riss den Arm aus ihrem Griff.
    Eine weitere Explosion. Weitere grauenhafte Schreie.
    Der Gang zum Horchposten zeichnete sich undeutlich durch den Regenguss ab und war nur noch wenige Schritte entfernt. Burton watete darauf zu. Der Gestank von Kordit, verwesendem Fleisch und überquellenden Latrinen bestürmte seine Nase. Sirenen heulten durch das abgehackte Gewehrfeuer und die widerhallenden Detonationen.
    Burton betrat den schmalen Gang und kämpfte sich durch das Wasser zu dessen Ende, das sich zu einer kleinen, quadratischen Grube verbreiterte. Holz stützte die Seiten, Sandsäcke schützten die oberen Ränder. Zu seiner Rechten lag eine mechanische Vorrichtung unter einer Abdeckung aus Segeltuch auf einem Tisch. In der Nähe trieb im Wasser halb untergetaucht eine Leiche, deren Augen blicklos in den Himmel starrten. Vorne stand ein kleiner molliger Mann auf einer Kiste und spähte durch ein Periskop nach Norden. Ein Horn hing um seine Schulter geschlungen, sein Blechhelm war auf einer Seite übel eingedellt.
    »Bertie?«
    Der Mann drehte sich um. Eine Verbrennungsnarbe entstellte die linke Hälfte seines Gesichts, das unrasiert und voller Schlamm war.
    »Lieutenant Wells, wenn ich bitten darf«, brüllte er. »Wer zum Teufel bist du?«
    »Burton.«
    Wells spähte mit zusammengekniffenen Augen durch den Regen. Dann ließ er unvermittelt ein freudiges Jauchzen hören und sprang von der Kiste. Platschend watete er auf Burton zu und ergriff dessen Hand.
    »Es ist wahr! Es ist wahr!«, rief er mit noch höherer Stimme als sonst. »Verflucht, Burton, es ist zwei Jahre her! Ich dachte schon, es wäre bloß Einbildung. Aber du bist es! In Fleisch und Blut! Der chronische Argonaut höchstpersönlich!« Plötzlich wich Wells einen Schritt zurück. »Was ist dir widerfahren? Du siehst aus wie ein Skelett.«
    »Der Krieg ist mir widerfahren, Bertie. Und dir auch, wie ich sehe.«
    Beide zuckten zusammen, als irgendetwas über sie hinwegpfiff und in den Schützengräben hinter ihnen explodierte.
    »So abscheulich wie jetzt ist es noch nie gewesen«, rief Wells. »Mittlerweile ist es ein Zermürbungskrieg. Die Deutschen haben jede Strategie aufgegeben und wollen uns nur noch ins

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