Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
einstellt und die Spektren gleich mit verschiedenen Softwares inspiziert. Dann bleibt man entweder beim gleichen Stern oder schwenkt zum nächsten. So geht es Stunde für Stunde bis zum Morgengrauen. Unterbrochen wird dieser Vorgang nur von gelegentlichen Gängen in die kleine Küche oder einem erfreuten »Yeah«, wenn eine neue Belichtung schön viele Sternphotonen aufweist. Aber dann ist man auch schon wieder mit der nächsten Belichtung beschäftigt.
Diese Vorgänge sind unabhängig davon, an welchem Teleskop man sich befindet. Der einzige Unterschied ist, dass an größeren Teleskopen das Teleskop selbst von ausgebildetem Personal bedient wird. Damit muss man dann als Beobachter nur noch das Instrument bedienen. Und natürlich alle für die Beobachtungen wichtigen Entscheidungen treffen.
Eine normale Beobachtungsnacht im chilenischen Winter am 6,5 m-Magellan-Teleskop läuft ungefähr so ab:
15:00 Man muss aufwachen … Als Erstes stecke ich den Kopf aus der Tür, um nach dem Wetter zu schauen. Hoffentlich ist es klar!
16:00 Kurze Fahrt hoch zum Teleskop. Diverse Kalibrationsmessungen, und Lampenspektren für die spätere Verarbeitung der Daten müssen vor Einbruch der Dunkelheit aufgenommen werden.
17:00 Die Kalibrationen laufen, Zeit zum E-Mail-Checken und um sich auf das Abendessen zu freuen.
17:50 Abendessen mit den anderen Beobachtern! Das ist das Beste am Beobachtengehen, bis auf gute Wetterbedingungen und tolle neue Daten natürlich.
18:15 Schnell, schnell zurück zum Teleskop. Es wird schon langsam dunkel.
18:20 Sonnenuntergang. Ich sehe die Sonne gerade noch am Horizont versinken, denn im Winter ist nur wenig Zeit direkt vor dem Beobachtungsstart. Da kann es auch mal etwas hektisch werden. Die ersten zu beobachtenden Sterne müssen noch ausgewählt und ein grober Plan für die Nacht erstellt werden.
18:40 Das Teleskop wird zum ersten Stern geschwenkt. Es ist noch nicht ganz dunkel, aber sehr helle Sterne, die für uns als Vergleichsobjekte fungieren, können schon beobachtet werden.
19:00 Die weiteren Beobachtungen laufen jetzt schon recht flüssig. Aber es ist erst 19:00 – nur noch 12 weitere Stunden! Am besten, man denkt nicht weiter darüber nach …
21:15 Zeit für ein erstes Milo-Getränk, das ist ein leckeres Kakao-Malz-Getränk mit Vitaminanreicherungen. Das tut gut, denn aus Erfahrung weiß ich, dass ich den Zucker brauche, um wach zu bleiben! Denn Kaffee oder Cola trinke ich nicht.
22:00 Heute ist es wesentlich kühler als gestern. Die kalten Luftströmungen haben einige Turbulenzen in der Atmosphäre verursacht. Dementsprechend fluktuiert das »Seeing« sehr und ist im Mittel auch nicht besonders gut. Das ist nervig, denn dadurch dauern alle meine Beobachtungen nun zwei- bis dreimal so lange. Oder gar noch länger, wenn sich die Bedingungen noch weiter verschlechtern.
24:00 Das Seeing ist immer noch ziemlich miserabel, aber immerhin kommen einige Photonen auf dem Detektor an. Was will man mehr?! Mehr Photonen natürlich. Aber schnell bitte!!
2:00 »Night lunch«-Zeit. Heute gibt es selbstgebackenes Vollkornbrot mit Avocado, roten Paprikas, Tomaten und Salat. Und mit etwas würzig-scharfem chilenischen Tomatenketchup. Das macht einen wieder frisch. Dazu noch ein Milo-Getränk.
3:00 Meine Belichtungen scheinen kaum mehr Photonen zu liefern. Oder bilde ich mir das nur ein? Um 3:00 Uhr ist man schon etwas müde …
4:00 Kein Wunder – es ist wolkig. Da kommen von den Sternphotonen natürlich keine mehr zu uns durch. Das ist enttäuschend. Nichts ist schlimmer, als Wolken über dem Teleskop zu haben. Obwohl Regen, Sturm oder Schnee natürlich noch schlimmer wären. Aber man muss positiv denken: Das Wetter war in der letzten Zeit oft sehr schlecht, also muss es ja bald wieder besser werden. Im Kontrollraum ist es auch nicht gerade angenehm. Die Luftfeuchtigkeit liegt bei 8%, während es draußen 5% sind. Das erklärt wenigstens, warum ich mich wie eine ausgetrocknete Rosine fühle.
6:20 Die letzte Belichtung. Schnell, schnell, denn es wird schon wieder heller draußen.
6:30 Alles geschafft. Die Nacht ist vorbei. Oder doch noch nicht ganz.
6:35 Was würde ich nur dafür geben, jetzt einfach genau hier einschlafen zu können!?! Aber leider müssen noch Kalibrationsaufnahmen vom nicht zu hellen Himmel während der Dämmerungszeit gemacht werden. Da führt kein Weg dran vorbei.
7:05 Die Himmelsspektren sind fertig. Endlich.
7:10
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