Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
sichtbar, wenn die Luft in Richtung Sonne besonders klar ist und die Sonne selbst möglichst hinter einem hohen Berg am Horizont untergeht. Obwohl viele der Teleskope auf hohen Bergen stehen und eine gute Sicht bieten, ist ein Grüner Flash auch für Astronomen etwas Besonderes.
Abb. 8D
Ein »Grüner Flash« geht auf die Lichtbrechung zurück. Das Sonnenlicht wird in der Atmosphäre gebrochen, genauso wie Licht gebrochen wird, wenn es unter einem Winkel auf Wasser trifft. Die Geschwindigkeit des Sonnenlichts ist in der Atmosphäre ein bisschen geringer als im Weltraum, dem optimalen Vakuum. Das Maß der Verringerung hängt von der Dichte der Atmosphäre ab. In der Nähe des Horizonts ist die Atmosphäre etwas dichter als an höheren Orten. Alle Lichtstrahlen, die bei einem Beobachter ankommen, sind deswegen beim Eintritt in die Atmosphäre etwas gekrümmt worden, das Licht in Horizontnähe also ein wenig mehr als das Licht direkt von oben. Zusätzlich werden blaue und grüne Wellen mit ihren kürzeren Wellenlängen dabei mehr gekrümmt als langwelligeres, rotes Licht.
Wenn die Sonne dann fast ganz untergegangen ist, verdeckt der Horizont nicht nur den Großteil der Sonne selbst, sondern auch das gesamte rote, langwellige Licht aufgrund seiner weniger ausgeprägten Krümmung. Dieses Licht schafft es einfach nicht mehr, über den Horizont zu scheinen. In diesem kurzen Moment gelingt dies nur noch dem grünen und als letztem dann noch dem blauen Licht. Genau das ist dann als »Grüner« oder sogar »Blauer Flash« beobachtbar. Der »Blaue Flash« ist folglich nach dem grünen zu sehen, sobald auch das grüne Licht hinter dem Horizont verschwunden ist. Zusätzlich wird das blaue Licht generell noch in der Atmosphäre getrübt, so dass ein »Blauer Flash« wirklich extrem selten ist. Aber einige meiner Beobachter-Kollegen haben auch schon »Blaue Flashs« in Chile gesehen. Ich muss wohl noch mehr beobachten gehen, um dieses Naturwunder zu erleben. Aber wenigstens habe ich schon einmal einen »Grünen Flash« bei meiner ersten Beobachtungskampagne in Chile gesehen. Das war sehr aufregend und natürlich auch ein Gesprächsthema beim Abendessen am nächsten Tag.
Dieses Ritual, den Sonnenuntergang mitzuverfolgen und zu sehen, ob man Glück hat und einen »Grünen Flash« erwischt, findet jeden Abend statt. Es ist ein wunderbarer Brauch, bei dem man kurz auftanken und die Ruhe vor dem Sturm genießen kann. Gleichzeitig ist man ja draußen und kann somit abschätzen, ob es irgendwo Wolken gibt oder die Luft trübe ist oder sonst etwas verdächtig aussieht. Man kann zwar nichts gegen das Wetter machen, aber wenigstens kann man grob vorhersehen, wie die Nacht ungefähr verlaufen wird. Und natürlich hofft man auch immer auf eine Nacht ohne technische Probleme.
Dann ist die Sonne komplett hinter dem Horizont verschwunden, so wie z.B. in Abbildung 8.E im Farbbildteil. Man guckt noch einmal genau hin, um sich dessen auch genau zu vergewissern, und sofort geht es auch schon los. Die ersten, hellen Sterne kann man schon kurz danach funkeln sehen. Das bedeutet, dass man die letzten Vorbereitungen für die Beobachtungen jetzt treffen sollte. Es ist noch hell, aber die Zeit bis zum Ende der sogenannten astronomischen Dämmerung geht schnell vorbei. Man zieht die schweren Vorhänge vor alle Fenster im Kontrollraum, steckt den Kopf ein letztes Mal zur Tür raus, lässt diese meist mit einem ordentlichen Rums zufallen, und dann beginnt die Arbeit. Mich kribbelt es dann meistens in den Fingern, besonders in der ersten Nacht. Ich will dann sofort loslegen, denn als gute Astronomin möchte frau ja jede einzelne Minute der Dunkelheit zum Beobachten benutzen und keine Zeit verschwenden.
Abb. 8.E
Mit dem Beginn der Beobachtungen taucht man schnell wieder auf aus dieser mystischen Welt zwischen Himmel und Erde, in der alles in rosarote Farben gehüllt war. Eine lange arbeitsreiche Nacht steht nun bevor, in der man dem Universum mit seinem Teleskop wieder ein kleines Stückchen näher rückt.
8.4. Der Observa-thon
Beim Beobachten befindet man sich quasi wie in einem dritten Daseins-Zustand, bei dem man weder schläft noch wach ist. Es ist eine Art Tagträumen, denn man erlebt alles sehr intensiv im fraglichen Moment. Aber schon wenig später kann man sich kaum mehr an Einzelheiten erinnern, denn man verliert das richtige Zeitgefühl. Die langen Nächte vergehen damit, dass man die nächsten Sterne auswählt, die Belichtungen am Computer
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