Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
klar? Gibt es hochstehende Wolken? Wo ist der Mond im Vergleich dazu, wo das Teleskop hinschaut? Alles war in bester Ordnung, und wir nahmen in dieser Nacht viele Spektren auf.
Abb. 8.B
Abb. 8.B
Das 2,3 m-Teleskop mit seinem rotierenden Kastengebäude ermöglichte es, direkt auf das Dach des Teleskops zu steigen und von dort oben die Welt zu betrachten – bei Tag und bei Nacht. Trotz aller kleineren und größeren Abenteuer, die man während einer Beobachtungskampagne so erlebt, war es immer etwas Besonderes, sich einfach oben auf das Teleskopdach zu legen und die funkelnden Lichter der Milchstraße mit den eigenen Augen zu bewundern. Da es dort nachts pechschwarz ist, konnte ich dort das erste Mal den Südsternhimmel und die Milchstraße über mir in ihrer vollen Pracht erleben. Oben auf dem Dach fühlte ich mich wortwörtlich dem Himmel ein klein wenig näher.
Wenn der Morgen dann naht und die letzten Beobachtungen abgeschlossen sind, müssen Teleskop und Gebäude wieder in ihre Parkposition zurückgefahren werden. Alles hatte sich ja die ganze Nacht lang hin- und hergedreht. Eine volle 360-Grad-Drehung des Teleskopgebäudes dauert mehrere Minuten. Diese Zeit habe ich oft benutzt, um mich kurz auf die Außentreppen zu setzen. Oder schnell nach oben direkt auf das Teleskopdach zu gehen, um mich dort auf dem sich drehenden Teleskop in den Sonnenaufgang fahren zu lassen. Leider ist inzwischen das Teleskopdach aus Sicherheitsgründen nicht mehr betretbar. Zu meinen Zeiten ich habe ich es genossen, dort die frische Morgenluft einzuatmen, mich nach einer geschäftigen zehnstündigen Arbeitsnacht zu strecken und gespannt das Farbenspiel der bald aufgehenden Sonne zu erleben.
8.2. Das Gute-Wetter-Bier
In einigen Observatorien ist es erlaubt, Bier oder Wein für das Abendessen mitzubringen. So auch am Siding Spring-Observatorium, zu dem ich während meiner Doktorarbeit siebenmal zum Beobachten ging. Mein Beobachter-Kollege hatte für seine inzwischen eigene und aus Zufall zeitgleiche Beobachtungskampagne an einem der anderen Teleskope einen Sechserpack Bier mitgebracht. So ein Sechserpack reicht normalerweise für ca. eine Woche, wenn man zu jedem Abendessen ein Bier trinkt. Und so geschah es auch – nach fünf Tagen war nur noch ein letztes Bier im Kühlschrank.
Das Wetter war über die Woche hinweg recht gut gewesen, und es blieb nur noch eine letzte Nacht. Eine Beobachtungskampagne mit einer Schlechtwetternacht zu beenden ist immer enttäuschend. Dementsprechend hofften wir sehnlichst auf eine weitere klare Nacht mit gutem Wetter. Am Nachmittag sah es auch recht vielversprechend aus. Später beim Abendessen wollte mein Kollege dann sein letztes, aufgespartes Bierchen trinken. Es stellte sich aber schnell heraus, dass das Bier, das im Gemeinschaftskühlschrank aufbewahrt worden war, nicht mehr dort lag. Irgendjemand hatte sich einfach bedient und das letzte Bier getrunken. Das war natürlich ein Skandal! Die Nacht kam, und wir begannen beide frohen Mutes mit unseren Beobachtungen. Aber kurze Zeit später drehte der Wind, und sehr viele Wolken überzogen rasch den gesamten Himmel. Das verhinderte leider weitere Beobachtungen.
Bei schlechtem Wetter wie Wolken, Regen oder auch zu starkem Wind muss man als Beobachter einfach abwarten. Alles was man machen kann, ist, Däumchen zu drehen und zu hoffen, dass es bald besser wird. Manchmal muss man dabei viele Nächte lang warten. Um die Wettersituation zu verfolgen, kann man sich mit der »All-Sky«-Kamera des Observatoriums die komplette Wolkendecke direkt über seinem Teleskop »live« ansehen. Oder man kann sich von bewölkten Satellitenbildern und unschönen Wettervorhersagen aus dem Internet kontinuierlich frustrieren lassen. Denn bei schlechtem Wetter hat man einfach Pech gehabt. Da kann nichts gemacht werden, außer sich ein Jahr später wieder auf neue Teleskopzeit zu bewerben.
Auf die Frage, wie lange man denn bei schlechtem Wetter nachts im Teleskop ausharren sollte, erklärte mir mein Doktorvater die folgende Faustregel. Es hänge von der Größe des Teleskops ab: Bei einem Teleskop mit 2 m Spiegeldurchmesser dürfe man schon um 2 Uhr morgens ins Bett gehen, sofern das Wetter mehr oder weniger aussichtslos schlecht erscheint. Bei einem 4 m-Teleskop könne man erst um 4 Uhr morgens Schluss machen. Konsequenterweise dürfe man bei 8 m- und 10 m-Teleskopen fast gar nicht mehr schlafen gehen. Dann bricht die Regel wohl zusammen. Als ambitionierte Studentin
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