Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
Berechnung der Reaktionsrate für die neu gefundene Deuteriumproduktion konnte der Energiegewinn bestimmt werden. Ein Vergleich mit der gemessenen Sonnenstrahlung ergab, dass die p-p-Kette als Energiequelle der Sonne in Frage kam. Bethe untersuchte auch den CNO-Zyklus, denn für Sterne, die heißer und massereicher als die Sonne sind, reichte die Energieproduktion der p-p-Kette nicht aus. Aufgrund einer höheren Reaktionsrate konnte er zeigen, dass der CNO-Zyklus die Hauptenergiequelle für solche größeren Sterne ist. Diese beiden Prozesse waren nun dafür verantwortlich, dass Sterne ihre Leben lang mit so großer Leuchtkraft strahlen können. Das Problem war endlich gelöst worden: Sterne strahlen aufgrund von ganz bestimmten Kernreaktionsprozessen in ihrem Inneren!
Damit war die nukleare Astrophysik geboren, in der sich Wissenschaftler mit den Kernfusionen zur Elementsynthese in Sternen beschäftigen. Bethe bekam für seine wichtigen Beiträge zur stellaren Nukleosynthese 1967 den Nobelpreis für Physik. Dennoch konnten sowohl Bethe wie auch von Weizsäcker um 1939 noch nicht erklären, wie die Entstehung von schwereren Elementen vor sich geht. Bethe schlug vor, dass die Elemente, die schwerer als Helium sind wie z.B. Kohlenstoff, schon vor der Sternbildung hätten existieren müssen. Außerdem war er davon überzeugt, dass jegliche Neutronenproduktion in Sternen vernachlässigbar klein sei. Wie wir heute wissen, werden alle schwereren Elemente in verschiedenen Neutroneneinfangprozessen stückweise aufgebaut und brauchen somit enorm kräftige stellare Neutronenquellen. Diese Einsicht kam aber erst mehr als fünfzehn Jahre später.
2.5. Den schweren Atomen auf der Spur
Mit der Erkenntnis, dass im Sterninneren große Mengen an Energie durch die Kernfusion des leichtesten Elementes, des Wasserstoffs, freigesetzt werden, war das Verständnis des Kosmos revolutioniert worden.
Aber auch die Natur der schwersten Elemente war seit 1900 Gegenstand der Forschung: Becquerel und das Ehepaar Curie hatten die Radioaktivität entdeckt und weiter erforscht. Auch die Physikerin Lise Meitner und der Chemiker Otto Hahn begannen um 1905 sich für dieses Thema zu interessieren. Zeitgleich mit der Beschreibung der Kernfusion um 1938 und 1939 führten neue Arbeiten zur Radioaktivität zur Spekulation, dass Energie auch von schweren Elementen freigesetzt werden könne. Allerdings durch eine Kernspaltung und nicht durch Fusion.
Ab 1907 hatte Lise Meitner begonnen, mit Hahn am Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie in Berlin zu arbeiten. Es war der Beginn einer dreißigjährigen Zusammenarbeit, bei der Meitner und Hahn ihre eigenen Abteilungen am Institut führten. Als Physikerin-Chemiker-Duo konnten sie ihr komplementäres Wissen gezielt einsetzen, um gemeinsam auf dem Gebiet der Radioaktivität und den Eigenschaften der schwersten Elemente zu forschen.
Hahn war dabei eher der Experimentator, während Meitner sich meistens mit den physikalischen Hintergründen beschäftigte. 1918 entdeckten sie das langlebige radioaktive Element Protaktinium (mit Kernladungszahl Z = 91), welches in der Zerfallsreihe des schweren, radioaktiven Elements Uran-235 noch vor dem Aktinium (Z = 89) steht. Hahn entdeckte 1921 dann das erste bekannte Kernisomer des Urans bei seinen Untersuchungen zur Zerfallsreihe dieses natürlich vorkommenden Elements. Isomere sind Nuklide mit gleicher Anzahl von Protonen und Neutronen, deren Kerne sich aber in verschiedenen langlebigen Zuständen befinden. Außerdem experimentierten Hahn und Meitner mit Neutronenbeschüssen auf Uran und Thorium. So waren sie neuen Elementen auf der Spur, die schwerer als Uran sein sollten. Seit der Entdeckung des Neutrons 1932 wurde angenommen, dass es möglich sei, solche transuranischen Elemente im Labor zu erzeugen. Im Wettstreit um einen möglichen Nobelpreis kam es zu einem Rennen zwischen Hahn und Meitner in Deutschland, Rutherford in England, Irene Joliot-Curie in Frankreich und Enrico Fermi in Italien.
Ab ca. 1930 arbeitete auch der Chemiker Fritz Straßmann mit Hahn und Meitner gemeinsam in Berlin. Er übernahm 1938 Meitners Aufgaben, als sie als Jüdin ihren Universitätsposten verlor und nach Schweden fliehen musste. Hahn and Straßmann führten gemeinsam die Experimente durch, die sie zusammen mit Meitner vor ihrer Flucht begonnen hatten. Hahn schrieb regelmäßig an Meitner, um über die Ergebnisse zu berichten. Es war ihren beiden Kollegen in Berlin gelungen, erste
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