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Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)

Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Frebel
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metallarme Sterne besitzen außergewöhnlich große Mengen an Kohlenstoff und s-Prozess-Elemente im Vergleich zu Eisen: mehr als zehnmal so viel. Wo kommen nun auf einmal diese riesigen Mengen an s-Prozess-Elementen her?
    Wie ausgiebige Beobachtungen ergeben haben, befinden sich diese sogenannten s-Prozess-Sterne in Doppelsternsystemen. In solchen Partnerschaften kreisen zwei Sterne eng umeinander. Dies kann z.B. mit Messungen der stellaren Radialgeschwindigkeiten, also der Sterngeschwindigkeiten in Richtung der Sichtlinie des Beobachters, herausgefunden werden. Die Massen der chemisch identischen Sterne, die aus der gleichen Gaswolke gebildet wurden, sind jedoch verschieden groß. Der massereichere Stern wurde aufgrund seiner kürzeren Lebenszeit schon vor langer Zeit zu einem aufgeblähten Riesen und wanderte irgendwann auf den asymptotischen Riesenast. In jener Phase produzierte dieser Begleitstern s-Prozess-Elemente in seinem Inneren, welche nach und nach an seine Oberfläche gespült wurden. Da beim s-Prozess Kohlenstoff als Neutronenquelle eine wichtige Rolle spielt, gelangten zusätzlich zum s-Prozess-Material auch noch große Mengen an Kohlenstoff mit an die Oberfläche.
    In einem kosmischen Balance-Akt gab der Riesenstern dann einen Teil seines äußeren Atmosphärenmaterials an seinen masseärmeren Begleitstern ab. Dieses »Geschenk« ist der Grund, warum sich heutzutage s-Prozess-Elemente im Spektrum eines sonst eher unauffälligen metallarmen Sterns befinden können. Denn was heute beobachtet wird, ist allein das Licht des masseärmeren Sterns. Der einstige Riesenstern hat sich in der Zwischenzeit längst zu einem nur noch schwach leuchtenden Weißen Zwerg entwickelt. Somit überstrahlt er seinen Begleiter nicht mehr.
    Produziert wurden die s-Prozess-Elemente in diesem Fall nicht vom beobachteten Stern selbst, sondern von dessen Doppelstern-»Kollegen«, der sie im Rahmen des langsamen s-Prozesses erzeugte. Dieser besondere Anreicherungsprozess erklärt also die Beobachtung von ungewöhnlich großen Mengen von s-Prozess-Elementen in Zusammenhang mit viel Kohlenstoff in einigen metallarmen Sternen. Beobachtungen der metallärmsten s-Prozess-Sterne haben weiterhin gezeigt, dass sie tatsächlich wie vorhergesagt riesige Bleimengen besitzen. Das Blei, das z.B. in Tauchergürteln steckt oder aus dem Bleischürzen gemacht sind, ist vornehmlich im s-Prozess erzeugt worden.
    Die Existenz der s-Prozess-Sterne ist ein wahrer Glückstreffer für Astronomen und Nuklearphysiker. Denn diese metallarmen Sterne agieren als Träger des s-Prozessmaterials, so dass der s-Prozess und dessen Elementproduktion sehr genau untersucht werden können. Während man in Planetarischen Nebeln nur eine geringe Anzahl an s-Prozess-Elementen messen kann, findet man in metallarmen s-Prozess-Sternen bis zu 20 dieser Neutroneneinfangelemente. Detaillierte Häufigkeitsanalysen der s-Prozess-Sterne haben inzwischen schon sehr zur Verbesserung der theoretischen Nukleosynthese-Modelle sowie des Verständnisses des astrophysikalischen Produktionsorts in Riesensternen beigetragen.

5.2. Thorium, Uran und die r-Prozess-Elementsynthese
    Während der s-Prozess in Umgebungen mit relativ geringen Neutronendichten in den Riesensternen abläuft, benötigt man für den r-Prozess wesentlich stärkere Neutronenflüsse. Es wird daher angenommen, dass solche extremen Bedingungen nur in einer Supernova oder eventuell auch in zwei aufeinanderstürzenden Neutronensternen erreicht werden können. Bestimmte massereiche Sterne mit 8 bis 10 oder mehr als 20 Sonnenmassen, die als Typ-II-Supernova explodieren, sind die vielversprechendsten Kandidaten für den astrophysikalischen Ort, an dem sich der r-Prozess abspielt. Da die erste Phase der chemischen Entwicklung erst einmal nur durch Supernovaexplosionen vorangetrieben wurde, lief der r-Prozess wahrscheinlich schon zu den frühesten Zeiten im Universum ab. Trotzdem ist es noch nicht gelungen, den astrophysikalischen Produktionsort eindeutig zu bestimmen, da viele Details der r-Prozess-Nukleosynthese noch immer unzureichend verstanden sind. Dennoch sind die groben Eigenschaften des r-Prozesses schon seit Jahrzehnten bekannt. So findet ein vollständiger r-Prozess innerhalb von nur zwei bis drei Sekunden statt! In dieser kurzen Zeit werden Saatkerne, z.B. Kohlenstoff- oder Eisenkerne, heftigst mit Neutronen bombardiert. Angeblich sind ~10 22 Neutronen pro Quadratzentimeter pro Sekunde nötig. ~10 22 ist eine

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