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Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)

Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Frebel
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Zwischenschale statt. Dieser pulsierende Bereich ist noch unter der Wasserstoffbrennschale am unteren Ende der Konvektionszone. Der Kern eines solchen Riesensterns besteht aus Kohlenstoff und Sauerstoff. Angenommen, er wäre nur 1 cm groß, dann würde die Oberfläche noch 500 m weit entfernt sein.
    Die absoluten Mengen an Neutroneneinfangelementen, die im s- und im r-Prozess synthetisiert werden, sind extrem klein. Typische Neutroneneinfangelemente wie z.B. Strontium, Barium und Europium werden ca. 1 Million Mal weniger hergestellt als die Elemente der Eisengruppe. Und trotzdem sind diese Elemente enorm wichtig. Nicht nur, um die Anfänge der chemischen Entwicklung im Kosmos zu erforschen, sondern auch für uns Menschen. Das Spurenelement Selen wird in der Schilddrüse benötigt. Es ist ein s-Prozess-Element aus einem Riesenstern.

Abb. 5.4 : Beispiele für die Synthese von verschiedenen Neutroneneinfangelementen im s- und im r-Prozess. Dunkelgraue Kästchen sind stabile Elemente, hellgraue instabile. Die obere Zahl gibt die Neutronenzahl des Isotops an. Die Prozentzahlen geben den Anteil des Isotops in einem Element an. Weiterhin ist angegeben, ob das Isotop nur im s-Prozess oder nur im r-Prozess oder in beiden Prozessen erzeugt werden kann. So wird dann im s-Prozess z.B. ein Xenonatom mit Neutronen Stück für Stück angereichert. Entsteht ein instabiles Isotop β- zerfällt es zu einem Cäsiumisotop. Nach einem weiteren Neutroneneinfang zerfällt dies zu Barium. Die stabilen Bariumisotope fangen ihrerseits weitere Neutronen ein, bevor das schwerste, instabile zu einem Lanthanisotop zerfällt. Dieses Einfangen und Zerfallen läuft weiter bis zu Neodynium und noch weiter, was aber nicht mehr gezeigt wird. Einige Xenon- und Ceriumisotope können nur im r-Prozess aus dem Zerfall von wesentlich schwereren neutronenreichen Isotopen erzeugt werden, die aber aus Platzgründen nicht eingezeichnet sind.
    Die Gesamtmenge der neuen Elemente hängt nicht nur vom Neutronenfluss ab, sondern auch von der Anzahl der vorhandenen Saatkerne im Stern selbst. Verglichen zum Beispiel mit der Sonne, gibt es in metallarmen Sternen wenig Eisenatome. Denn der metallarme Stern bildete sich aus Gas mit einer geringeren Metallizität. In einem metallarmen Stern stehen also viel mehr Neutronen zu Verfügung, um die wenigen vorhandenen Saatkerne vor dem Versiegen der Neutronenquelle durch die gesamte s-Prozess-Kette bis nach Bismut und Blei zu verwandeln. In metallreicheren Sternen kommen weniger Neutronen auf einen Saatkern, so dass der s-Prozess beim Versiegen der Neutronenquelle meist auf irgendwelchen Zwischenstufen zum Stillstand kommt.
    Aber wie kommen diese schweren Elemente in die metallarmen Sterne, die wir beobachten? Natürlich dann, wenn solche weitentwickelten Riesensterne schon vor der Bildung eines neuen metallarmen Sterns das Gas durch ihre Sternwinde mit s-Prozess-Elementen angereichert haben. Aber im sehr frühen Universum, also der Zeit der metallärmsten Sterne, konnte der s-Prozess aufgrund von starkem Eisenmangel wahrscheinlich gar nicht stattfinden. Denn es werden wenigstens kleinste Mengen an Atomkernsorten wie z.B. Eisen in der Sternatmosphäre selbst benötigt, die als Saatkerne fungieren können. Daher ist unklar, wann der s-Prozess zum allerersten Mal im Universum auftrat. Weiterhin dauerte es fast eine Milliarde Jahre, bis sich überhaupt erst einmal die ersten Sterne zu Riesensternen entwickelt hatten, so dass s-Prozess-Elemente zum ersten Mal synthetisiert werden konnten.
    Die chemische Evolution des frühen Universums kam also erst schrittweise in Gang. Sie begann mit der Produktion von Elementen in kurzlebigen, massereichen Sternen, die als Supernovae explodierten. Einige Zeit später kamen dann die s-Prozess-Elemente der etwas masseärmeren Sterne mit weniger als acht Sonnenmassen dazu, da ihre insgesamt längeren Lebenszeiten zu einer Verzögerung der Anreicherungen des interstellaren Mediums durch ihre Sternwinde führten. Diese »Verspätung« spiegelt sich auch tatsächlich in den Häufigkeiten metallarmer Sterne wider. Erst ab einer bestimmten höheren, also »verzögerten« Metallizität findet man metallarme Sterne, deren Häufigkeitsmuster Neutroneneinfangelemente zeigen, die auf den s-Prozess zurückgeführt werden können.
    Eine weitere Klasse von metallarmen Sterne kann allerdings etwas genauere Auskunft über die Anfänge der s-Prozess-Nukleosynthese liefern. Einige eigentlich »ganz normale«

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