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Auf die Plaetze, fertig - tot

Auf die Plaetze, fertig - tot

Titel: Auf die Plaetze, fertig - tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Kilborne
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gesehen?
    Blödsinn, es war viel zu dunkel, um auch nur die Hand vor Augen zu sehen. Doch dann sah sie es wieder. Pechschwarz hob sich der Schatten nur ganz schwach von seiner dunklen Umgebung ab.
    Doch er war da. Und er bewegte sich!
    Aspen musste sich zusammenreißen, um nicht zu schreien. Wer war das, verdammt noch mal?
    Sie ging weiter, denn irgendetwas sagte ihr, dass etwas Schreckliches geschehen würde, wenn sie stehen blieb. Sie war in Sicherheit, solange sie in Bewegung blieb.
    Aspens Gedanken rasten. Was hatte das alles zu bedeuten? Sie verstand es einfach nicht. Es war so surreal!
    "Was willst du von mir?" rief sie, als sie die Anspannung nicht länger ertragen konnte. "Warum lässt du mich nicht in Ruhe?"
    Sie hörte ein leises Kichern, das es ihr kalt den Rücken herunterrieseln ließ, erhielt aber davon abgesehen keine Antwort.
    Und dann geschah es – ein feuchtes Platschen erklang, und im nächsten Augenblick fühlte Aspen etwas Nasses, Widerliches an ihrem Unterschenkel.
    Sie schrie auf – und erwachte.

    Mit einem Satz war sie aus ihrem Bett heraus und schaltete das Licht an.
    Nichts.
    Sie war allein – natürlich.
    Ihr Atem ging noch immer keuchend, und ihr Puls raste wie verrückt. Es war nur ein Albtraum , versuchte sie sich selbst zu beruhigen. Nur ein Albtraum ...
    Aber irgendetwas sagte Aspen, dass dieser Traum etwas zu bedeuten hatte. Fragte sich bloß: was?
    Eines stand jedenfalls fest: An Schlaf war in dieser Nacht nicht mehr zu denken. Mit einem Seufzen schlüpfte Aspen aus ihrem Pyjama und zog sich ihre Jeans und einen Pulli über. Dann ging sie ins Badezimmer. Als ihr Blick auf ihr Spiegelbild fiel, verzog sie das Gesicht. Sie erkannte sich selbst kaum wieder. War dieses griesgrämig dreinschauende Mädchen mit den dunklen Ringen unter den Augen wirklich sie? Sie brauchte dringend ein bisschen frische Luft – vielleicht würde sie dann auch endlich wieder einen klaren Kopf bekommen.
    Leise schlich sie am Zimmer ihrer Tante vorbei und die Stufen zum Erdgeschoss des Hauses hinunter. Dann nahm sie ihren Mantel vom Garderobenhaken und öffnete die Haustür.
    Eiskalter Wind schlug ihr entgegen, als sie hinaus auf die nächtliche Straße trat. Sie seufzte. An dieses elende Mistwetter würde sie sich wohl nie gewöhnen. Feiner Sprühnebel fiel vom Himmel und ließ ihr Haar und ihre Kleidung innerhalb von Sekunden klamm werden. Unwillkürlich senkte sie den Kopf und schritt noch schneller aus.
    Wie fast überall in New York herrschte auch in der Umgebung des Hauses ihrer Tante um diese Zeit – und es war locker schon nach zwölf! – noch ziemlicher Trubel.
    Passanten, in Regenmänteln oder mit Schirmen bewaffnet, schoben und drängten sich an Aspen vorbei. Aus den offen stehenden Türen der Imbissbuden am Straßenrand, in denen pakistanische, chinesische, koreanische und libanesische Spezialitäten feilgeboten wurden, drangen die unterschiedlichsten Gerüche und vermischten sich zu einem überwältigenden, Übelkeit erregenden Gestank. Schimmernd spiegelte sich das Licht der Straßenlaternen auf dem regennassen Asphalt, über den sich in einer nicht enden wollenden Kolonne die berühmten Yellow Cabs, Motorräder, Autos und Busse durch die völlig verstopften Verkehrsadern der Metropole quälten.
    New York – die Stadt, die niemals schläft. Normalerweise beschwor der ganze Trubel in dieser menschenüberlaufenen Metropole nur ein Gefühl in Aspen herauf: Trostlosigkeit. Hier schien sich niemand für den anderen zu interessieren. Alles war so anonym. Was für hochtrabende Träume und Erwartungen hatte sie gehabt, als ihre Tante sie damals vom Flughafen abgeholt hatte. Hätte ihr damals jemand gesagt, dass man sich in diesem überfüllten Moloch von Stadt einsam und allein fühlen könnte, hätte sie wahrscheinlich darüber gelacht.
    Als sie noch auf die Bernstein School for Girls gegangen und den ständigen Attacken ihrer Erzrivalin Samantha ausgeliefert gewesen war, hatte sie ein paar Mal ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, einfach alles hinzuschmeißen und nach Hause zurückzukehren.
    Aber dann hatte sie an das alte Sprichwort gedacht, das ihr Vater immer zum Besten gegeben hatte, wenn Aspen kurz vorm Verzweifeln war: "Ein echter Taylor gibt niemals auf. Ganz gleich, wie hart es kommt."
    Und genau diesen Leitspruch würde sie auch dieses Mal beherzigen. Sie würde nicht aufgeben, auch wenn sie das Gefühl hatte, dass etwas ganz Schreckliches geschehen würde.
    Nein, korrigierte sie sich.

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