Auf doppelter Spur
Wohnzimmer. Sie sagte, so hätten ihre Anweisungen gelautet. Stimmt das?«
»Jawohl«, sagte Miss Martindale. »Miss Pebmarsh sagte, dass sie sich vielleicht etwas verspäten würde und dass Sheila hineingehen und warten solle.«
»Als Miss Webb ins Wohnzimmer kam«, fuhr Hardcastle fort, »fand sie auf dem Fußboden einen toten Mann.«
Miss Martindale starrte ihn an. Einen Augenblick lang konnte sie kaum sprechen.
»Sagten Sie, einen toten Mann, Inspektor?«
»Einen ermordeten Mann«, präzisierte Hardcastle. »Genau gesagt: erstochen.«
»Oje, das Mädchen muss sich sehr erschrocken haben.«
Miss Martindale schien dramatische Ereignisse eher sachlich zu behandeln.
»Sagt Ihnen der Name Curry etwas, Miss Martindale? – Mr R. H. Curry?«
»Ich glaube nicht, nein.«
»Von der Metropolis and Provincial Insurance Company?«
Miss Martindale schüttelte wieder den Kopf.
»Sie verstehen hoffentlich mein Dilemma«, sagte der Inspektor. »Sie erklären, Miss Pebmarsh rief Sie an und bat, dass Sheila Webb um drei in ihrem Haus sein möge. Miss Pebmarsh bestreitet, so etwas getan zu haben. Sheila Webb kommt hin. Sie findet dort einen Toten.«
Er wartete voller Zuversicht.
»Mir kommt das alles höchst unwahrscheinlich vor«, sagte Miss Martindale missbilligend.
Dick Hardcastle seufzte und stand auf.
»Sie haben ein nettes Büro«, sagte er höflich. »Sie sind schon längere Zeit in der Branche tätig, nicht wahr?«
»Fünfzehn Jahre. Wir haben uns gut entwickelt. Wir haben klein angefangen, und dann haben die Aufträge so zugenommen, dass wir es kaum noch schaffen konnten.
Ich beschäftige jetzt acht Mädchen, und sie haben ständig zu tun.«
»Sie haben viele literarische Aufträge, wie ich sehe«, dabei blickte Hardcastle auf die Fotografien an der Wand.
»Ja, ich habe mich auf Autoren spezialisiert. Ich war viele Jahre lang Sekretärin des bekannten Kriminalromanschriftstellers Mr Garry Gegson. Aufgrund eines Legats, das er mir ausgesetzt hatte, war es mir möglich, dieses Büro zu eröffnen. Ich kannte viele seiner Kollegen, und die empfahlen mich weiter.«
Hardcastle ging zur Tür. Ich öffnete sie für ihn. Im Vorzimmer waren die drei Mädchen gerade dabei aufzubrechen. Edna, die Empfangsdame, war ganz verzweifelt. In der einen Hand hielt sie einen Pfennigabsatz, in der anderen einen Schuh. »Ich hab sie erst einen Monat«, jammerte sie. »Diese verflixten Gitterroste – das hier gleich beim Konditor an der Ecke. Ich musste beide Schuhe ausziehen und auf Strümpfen zurückgehen… und wie ich jemals nachhause kommen oder in den Bus steigen soll, weiß ich wirklich nicht…«
In diesem Augenblick wurde man sich unserer Anwesenheit bewusst, und Edna verbarg hastig den anstößigen Schuh.
»Ich danke Ihnen, Miss Martindale«, sagte Hardcastle. »Es tut mir leid, dass ich Ihre Zeit so lange in Anspruch genommen habe. Wenn Ihnen noch etwas einfallen sollte…«
»Natürlich«, schnitt Miss Martindale ihm ziemlich brüsk das Wort ab.
Als wir in den Wagen stiegen, sagte ich: »Also scheint Sheila Webbs Geschichte trotz deiner Zweifel richtig gewesen zu sein.«
»Schon gut«, meinte Dick. »Du hast gewonnen.«
6
M ami!«, brüllte Ernie Curtin und vergaß einen Augenblick, dass er ein Raumschiff auf dem Weg zur Venus war. »Mami! Vor unserm Haus hält ein Polizeiwagen… und zwei Männer steigen aus!«
Mrs Curtin, die gerade beim Abwaschen war, drehte sich blitzschnell zu ihrem Sprössling um.
»Was hast du nun schon wieder angestellt?«, wollte sie wissen.
»Überhaupt nichts«, versicherte Ernie.
In diesem Augenblick klopfte es. Mrs Curtin trocknete sich schnell die Hände ab und öffnete die Tür. Sie blickte ablehnend und unsicher auf die beiden Männer, die davorstanden. »Mrs Curtin?«, fragte der größere der beiden freundlich. »Darf ich einen Augenblick eintreten? Ich bin Inspektor Hardcastle.«
Mrs Curtin trat etwas unwillig zurück, öffnete eine Tür und bedeutete dem Inspektor einzutreten. Es war ein sehr sauberer, offenbar selten benutzter kleiner Raum. Die Neugier trieb Ernie aus der Küche, den Gang entlang, und dann drückte er sich an die Tür.
»Ihr Sohn?«, fragte Inspektor Hardcastle.
»Ja«, antwortete Mrs Curtin und fügte hinzu: »Er ist ein guter Junge, was Sie auch sagen mögen.«
»Davon bin ich überzeugt«, meinte der Inspektor höflich, woraufhin Mrs Curtins Gesicht etwas weniger abweisend wurde.
»Ich wollte nur einige Erkundigungen über Wilbraham
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